Nun also hat das lange Warten ein Ende: der Kaffeepreis ist in den vergangenen Tagen regelrecht explodiert. Keine Hürde war den Bullen zu hoch. Vom Mehrjahrestief legte der Kontrakt Coffee C zur Lieferung im Juli, der an der ICE gehandelt wird, um knapp 16 Prozent zu. Am Donnerstag kletterte der Kaffeepreis zeitweise über die Marke von 102 US-Cents und erreichte damit den höchsten Stand seit Februar 2019.
Eine Short-Covering Rallye, ausgelöst durch die Angst vor leichtem Frost im Süden der wichtigsten brasilianischen Anbauregion Minas Gerais und einem etwas stärkeren brasilianischen Real, haben den internationalen Kaffeepreisen an der Terminbörse ICE wieder etwas Leben eingehaucht, schreibt Robert Zach vom Finanzportal Investing.com in einer Kundennotiz.
Für Preisauftrieb sorgte zudem ein etwas stärkerer brasilianischer Real zum US-Dollar, heißt es. "Ein stärkerer brasilianischer Real belastet in der Regel das Exportwachstum. Sobald weniger Angebot auf den Markt gelangt, steigen die Preise für Kaffee an".
Aber auch ein langsameres Tempo bei der Ernte soll für den Anstieg der Kaffeepreise verantwortlich sein. Das berichteten die Forscher vom Center of Advanced Studies in Applied Economics (CEPEA). "Das kalte Wetter hat den Reifeprozess der Kirschen verzögert, während die anhaltenden Regenfälle den Kaffeebauern die Ernte erschwert". Das habe dazu geführt, dass einige Kaffeekirschen auf den Boden gefallen seien.
Carlos Alvarez, Präsident des Verbandes für Kaffeebauern Monte Carmelo in der Region Cerrado in Minas Gerais, sagte zur Nachrichtenagentur Reuters, dass die Farmer die Pflege der Pflanzen wegen der niedrigen Preise stark reduziert haben, was das Risiko von Insekten- und Pilzbefall verstärken könnte.
Robert Zach von Investing.com warnt jedoch zugleich vor zu großer Euphorie: "Das ist eine sensationelle Rallye", sagte er. Das ändere aber nichts an der Tatsache, dass "es nach dem kleinen Defizit 2019/2020, wahrscheinlich wieder zu einem massiven Überangebot an Kaffee aufgrund des zweijährigen Erntezykluses der Arabica-Pflanze im kommenden Jahr kommt". Auf der anderen Seite könnten "die Kaffeepflanzen unter dem geringen Einsatz von Pestiziden leiden, was zu einem geringen Ernteertrag 2019/2020 führt und damit die Preise unterstützt".
Durch die charttechnische Brille betrachtet ist dem Kaffeepreis mit dem Spurt über 97,50 US-Cents ein echter Befreiungsschlag gelungen. Spielraum nach oben ist vorhanden. Die letzte Rallye im September 2018 war an der langfristigen Trendlinie von Mai 2011 gescheitert, die aktuell bei gut 110 US-Cents liegt. Vorsicht ist geboten, wenn der Preis wieder unter 95 US-Cents rutscht.