WOLFSBURG (dpa-AFX) - Die Krisen in aller Welt machen Volkswagen (XETRA:VOW3) vorsichtig - aber nicht ängstlich. Obwohl auf den Automärkten außerhalb von China überwiegend Gegenwind bläst, trauen sich die Wolfsburger auch in diesem Jahr mehr verkaufte Autos sowie mehr Umsatz und Gewinn zu, wie sie am Freitag mitteilten. Mit einer "moderaten" Steigerung der Auslieferungen würde der Konzern aller Wahrscheinlichkeit nach sogar am schärfsten Rivalen Toyota (FSE:TOM) (SQ1:TYT) vorbeiziehen und zum weltgrößten Autobauer aufsteigen.
Denn die Japaner haben schon einen Rückgang auf 10,15 Millionen Fahrzeuge eingeplant - diesen Wert hatte VW 2014 nur haarscharf verfehlt und setzt nun auf weiteres Wachstum. Damit soll auch der Umsatz, der vergangenes Jahr erstmals die Marke von 200 Milliarden Euro knackte, um bis zu vier Prozent zulegen. Allerdings abhängig von den weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
'KONSERVATIVE' ANNAHMEN FÜR 2015
"Angesichts gedämpfter Wachstumsaussichten in Regionen außerhalb Chinas wird 2015 sicher kein Selbstläufer", sagte Finanzchef Hans Dieter Pötsch. Bei den eigenen Jahreszielen stützten sich die Niedersachsen deswegen auf "konservative Annahmen". Trotzdem soll auch das operative Ergebnis erneut zulegen: Vom Umsatz sollen 5,5 bis 6,5 Prozent als Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) bleiben. Rechnerisch wären damit bis zu 13,7 Milliarden Euro drin - 2014 hatte der Konzern diesen Wert um neun Prozent auf 12,7 Milliarden gesteigert und damit die Schätzungen von Experten etwas übertroffen.
Der Börse reichte das aber offenbar nicht: VW-Aktien sackten am Nachmittag in der Spitze um rund 6 Prozent auf 211,65 Euro ab. Zuletzt erholten sie sich aber moderat und verloren am Dax-Ende noch 2,25 Prozent. Denn mit der Ebit-Prognose erreiche der Konzern gerade so die Markterwartungen für das laufende Jahr, sagte ein Börsianer. Im operativen Gewinn ist Volkswagens lukratives China-Geschäft kaum enthalten. Aber gerade dort ging es zuletzt ungebrochen bergauf. Dagegen sind mit Russland und Brasilien zwei wichtige Märkte im steilen Sinkflug und in den USA fehlen neue Modelle, um der Konkurrenz nicht hinterherzufahren.
LKW-SPARTE HÄNGT BEI RENDITE HINTERHER
Dank der China-Stärke legte der Konzerngewinn 2014 unter dem Strich um ein Fünftel auf 10,9 Milliarden Euro zu. Davon profitieren auch die Anteilseigner: Sie sollen 4,86 Euro Dividende je Vorzugsaktie bekommen, nach 4,06 Euro vor einem Jahr. Der Umsatz stieg um drei Prozent auf 202,5 Milliarden Euro.
Dunklere Wolken hängen allerdings über dem Lkw-Geschäft: Während die Pkw-Sparte einen größeren Umsatzanteil als Gewinn einstreichen soll als der Konzernschnitt, rechnet der Vorstand bei den Nutzfahrzeugen nur mit zwei bis vier Prozent Rendite. Dort sitzt der frühere Daimler (XETRA:DAIGn)-Manager Andreas Renschler seit Monatsbeginn am Steuer und soll aus den Töchtern MAN (XETRA:MANG) und Scania (SSE:SCV) (FSE:SNAB) sowie Volkswagens Transportsparte eine schlagkräftige Allianz (XETRA:ALVG) schmieden um Marktführer Daimler das Wasser abzugraben.
NEUE GESICHTER IM VORSTAND - MÖGLICHE WINTERKORN-NACHFOLGER
Renschler gilt ebenso als potenzieller Nachfolger von Konzernchef Martin Winterkorn wie ein weiterer prominenter Neuzugang: Von BMW (XETRA:BMWG) eiste Volkswagen Ende 2014 Entwicklungschef Herbert Diess los, der von Winterkorn die Leitung der Hausmarke VW Pkw rund um Golf und Passat übernehmen soll. Anstatt wie geplant im Oktober kann der Manager schon zum ersten Juli in Wolfsburg starten und bekommt einen Sitz im Konzernvorstand. Dorthin rückt schon zum 1. März Porsche-Chef Matthias Müller auf.