Frankfurt (Reuters) - Eine Woche vor der nächsten EZB-Zinssitzung warnt Frankreichs Notenbank-Chef vor einer Abkehr vom momentanen geldpolitischen Kurs.
Um dauerhaft höhere Zinsen im Euro-Raum sicherzustellen, müsse die Inflation leicht positiv sein, sagte das EZB-Ratsmitglied. "Deshalb müssen wir an der aktuellen Geldpolitik festhalten", mahnte er. "Das tun wir mit Nachhaltigkeit." Aber auch die Politik müsse ihren Beitrag für mehr Wachstum leisten. Der EZB-Rat kommt am Donnerstag kommender Woche zu seiner nächsten Zinssitzung zusammen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt als optimalen Wert für die Wirtschaft eine Teuerungsrate von knapp zwei Prozent im Währungsraum an. Diese liegt aber bereits seit Frühjahr 2013 unter diesem Ziel. Im August zogen die Preise - vor allem wegen der niedrigen Energiekosten - lediglich um 0,2 Prozent an. Der KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner rechnet aber damit, dass in den nächsten Monaten die Inflation zulegen wird. "Für die EZB eröffnet sich so Raum, ihre Geldpolitik wirken zu lassen, ohne neue Maßnahmen ergreifen zu müssen", erklärte Zeuner. Helaba-Volkswirt Ulrich Wortberg sieht wegen der Mini-Inflation aber auch keinen Grund für die Euro-Wächter, von ihrer ultra-lockeren Geldpolitik abzurücken.
Um für mehr Wachstum und eine kräftigere Preisentwicklung zu sorgen hält die Euro-Notenbank ihre Geldschleusen mittlerweile weit offen. Der Leitzins liegt auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Banken müssen zudem Strafzinsen von 0,4 Prozent zahlen, wenn sie über Nacht bei der EZB Geld parken. Darüber hinaus erwerben die Euro-Wächter seit März 2015 in großem Stil Staatsanleihen.
"Wir üben Vorsicht bei der Wahl der Instrumente", unterstrich Villeroy de Galhau. Extreme Mittel wie das sogenannte Helikoptergeld nannte er "nicht vertretbar". Solche direkten Geldgeschenke an die Bürger gelten unter Volkswirten als letztes Mittel der Geldpolitik, wenn alle anderen Instrumente zum Ankurbeln von Wachstum und Inflation ausgereizt sind. Andere Hebel wie negative Zinsen seien nützlich, sagte Villeroy de Galhau. "Aber sie sind nur ein Instrument unter vielen anderen und haben ihre Grenzen."
Die EZB achte genau auf die Folgen ihrer Politik für die Finanzstabilität, sagte der Franzose. "Es gibt zurzeit keine wesentliche Blasenbildung - weder in Deutschland noch in Frankreich." Manche Volkswirte befürchten, dass die Geldflut der EZB langfristig zu Übertreibungen an den Aktien- und Immobilienmärkten führen kann. Auf dieses Problem deutete auch EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hin. Er warnte bei einer Veranstaltung in China davor, das Inflationsziel der EZB zu starr auszulegen. "Daraus könnten zeitweise Konflikte zwischen Preis- und Finanzstabilität entstehen", sagte Praet. Die Zentralbank habe deshalb bei ihrem Ziel einen mittelfristigen Zeitraum im Blick.