Strom wird für die Haushalte im kommenden Jahr wohl deutlich teurer. Die beiden Stromnetzbetreiber Tennet und 50 Hertz kündigten jeweils eine kräftige Anhebung ihrer Netzentgelte an. Dazu kommt laut dem Vergleichsportal Verivox eine steigende Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Ein Durchschnittshaushalt im Übertragungsgebiet müsse mit Mehrkosten von bis zu 44 Euro im Jahr rechnen.
Netzentgelte machen laut Bundesnetzagentur etwa ein Fünftel des Strompreises für Privatkunden aus. Der Vorsitzende der Tennet-Geschäftsführung, Urban Keussen, sagte dem "Handelsblatt" vom Freitag, dieser Preis werde zum Jahreswechsel "um 80 Prozent steigen". Für einen Drei-Personen-Haushalt bedeute dies zusätzliche Kosten von 30 Euro im Jahr.
Der ostdeutsche Stromnetzbetreiber 50 Hertz werde die Entgelte um 45 Prozent erhöhen, wie ein Unternehmenssprecher der "Mitteldeutschen Zeitung" (Samstagsausgabe) sagte. Für einen Drei-Personen-Haushalt seien das 15 Euro mehr im Jahr.
Tennet-Deutschlandchef Keussen nannte als Hauptursache für die Preiserhöhung, "dass der Netzausbau nicht so schnell vorankommt wie der Zubau der Erneuerbaren". Während der eigentliche Netzausbau lediglich für fünf Prozent der Kostensteigerungen verantwortlich sei, machten "netzstabilisierende Notmaßnahmen" 95 Prozent aus. Es werde somit deutlich, dass die Ausbauverzögerungen "wesentlich höhere Kosten zu Folge haben als der Netzausbau selbst".
Im Zuge der Energiewende sind neue Hochspannungsleitungen notwendig. Das hängt vor allem damit zusammen, dass in und an der Nord- und Ostsee immer mehr Strom aus Windkraft produziert wird. Zugleich werden bis 2022 nach und nach die Atomkraftwerke stillgelegt, von denen viele im Süden der Republik stehen. Der Strom muss deshalb anders verteilt werden als bisher - und die bestehenden Netze reichen dafür nicht aus.
Unter anderem wegen Bürgerprotesten verzögert sich der Ausbau seit Jahren. Zuletzt prognostizierte die Bundesnetzagentur in diesem Sommer, dass sich die Inbetriebnahme mehrerer großer Stromautobahnen um bis zu drei Jahre verzögert. Hintergrund ist die politische Entscheidung vom vergangenen Jahr, vorrangig Erdkabel zu verlegen, um Anwohner zu beruhigen.
Tennet ist einer von vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland. Die Unternehmen müssen bis 15. Oktober ihre Netzentgelte im kommenden Jahr zu veröffentlichen.
Die EEG-Umlage wird einer Prognose von Agora Energiewende zum Jahreswechsel von derzeit 6,35 Cent pro Kilowattstunde auf 7,1 bis 7,3 Cent steigen. Laut Verivox ergibt sich für einen Haushalt mit einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden pro Jahr ein um rund 34 Euro höherer Preis. Den Stromtarif für Verbraucher senken dürften laut Verivox sinkende Einkaufspreise für Strom.