BUDAPEST/LUXEMBURG (dpa-AFX) - Europas größter Fernsehkonzern RTL Group (Luxemburg) verhandelt mit Ungarns Regierung über die Werbesteuer für Medienunternehmen, die die ungarische RTL-Tochter besonders belastet. Wie ein Sprecher der Gruppe bestätigte, laufen die Gespräche bereits "seit einigen Wochen". Die Werbesteuer ist nach Umsatz gestaffelt - RTL Klub zahlt als einziger den Höchstsatz von 50 Prozent. Der Sender hat deswegen ein Verfahren vor der EU-Kommission angestrengt.
Ungarische Medien spekulieren indes darüber, dass die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban ein Interesse daran habe, den Konflikt mit RTL noch vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag in Budapest auszuräumen. Nach der Einführung der Werbesteuer im Sommer hatte RTL Klub seine Berichterstattung über mutmaßliche Korruptionsfälle im Umfeld von Regierungspolitikern auffallend verstärkt. RTL Klub hat die größte Reichweite von Ungarns Sendern. Nach Darstellung des ungarischen Portals "nol.hu" könnte sich nun ein Deal abzeichnen, wonach der langjährige RTL-Klub-Intendant Dirk Gerkens aus Budapest abgezogen wird, wenn der Sender seine kritische Berichterstattung zurückfährt. "Zumindest die Beschäftigung mit Angelegenheiten der (Politiker-)Angehörigen sollte vermieden werden", zitierte "nol.hu" am Mittwoch einen namentlich nicht genannten Regierungsvertreter. Im Gegenzug könnte die Steuer deutlich reduziert werden. In Ungarn ist es gängige Praxis, dass Politiker ihre Firmen und Immobilien auf Verwandte und sogar Kinder überschreiben. "RTL wird in seinen Nachrichten auf jeden Fall weiterhin unabhängig berichten", erklärte hingegen RTL-Group-Sprecher Oliver Fahlbusch. Personalfragen wollte er nicht kommentieren.