Liebe Anlegerinnen und Anleger,
die Aktien von Zalando (XETRA:ZALG) stiegen am Freitag nach einer aktualisierten Analystenstudie der Deutschen Bank um über 6%. Die Aktie steht am Montag mit 25,69 EUR stabil oberhalb ihres Emissionspreises von 21,50 EUR und ihrer Erstnotiz von 24,00 EUR.
Doch das war nicht immer so: nach einem turbulenten Börsengang im letzten Jahr befand sich die Aktie monatelang unter Druck und fiel bis auf 17,01 EUR, konnte sich zum Jahresende hin aber wieder bis über 25 EUR aufschwingen. Grund waren die verbesserten Finanzergebnisse mit einem Umsatzwachstum über Marktdurchschnitt und eine sich verbessernde Profitabilität. Vor allem außerhalb von Deutschland wuchs Zalando stark: der Umsatz in Europa stieg um 40%.
In der öffentlichen Wahrnehmung glänzte die Aktie nicht. Die lauten Kritiker des Geschäftsmodells sahen sich mit dem anfänglichen Kurssturz bestätigt. (Prof. Max Otte: "Von der Zalando-Aktie würde ich besonders deutlich abraten"1) Im Zuge der Amazon-Streiks in 2014 fiel das mediale Interesse auch auf die Bedingungen in den Logistik-Zentren bei Zalando (RTL-Bericht: „Zalando soll Mitarbeiter massiv unter Druck setzen“2)
Wenn eine Aktie so unbeliebt an der Börse ist, schaue ich sie mir immer besonders genau an. Dann ist die Chance nämlich gut, einen Titel mit wenig Risiko und großen Renditemöglichkeiten zu erwischen. In erster Linie ist es wichtig einen Blick auf die Ertragslage zu werfen. Ein Unternehmen muss mehr verdienen als es ausgibt, also Gewinne schreiben. Hört sich banal an, aber erschreckenderweise meinen viele Unternehmer diese Naturgesetze der Ökonomie für sich aushebeln zu dürfen.
Nicht so Zalando. Das Unternehmen schaffte es 2014 erstmals in die Gewinnzone (EBITDA 87,90 Mio. EUR). Die Schätzungen gehen davon aus, dass sich der Gewinn von Zalando in den nächsten drei Jahren per Ende 2017 verdreifachen wird. Das EBIT soll von 62,1 Mio. auf über 200 Mio. EUR in 2017 steigen. Der Umsatz soll sich nach den Konsensschätzungen der Analysten verdoppeln, von 2,21 Mrd. auf knapp 4 Mrd. EUR.
Geht man davon aus, dass der Online-Handel über PCs und mobile Geräte weiter zunehmen wird, dann ist diese Schätzung nicht besonders aggressiv. Der komplette Modemarkt in Europa hat ein Volumen von 420 Mrd. EUR (3), davon entfallen bisher 43 Mrd. EUR auf den Online-Markt. Ein Umsatz von 4 Mrd. EUR wäre 1% vom gesamten Mode-Umsatz in Europa den Zalando für sich in drei Jahren gewinnen will (von aktuell 0,5%).
Das klingt ja alles hervorragend! Soll ich die Aktie nun kaufen?
Die Frage mit einem „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten hängt grundsätzlich davon ab, welchen Investmentstil ich verfolge. Wenn wir die Charttechnik zu Rate ziehen, dürfte keine plausible Antwort möglich sein. Die Historie der Aktie ist zu jung, um einen langfristigen Trend zu erkennen.
Wenn man den Kauf der Aktie nach Kriterien wie die zukünftige Entwicklung des Unternehmens abwägt, dann könnte man in Versuchung kommen einen Einstieg in den Titel zu tätigen.
In 2017 winkt ein Gewinn von 1,04 EUR pro Aktie (EBIDTA), was einer „Verzinsung“ von 4,03% entsprechen würde bei einem Aktienkurs von 25,84 EUR. Im Niedrigzinsumfeld von 0,5% im Anleihenbereich ist das ganz ok, aber es gibt deutlich profitablere Unternehmen für Aktieninvestoren. Die Zukunftsaussichten sind solide, lassen aber keinen Kaufrausch aufkommen solange das Gewinnwachstum bei Zalando nicht explodiert.
Wenn schon die Zukunftsaussichten einen Kauf nur bedingt zulassen, weil man von dem Geschäftsmodell E-Commerce bspw. über die Maßen überzeugt sein könnte (z.B. Vorbild Amazon), so ist die Betrachtung des „Ist-Zustands“ entsprechend fahl.
Ein Gewinn pro Aktie von 0,39 EUR (EBITDA 2014) aktuell bedeutet eine „Verzinsung“ von 1,5%, wenn man sich entschließt einen Euro in die Zalando-Unternehmensbüchse zu stecken. Das klingt nicht sonderlich verlockend, zumal ich hier in ein nicht-etabliertes Geschäftsmodell investieren würde. Die Sicherheit, ein Buchwert von 4,60 EUR pro Aktie (4), ist in Ordnung, aber leider zu weit vom aktuellen Börsenkurs entfernt. Scheitert das Geschäftsmodell, kaufen weniger Kunden ihre Kleidung online als gedacht, dann könnte das Investment ein Reinfall werden. Investoren sollten im Fall von Zalando definitiv mit einem „Stop-Loss“ arbeiten.
Erfolgreiche Investments!