Berlin (Reuters) - Mehr als jedes zweite Erfrischungsgetränk ist laut einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie von Foodwatch überzuckert.
Die Verbraucherschutz-Organisation fordert wegen der möglichen Gesundheitsgefährdung eine Hersteller-Abgabe nach dem Vorbild Großbritanniens. "Entweder reduzieren die Hersteller den Zuckergehalt drastisch, oder sie müssen sich an den milliardenschweren Gesundheitskosten beteiligen und Präventionsprogramme finanzieren", erklärte die Organisation. Übermäßiger Konsum von Zucker erhöhe das Risiko für Diabetes und Fettleibigkeit.
Die Bundesregierung lehnt eine staatliche Abgabe auf zuckerhaltige Getränke allerdings grundsätzlich ab. "Es geht ja hier um eine Strafsteuer", sagte ein Sprecher des Landwirtschafts- und Ernährungsministeriums. "Strafsteuern ändern in der Regel nichts am Ernährungsverhalten der Menschen. Deswegen geht für uns der Ansatz in die falsche Richtung." Die Bundesregierung setze auf andere Maßnahmen, wie zum Beispiel mehr Transparenz bei der Nährstoffkennzeichnung von Nahrungsmitteln.
In Großbritannien müssen Hersteller für Getränke mit einem Zuckergehalt ab 2018 eine Abgabe zahlen, die dann für Gesundheitsprogramme für Schulkinder verwendet werden soll. Dies soll die Getränke-Industrie dazu bewegen, den Zuckergehalt ihrer Produkte zu senken.
NUR 6 VON 463 GETRÄNKEN OHNE ZUCKER ODER SÜSSSTOFF
Die Tester von Foodwatch untersuchten für ihre Studie 463 Limonaden, Energy Drinks, Saftschorlen, Eistees und Wasser mit Geschmackszusätzen auf deren Zuckergehalt. Im Schnitt enthalten diese sogenannten Erfrischungsgetränke der Studie zufolge sechs Stück Würfelzucker pro 250 Milliliter. Lediglich sechs der getesteten Produkte enthalten laut Foodwatch weder Zucker noch Süßstoffe.
Deutschland ist Foodwatch zufolge mit 80 Litern pro Jahr eines der Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Konsum an zuckergesüßten Getränken. Die Verbraucherschützer plädieren neben einer Zuckersteuer auch für eine Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben (rot für sehr zucker- und kalorienhaltig, grün für gesund und zuckerarm) sowie eine gesetzliche Beschränkung von an Kinder gerichtete Werbung für Süßgetränke.
Die Sprecherin der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker nannte die von Foodwatch geforderte Zuckersteuer eine Scheinlösung. "Wir dürfen die Verbraucher nicht in die Irre führen und bevormunden", sagte sie. "Es bringt nichts, Zucker zum Sündenbock zu machen."
Außer in Großbritannien gibt es auch in skandinavischen Ländern sowie in Frankreich, Belgien, Ungarn und Mexiko zusätzliche Steuern auf zuckerhaltige Getränke. In einigen Ländern wie den USA geht inzwischen der Trend der Verbraucher schon hin zu Fruchtsäften oder Wasser. Große Getränkekonzerne wie Coca-Cola (NYSE:KO) oder PepsiCo stellen ihre Produktpalette daher auf die sich verändernden Trinkgewohnheiten ein. So verkaufte Coca-Cola im ersten Halbjahr 2016 mehr Getränke ohne Kohlensäure wie Tee (Nestea) oder Wasser (Apollinaris, Dasani) und investiert mehr in Säfte und Smoothies.