Der Ölmarkt scheint eine solide Trendwende vollzogen zu haben und die Tiefststände hinter sich gelassen zu haben. Das Light Sweet Crude Oil macht im laufenden Jahr rund 18 Prozent Plus und beim Brent Oil sind es sogar 29 %. Was ist dran an der Trendwende?
Ölpreis – Talsohle erreicht
Das Brent und die US-Amerikanische Ölsorte WTI hatten Ihre Tiefststände am 20.01.16 bei 28,52 US-Dollar und 28,29 Dollar erreicht. Demnach bereits vor über vier Monaten. Seitdem steigen die Preise der beiden wichtigsten Ölsorten unaufhörlich an. Neue Zielmarken für das Brent sind die 50,23 US-Dollar vom 03.11.15 sowie die 53,57 vom 08.10.15. Beim WTI sollten Trader auf die 50,06 US-Dollar Marke vom 09.10.15 achten. Im Umkehrschluss stieg der Euro gegenüber dem US-Dollar seit Anfang des Jahres um gut drei Prozent an. Mit einem merklichen Anstieg der Zinsen in den USA würde sich auch der Dollar verteuern und diesem Trend entgegenwirken. Der Preis des in US-Dollar gehandelten Rohöls würde daraufhin unter Druck geraten.
Exxon Mobil (NYSE:XOM) und Chevron (NYSE:CVX) Kurse ziehen sofort an
Die Kurse des weltweit größten sowie drittgrößten Energiekonzerns Exxon Mobil und Chevron stiegen in Folge des Ölpreisanstiegs sofort mit an und vollzogen nach einer klassischen Doppelboden Formation ebenfalls den Turnaround. Seit Jahresbeginn sind die Werte um 12 und 8 Prozent angestiegen. Dennoch waren die letzten Quartalszahlen der Energieriesen durchwachsen. Bei Exxon viel der Gewinn wie von Analysten erwartet von 1,8 Mrd. auf 4,9 Mrd. US-Dollar. Die Dividende soll dennoch das 34 Mal in Folge angehoben werden auf jetzt 73 Cents. Beim Mitbewerber Chevron steht im gleichen Zeitraum hingegen ein Verlust von 725 Mio. US-Dollar zu Buche, nach zuletzt 2,5 Mrd. US-Dollar Gewinn.
OPEC und IEA Einschätzung
Die OPEC rechnet bis 2020 mit einer stabilen Nachfrage nach Öl. Interessant jedoch ist, dass diese sich seit Jahren wieder mit dem aktuellen Ölangebot deckt. Auf bisherige Fördermengenbegrenzungen oder ein Einfrieren der aktuellen Fördermenge zur Preisstabilisierung konnte man sich zuletzt in Katar nicht einigen. Doch auch ohne eine Einigung steigt der Ölpreis stetig an.Bei der Internationalen Energiebehörde (IEA) geht man sogar aktuell von einem geringeren Ölangebot aus. Die Produktion werde um 800 Tausend Barrel fallen. Die Ölnachfrage bleibe konstant hoch und soll von 1,16 auf 1,2 Millionen Barrel steigen. Förderkönig Saudi-Arabien wird sein Output Niveau von 10,2 Mio. Barrel wohl halten können. Höhere Quoten würden jedoch zu hohe Investitionskosten mit sich bringen. Der Iran indes war bereits am 5. Mai wieder auf seinem alten Förderniveau von 2011 mit 3,7 Mio. Barrel pro Tag angelangt – viel schneller als angenommen.
US-Förderung, Lagerstätten und Fracking
Zuletzt hatten Waldbrände in Kanada dafür gesorgt, dass der Ölpreis unter Druck geriet. Wichtige Öl-Sand Förderstätten wurden von einem außer Kontrolle geratenem Feuer bedroht. Laut Financial Times soll hierdurch ein Förderausfall von einer Million Barrel entstanden sein. Daraufhin gingen die USA dazu über, mehr Öl aus ihrer Lagerhaltung zu verbrauchen. Der eigene Öl-Förderboom Mittels Fracking war in der jüngsten Vergangenheit leicht zurückgegangen. 67 Firmen hatten 2015 in Folge der niedrigen Ölpreise Insolvenz angemeldet, 379 Prozent mehr als 2014. Weitere 175 Firmen sollen dieses Jahr bedroht sein, mit einem Schuldenstand von zusammen 150 Milliarden US-Dollar. Fracking lohnt sich erst ab Ölpreisen über 80 US-Dollar. Die Gesamtförderung in den USA wird daher laut EIA in diesem Jahr von 9,4 auf 8,2 Millionen Barrel fallen.
Neue Höchststände = Neues Fracking-Öl ?
Nach dem Ölpreis Verfall haben die Fracking Förderer in den USA damit begonnen Ihre Kosten drastisch zu senken. Es bleibt abzuwarten, ob diese Ölproduzenten ab einem Preisniveau von 50 US-Dollar wieder vermehrt anfangen zu fördern und dadurch das Angebot abermals erhöhen. Die Frage wäre auch, wie schnell könnten sie die eigene Produktion erhöhen? Die Förderkosten beim Fracking belaufen sich laut Experten auf 40-70 Dollar. Das aktuell ausgeglichene Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage lässt den Ölpreis indes weiter ansteigen. Steigt der Preis tatsächlich weiter an, könnte das Kalkül der Saudis die neuen US-Wettbewerber aus dem Markt zu drängen nicht aufgehen.
Christoph Janß
Hanseatic Brokerhouse Hamburg