Es ist kein Geheimnis mehr, dass Schweizer Banken, angeführt von der Credit Suisse (SIX:CSGN), zu den schwarzen Schafen der Finanzwelt gehören. Wer dem nicht zustimmt, muss zumindest als „Grauzonen-Mensch“ bezeichnet werden. Selbst der Aufsichtsratsvorsitzende des Kreditinstituts sagte bei der diesjährigen Hauptversammlung, dass die Skandale der letzten Jahre keine Einzelfälle sind, sondern strukturelle Probleme darstellen. Das sehen auch immer mehr Anleger so. In den letzten Tagen machen sich Gerüchte über eine schwache Kapitalbasis der Credit Suisse breit. Über das Wochenende verlor das Wertpapier zwischenzeitlich über 8% an Wert – der Kurs notiert, trotz kurzfristiger Erholung, mehr als 22% unter dem Stand vom 12. September und 54% unter der Marktöffnung zu Beginn des Jahres.
Am auffälligsten ist aber die Verteuerung der Kreditausfallversicherung der Bank. Diese stieg am Montag nochmal um mehr als 100 Basispunkte und steht nun bei 350 Basispunkten für die Fünfjahres-CDS (Credit Default Swaps). Die Einjahres-CDS waren am Freitag auf 550 Basispunkte angestiegen, „erholten“ sich aber gestern und sanken auf 440 Punkte. CDS sind Absicherungen gegen einen Zahlungsausfall einer Bank. Wie bei allem, regieren auch hier Angebot und Nachfrage. Ist der Preis also hoch, so ist auch das Risiko eines Ausfalls höher. Das wiederum spiegelt das Vertrauen in die Bank wider. Entsprechend kann da auch kein Aktienkurs standhalten.
Sensationsdurstig, wie die Welt des Finanzjournalismus halt auch ist, stürzte man sich dann auf diese Entwicklungen der Credit Suisse und sah schon den nächsten „Lehmann-Moment“ eintreten. Das ist aber meiner Meinung nach (noch) nicht der Fall. Zum einen liegt das daran, dass man solche Dinge von der Credit Suisse vielleicht nicht gerade erwartet, aber sie auch nicht überraschen. Gebeutelt von Skandalen, Verfahren und Entlassungen gilt die CS nicht gerade als Vorzeigebank. Gerade im Juli korrigierte die Bank die Kosten für die Rückgewinnung von Teilen der verlorenen $10 Milliarden im Greenshill Capital Skandal von $145 Millionen auf $291 Millionen. Zum anderen beflügelte das neue Zinsumfeld den Bankensektor zu sehr, als dass es schon zu einem Kollaps kommen kann. Selbst die Deutsche Bank (ETR:DBKGn) konnte dieses Jahr schwarze Zahlen schreiben. Vorsicht ist dennoch geboten.
Auch wenn die gestiegenen Zinsen dem operativen Geschäft der Banken kurzzeitig in die Karten spielen, müssen die Langzeitfolgen im Auge behalten werden. Bereits am 8. August schrieb ich über mögliche Probleme in der Kreditlandschaft. Das zentrale Argument ist folgendes: Über Jahre waren die Zinsen so niedrig, dass die Nachfrage nach günstigen Krediten flächendeckend befriedigt werden konnte. Das bedeutet aber auch, dass wenn alle kreditwürdigen Kunden mit günstigem Geld bedient wurden, die Nachfrage in dieser Zielgruppe gesättigt ist. Dort hört aber eine Bank nicht auf zu arbeiten. Als nächsten Schritt beginnt die Bank, die Kunden zu bedienen, die etwas weniger kreditwürdig sind. Das geht immer so weiter.
Jetzt sind die Zinsen aber gestiegen und es wurden viele Kredite ausgegeben. Es wird nicht lange dauern, bis die Festzinslaufzeiten auslaufen und weniger kreditwürdige Kunden nun nicht mehr 0.4% sondern 4% Zinsen zahlen müssen. Dann werden die Kreditausfälle reinpurzeln, wie sonst was. Und dann können wir auch gerne Wetten abschließen, welche Bank sich einen Grabstein neben den der Lehman-Brothers stellen darf. Es ist einfach zu hoffen, dass die Basel III Regelungen stabil genug sind, um diese Entwicklung aufzuhalten. Der Credit Suisse haben sie zumindest nicht geholfen, wobei auch hier die Integrität des Instituts infrage zu stellen ist.
Unterm Strich kann man sagen: Ja, die Credit Suisse hat gewaltige Probleme. Nein, das führt nicht zum Bankenkollaps. Und ja, wenn nicht aufgepasst wird, kann der Bankenkollaps kommen. Und nein, das wird nicht das Ende der Finanzgeschichte sein – lediglich ein weiteres Kapitel eines immer wiederkehrenden Kreislaufs.
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