(Neu: Details und Reaktionen)
HANNOVER (dpa-AFX) - Das Geschäft mit den schweren Nutzfahrzeugen im VW-Konzern wird laut dpa-Informationen seine Heimat in Niedersachsen finden. Die neue eigenständige Holding Truck & Bus GmbH für die Lkw- und Busbauer MAN (XETRA:MANG) und Scania (SSE:SCV) (FSE:SNAB) wird ihre Zentrale nicht im Süden Deutschlands, in Frankfurt am Main oder in Hamburg beziehen, sondern aller Voraussicht nach in Hannover - definitiv aber in Niedersachsen.
Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag von voneinander unabhängigen Quellen im Konzern und aus Staatskanzleikreisen in Hannover - das Land Niedersachsen ist Volkswagen (XETRA:VOW3)-Ankeraktionär.
Alternativ sind auch noch Braunschweig oder Wolfsburg im Rennen, wie die dpa erfuhr. Dazu passt die Reaktion des mächtigen Betriebsrates, ohne den in dem Konzern wenig läuft. "Niedersachsen findet natürlich unsere Unterstützung", sagte ein Sprecher der Arbeitnehmervertreter.
Immerhin sei die Truck & Bus GmbH schon lange mit offiziellem Sitz in Wolfsburg eingetragen. "Wir sprechen über eine kleine Einheit, über die Zeit allerhöchstens 100 Mitarbeiter, die viel bei den Marken und Kunden sein sollen. Da wäre Hannover aufgrund der Nähe zum Flughafen die beste Lösung für den Holding-Standort", sagte der Sprecher.
Eine Konzernsprecherin sagte dagegen, die Entscheidung sei noch nicht gefallen. Ob Nutzfahrzeugvorstand Andreas Renschler, der die Gesellschaft führen wird, den Standort Niedersachsen unterstütze oder nicht, wollte sie nicht kommentieren.
Europas größter Autobauer unternimmt mit der Nutzfahrzeug-Holding für seine Töchter MAN und Scania erste Schritte zur Dezentralisierung seiner Führung. Die neue Dachgesellschaft für die Lkw und Busse im VW-Konzern erhält einen eigenen Aufsichtsrat, in dem die Arbeitnehmer nach Konzernvorbild ein gewichtiges Wort mitreden werden.
Die Dezentralisierung in der Nutzfahrzeug-Sparte könnte als Blaupause für weitere Konzernteile dienen. "Wir brauchen klare Strukturen im Konzern, um in den einzelnen Bereichen schnell und flexibel handeln zu können", forderte Betriebsratschef Bernd Osterloh kürzlich. Von der neuen Holding verspricht sich der Konzern "engere Vernetzung der Marken, kürzere Entscheidungswege und mehr Tempo in der Umsetzung".
Osterloh wird in dem paritätisch besetzten Aufsichtsrat der neuen Nutzfahrzeug-Holding sitzen, in dem erstmals Arbeitnehmervertreter von MAN, Scania und Volkswagen gemeinsam mit der Kapitalseite über die Weichenstellungen entscheiden. Die Holding soll die Nutzfahrzeuge vorbei am bisherigen Branchenprimus Daimler (XETRA:DAIGn) an die Weltspitze führen.
Osterloh hatte bereits vor Monaten betont, dass Zentralismus dort richtig sei, wo es etwa um die konzernweite Strategie für möglichst viele gleiche modell- und markenübergreifende Bauteile gehe; also um technologische Steuerung. Aber das mächtige VW-Aufsichtsratsmitglied sieht auch die gesamte Strukturdebatte auf der Agenda: "So wie die Nutzfahrzeuge eine eigene Sparte bilden müssen, um optimal arbeiten zu können, müssen wir auch andere Potenziale in Sparten bündeln."
Für die neue Holding nutzen die Wolfsburger das Dach der Truck & Bus GmbH, in der bereits die Durchgriffsrechte auf den Münchner Lkw-Bauer MAN liegen, und in die nun auch die Scania-Anteile einfließen. Das Verhältnis zwischen MAN (München) und Scania (Schweden) war in der Vergangenheit nicht unbelastet, weswegen deren Standorte als Zentrale für die neue gemeinsame Dachgesellschaft nicht infrage kamen.