Wie schnell der Markt auf veränderte Rahmenbedingungen reagiert, haben in den letzten Wochen gerade die Anteilseigner von Biotech-Unternehmen schmerzvoll erfahren. Je nach Größe haben die Aktionäre Einbußen zwischen 20 und 50 Prozent hinnehmen müssen. Der Gedanke der Verkäufer ist simpel: Die Zinsen werden steigen, Fremdkapital dadurch teurer und von den Gewinnen bleibt nicht viel übrig. Dazu muss man wissen, dass der hohe Verschuldungsgrad für Firmen aus dieser Branche typisch ist – während der Entwicklungsphase eines Medikamentes wird nun mal kein Geld verdient. Droht den Börsen weltweit eine Korrektur in ähnlicher Größenordnung? Ausgeschlossen ist es nicht.
Wo fließt das Geld hin?
Seit 2008 wird der Markt mit Geld geflutet. Für die Anleihekauf-Programme der US-Notenbank Fed gibt es kein historisches Vorbild, hier wird Geschichte geschrieben und der Ausgang des letzten Kapitals ist völlig offen. Der Grundgedanke ist ganz nett, man versorge die Wirtschaft mit billigem Kapital, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Konjunktur anzuheizen. Das Problem an der Sache: Es hat nicht funktioniert. Was eigentlich einem großen Teil der Bevölkerung zu Gute kommen sollte, landet auf den Konten weniger.
So täuscht man Wachstum und Gewinne vor
Bitte werfen Sie mit mir einen Blick in die Bücher großer amerikanischer Börsengesellschaften. Keine Sorge, es wird nicht zu theoretisch, aber um den Kern der Sache zu verstehen, müssen wir uns kurz mit einigen Regeln der Bilanzierung befassen. Im Rechnungswesen bezeichnet man den Überschuss der Erträge über die Aufwendungen als Gewinn. Je höher der Gewinn und das Gewinnwachstum, desto höher die Bewertung des Unternehmens.
So einfach ist es in der Praxis nicht! Was die meisten Unternehmen mittlerweile als Gewinn ausweisen, hat, nach einfacher Logik eines Kaufmanns, nichts mehr damit zu tun. Management-Etagen auf dem ganzen Globus haben ein massives Interesse an kurzfristigen Profitsteigerungen, denn ein großer Teil ihrer üppigen Vergütung hängt davon ab. Diese Boni stellen für die Firma logischerweise ein Ausgabe dar, müssen aber in der Darstellung des Gewinns nicht berücksichtigt werden! Was denken Sie, warum momentan eine Übernahme auf die nächste folgt? Weil auch die Kosten für eine Übernahme den Gewinn nicht schmälern!
Dieses Erfolgsrezept hat sich herumgesprochen: Man leihe sich Geld zu billigsten Konditionen und übernehme einen Konkurrenten – schneller kann man die Umsätze nicht hochschnellen lassen. Und in zehn Jahren? Wen interessiert das heute! Selbst die Kosten für eine Restrukturierung dürfen unbeachtet gelassen werden, weshalb sich momentan sogar Konzerne aufspalten, bei denen keine Notwendigkeit für diesen Schritt bestünde. Ein Faktor wiegt allerdings noch schwerer, die Aktienrückkäufe.
Aktienrückkäufe
Wer waren die größten Aktienkäufer der letzten Jahre? Die Unternehmen selbst. Ursächlich ist auch hier die unersättliche Gier. Kauft ein Unternehmen eigene Aktien zurück, dann reduziert sich die Anzahl der ausstehenden Aktien, wodurch – genau darum geht es – der Gewinn pro Aktie höher ist. Allerdings nur optisch, denn entweder müssen diese Käufe durch die laufenden Einnahmen finanziert werden oder, auch diese Methode ist Alltag geworden, man nimmt extra Kredite dafür auf. Gesund ist das nicht! Factset Research hat in einer Studie veröffentlicht, dass die Gewinne seit sieben Quartalen stagnieren, trotz der Aktienrückkäufe. Im Umkehrschluss bedeutet das, die Unternehmen verbrauchen ihre Liquidität bei gleichzeitig sinkenden Umsätzen.
Ein grotesker Ansatz, aber den Vorständen offenbar lieber, als eine Delle im Wachstum ausweisen zu müssen und damit auf Zusatzeinnahmen zu verzichten. Damit ist die Frage, wohin das billige Geld fließt, leider beantwortet. Es wird nicht investiert, es wird nicht modernisiert, Arbeitsplätze werden nicht geschaffen. So kommt auch die OECD zu dem Schluss, dass die Notenbankpolitik die Kluft zwischen Arm und Reich nur noch tiefer gemacht hat.
Erfolgreiche Investments,
Ihr Dr. Detlef Rettiinger
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