Die Anzeichen häufen sich, dass sich die Aktienmärkte innerhalb der letzten Phase des aktuellen Aufwärtstrends bewegen. Dabei schaffte es der DAX gestern erneut einen Satz nach oben zu machen und dadurch nicht nur aus seiner Seitwärtsrange auszubrechen, sondern auch eine neues Allzeithoch zu markieren (siehe grüner Pfeil im Chart).
Anstatt, dass die Kurse dann jedoch anschließend weiter stiegen, begann der DAX einfach die nächste Konsolidierung. Deshalb liegt auch die Vermutung nahe, dass der gestrige Kursanstieg wieder nur auf eine Seitwärtsbewegung auf höherem Niveau hinausläuft (gelbe Rechtecke).
US-Indizes erleben kurzfristige Trendbeschleunigung
Um aber wirklich einen Hinweis auf das baldige Ende des Aufwärtstrends zu bekommen, muss man seinen Blick auf die US-Indizes richten. Schließlich war es der Anstieg der US-Indizes, welche den DAX gestern mit nach oben getrieben hat. Im kurzfristigen Bereich ist dabei im Dow Jones eine Trendbeschleunigung zu sehen, die augenscheinlich den Anfang einer typischen „Fahnenstange“ darstellt - also fast senkrecht nach oben verläuft.
Fairerweise muss man aber erwähnen, dass dieser Verlauf derzeit nur im sehr kurzfristigen Bereich zu erkennen ist. Da die Volatilität und die Handelsspannen der einzelnen Tage seit einer Weile sehr niedrig ausfallen, wirkt sich diese kurzfristige Trendbeschleunigung noch nicht so stark aus. Deshalb stellt sich nun die Frage, wie lange die Bullen diese neue Kursdynamik nach oben aufrechterhalten könnten.
Geht der Markttrend bald in Rente?
Vom Grundsatz her sind die Trends an den Aktienmärkten im historischen Vergleich nämlich bereits alles andere als jung. So sind wir im DAX bereits im neunten Jahr, wenn man vom Tief des März 2009 ausgeht. Ähnlich lang läuft auch der aktuelle Konjunkturaufschwung. Im Regelfall braucht ein Konjunkturzyklus 6 bis 10 Jahre und ohne Zweifel nähern wir demnach uns der Hochkonjunktur - also dem Ende der „Boom“-Phase. Darauf deuten zumindest die aktuellen Konjunkturdaten hin. Deshalb könnte man auch mit einem baldigen Ende des Aufschwungs rechnen.
„Bald“ muss dabei aber nicht bedeuten, dass dieser Zyklus in der kommenden Woche endet. Möglich ist, dass es auch noch ein Jahr dauert. Derzeit gibt es nämlich noch keine Anzeichen für ein baldiges Erreichen des Booms. Die aktuell auf hohem Niveau liegenden Frühindikatoren deuten eher darauf hin, dass der Wirtschaftsaufschwung durchaus noch einige Monate anhalten könnte.
Außerdem verläuft der aktuelle Konjunkturaufschwung (grün) relativ schwach (siehe folgende Grafik). Man spricht daher nicht umsonst von einer „Zeitlupenerholung“ oder einem „Schildkrötenzyklus“.
(Grafikquelle: Deutsche Asset Management Investment GmbH)
Da er so schwach und flach verläuft, kann man schnell auf den Gedanken kommen, dass die Geldpolitik der Notenbanken ihren Teil dazu beigetragen hat, diese Aufschwungsphase länger anhalten zulassen als ihre Vorgänger.
Die Notenbanken schieben die Aktienmärkte
Genauso verhält es sich auch bei den Aufwärtstrends an den Aktienmärkten. Durch die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken wendeten sie eine Systemkrise ab, sodass sich die Kurse stabilisieren konnten und etwa ab März 2009 wieder stiegen. Die (teilweise übertriebenen) Kursverluste, die während der Panikstimmung in der Krise entstanden, konnten so zunächst aufgeholt werden. Um den konjunkturellen Aufschwung in der Spur zu halten, mussten die Notenbanker aber zwischendurch nachlegen (z. B. Mario Draghi´s „whatever it takes“, siege folgende Grafik). Ihr Erfolg gibt ihnen Recht und so läuft der Aufschwung weiter auf mittlerweile soliden Füßen.
Mittlerweile haben wir eine Phase erreicht, in der die Kurse den Unternehmensgewinnen davongelaufen sind. Das führt wiederum zu Überbewertungen (siehe dazu auch die Grafik der gestrigen Börse-Intern). Doch das allein reicht nicht als Auslöser für eine Korrektur. Zumal es aber trotzdem noch genügend Gründe dafür gibt, dass die Aktienkurse wohl noch weiter steigen werden. So sind alle anderen Anlageklassen noch höher bewertet als die Aktienmärkte, die Konjunktur brummt und die zufließende Notenbankliquidität muss irgendwohin investiert werden.
Steht der Rücksetzer vor der Tür?
Deshalb rechne ich lediglich mit einem Rücksetzer in derselben Form, wie wir ihn schon mehrmals während des 8-jährigen Aufwärtstrends gesehen haben. Betrachtet man das aktuelle Kursgeschehen zusammen mit der niedrigen Volatilität und der charttechnisch scheinbar eingeleiteten letzten Aufwärtsphase, könnte es sein, dass wir auf den nächsten Rücksetzer gar nicht mehr lange warten brauchen. Es gilt aber bis dahin klar bearishe Signale abzuwarten, bevor man auf die Idee kommt auf fallende Kurse zu setzen. Die Charts werden uns verraten, wann es soweit ist. So lautet die Devise aktuell immer noch: dabeibleiben und Stopps nachziehen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus