USD: Rückschlagpotenzial
Die Aufwertung des USD gegenüber dem EUR setzte sich in der letzten Zeit
fort. Seit Mitte Juli, als der USD gegenüber dem EUR noch Stände etwas oberhalb
der 1,59 einnahm, hat der Greenback mit dem aktuellen Niveau gut 9% an
Wert gewonnen. Bei dieser äußerst schnell ablaufenden Kursbewegung fiel
EUR/USD sogar kurzzeitig unter die wichtige Marke von 1,40. Zwar hat die
jüngste Verschärfung der US-Bankenkrise – die lnsolvenz von Lehman Brothers,
der Verkauf von Merrill Lynch an die Bank of America sowie die Liquiditätsprobleme
des Versicherers AIG – gezeigt, dass die Finanzmarktkrise noch
nicht überstanden ist. Dementsprechend wertete der USD wieder um knapp 4%
ab, und weitere schlechte Nachrichten von dieser Front können den USD erneut
belasten. Allerdings haben die aktuellen Finanzmarktturbulenzen den USD
vergleichsweise wenig unter Druck gesetzt, was deutlich macht, dass die Marktstimmung
zugunsten des USD gedreht hat. Die Tendenz geht derzeit dahin,
dass die Marktteilnehmer eine Repatriierung ihrer Vermögenswerte in den USD
vollziehen, was den USD stärkt. Die antizipierte weitere Aufwertung des USD
wirkt selbstverstärkend, da diese Anlagen in USD zugute kommt.
Die deutliche Aufwertung des USD in den letzten Wochen ist überraschend
schnell vonstatten gegangen. Wir gehen daher davon aus, dass diese Bewegung
nicht nachhaltig sein wird. Die Volatilität an den Märkten dürfte insgesamt
hoch bleiben, wodurch der Greenback gegenüber dem EUR Rückschlagpotenzial
besitzt. Erneute negative Meldungen von der Finanzmarktkrise könnten den
USD wieder stärker unter Druck setzen, da sich das Bewusstsein der Marktteilnehmer
schärfen dürfte, dass die Probleme im Finanzsektor vor allem die USA
betreffen. Darüber hinaus sollte sich unseres Erachtens der aktuell vorherrschende
Konjunkturpessimismus in Bezug auf die Eurozone zurückbilden, womit
die Stimmung für den EUR wieder besser werden dürfte. Wir rechnen damit,
dass EUR/USD aus den genannten Gründen zum Jahresende noch einmal bis
auf 1,48 steigen könnte. Erst danach sollte der USD nachhaltig gegenüber dem
EUR gewinnen. Dafür sprechen die sich allmählich beruhigende Finanzmarktkrise
sowie die sich einengende Zinsdifferenz zwischen den USA und der Eurozone.
Während in den USA aufgrund des negativen Inflationsausblicks die Tendenz
im nächsten Jahr zu steigenden Leitzinsen geht, dürfte die EZB ab dem
Frühjahr, wenn sich die Preisdynamik etwas verlangsamt, das Leitzinsniveau
senken. Zur Jahresmitte könnte damit EUR/USD wieder bei 1,43 liegen, um
dann bis zum Jahresende 2009 bis auf 1,35 aufzuwerten.
Abbau von Carry Trades stärkt JPY
Der JPY konnte zuletzt sowohl gegenüber dem USD als auch gegenüber dem
EUR zulegen. USD/JPY sank kurzfristig bis etwas unter 104, während
EUR/JPY sogar auf 147 fiel. Die Bewegung verlief also bei EUR/JPY wesentlich
stärker. Damit reagierte die Finanzierungswährung JPY auf die gestiegene Unsicherheit
an den internationalen Finanzmärkten im Zuge der Krise rund um
Lehman Brothers. Anleger tragen der höheren Risikoaversion Rechnung und
bauen vermehrt Carry Trades ab, was dem JPY zu Gewinnen verhilft. Das lässt
sich auch daran festmachen, dass typische Anlagewährungen wie der AUD oder
der NZD massiv verloren.
Nach einem starken ersten Vierteljahr ist Japans Wirtschaft im zweiten Quartal
mit einem Minus von 0,7% gegenüber Vorquartal etwas stärker geschrumpft als
ursprünglich angenommen. Um der sich abschwächenden Konjunktur wieder
auf die Sprünge zu helfen, hat die Regierung nun ein Konjunkturpaket in Höhe
von umgerechnet 73 Mrd. EUR geplant. Kern des Programms sind
Kreditgarantien für mittelständische Unternehmen, Erleichterungen für die
Transportbranche und eine Senkung der Einkommenssteuer. Ziel ist es, den
Konsum wieder anzukurbeln, denn die Verbraucher haben zunehmend mit den
gestiegenen Inflationsraten – im Juli stieg die Jahresteuerung auf 2,4% – zu
kämpfen. Da die Nachfrage der Verbraucher nicht direkt gefördert wird, darf
jedoch bezweifelt werden, dass das Paket tatsächlich hilft, den Konsum und
damit die Wirtschaftsaktivität in Japan zeitnah zu stimulieren. Die Effekte sollten
sich eher auf mittlere bis längere Sicht einstellen.
Da die Finanzmarktkrise, wie die aktuellen Entwicklungen zeigen, noch längst
nicht überstanden ist, dürfte der JPY von der Unsicherheit an den Märkten weiterhin
profitieren. Die erhöhte Risikoaversion der Anleger und der damit einhergehende
Abbau von Carry Trades könnten dazu führen, dass die Finanzierungswährung
JPY noch weiter gegenüber dem USD aufwertet, womit
USD/JPY zum Jahresende bei 101 stehen könnte. Im nächsten Jahr gehen wir
unverändert von einer Abwertung des JPY aus, da mit dem allmählichen Ausklingen
der Finanzmarktkrise Carry Trades wieder attraktiver werden sollten.
Bis zum Jahresende 2009 rechnen wir mit einem Niveau von 113 für USD/JPY.
Kaum Atempause für GBP
Nach den Höchstständen von Anfang September, wo EUR/GBP bis auf 0,818
stieg, notiert das GBP gegenüber dem EUR aktuell wieder etwas stärker. Im
Zuge der Finanzmarktturbulenzen in den letzten Tagen konnte das GBP auch
gegenüber dem USD wieder etwas zulegen, nachdem es zuvor erheblich an
Wert eingebüßt hatte. Der Konjunkturausblick für die britische Wirtschaft erweist
sich dabei zunehmend als Belastungsfaktor für das GBP. Nach einem leichten
Plus in den ersten drei Monaten stagnierte das Wachstum im zweiten Quartal
gegenüber Vorquartal, was den Pessimismus bezüglich der weiteren Wirtschaftsentwicklung
verstärkte. Die britischen Verbraucher leiden unter den sinkenden
Hauspreisen – im August war ein Preisverfall gegenüber Vorjahr in Höhe
von fast 11% zu verzeichnen – sowie dem dynamischen Preisauftrieb. So
beschleunigte sich die Teuerung von 4,4% auf aktuell 4,7%, was deutlich
macht, dass sich die BoE in einem Dilemma befindet. Einerseits kühlt sich die
Wirtschaft merklich ab, andererseits belasten die hohen Inflationsraten. Die Notenbank
geht davon aus, dass sich die Teuerungsraten bis zum Jahresende auf
5% erhöhen könnten. Erst im kommenden Jahr dürfte sich der Preisauftrieb verlangsamen,
so dass unseres Erachtens die BoE frühestens zum Jahresende,
wenn die rückläufigen Teuerungsraten absehbar sind, beginnen könnte, die
Leitzinsen zu senken. Wahrscheinlicher sind jedoch Zinssenkungen zu Beginn
des nächsten Jahres. Während die EZB die Leitzinsen ab dem Frühjahr bis auf
3,75% senken dürfte, ist davon auszugehen, dass die BoE angesichts der
schwächelnden Wirtschaft und des derzeit noch sehr hohen Zinsniveaus die
Leitzinsen stärker senkt. Dies dürfte den GBP belasten, so dass EUR/GBP im
Frühjahr 2009 erneut ein Niveau von 0,81 einnehmen könnte. Mit den sich bessernden
Konjunkturaussichten sollte das GBP ab der Jahreshälfte moderat
aufwerten, womit das Währungspaar EUR/GBP zum Jahresende 2009 bei 0,77
stehen dürfte.
EUR/CHF bewegt sich seitwärts
EUR/CHF notierte zuletzt etwas niedriger, da der CHF von der Krisenstimmung
durch die Zuspitzung der US-Bankenkrise profitieren konnte. Die zugenommene
Risikoaversion der Anleger führte zu vermehrten Safe-Haven-Zuflüssen in
den CHF. Unseres Erachtens sollte diese Bewegung auch noch anhalten, da
weitere Finanzmarktturbulenzen nicht auszuschließen sind. Dies könnte
EUR/CHF zum Jahresende bei 1,59 notieren lassen. Von der Zinsdifferenz zur
Eurozone dürften dabei keine Impulse für die Währungen ausgehen. Die SNB
sieht sich ähnlich wie die EZB einer überhöhten Inflation – im August ging die
Jahresteuerung auf 2,9% zurück, befindet sich damit aber weiterhin deutlich
über dem Preisstabilitätsziel der SNB – sowie einer sich abkühlenden Konjunktur
gegenüber. Im zweiten Quartal fiel das Wachstum mit 0,4% gegenüber Vorquartal
und 2,3% gegenüber Vorjahr zwar besser aus als in vielen anderen europäischen
Ländern, doch im Vergleich zu 2007 ist eine deutliche Verlangsamung
der Konjunkturdynamik zu erkennen. Die weltweit höheren Konjunkturrisiken
belasten die exportabhängige Wirtschaft der Schweiz erheblich. Unseres
Erachtens dürfte die SNB vorerst in Wartestellung bleiben, erst ab dem Frühjahr,
wenn die Teuerung weiter nachlässt, könnte sie der EZB folgen und die
Leitzinsen moderat senken. Der CHF sollte im nächsten Jahr gegenüber dem
EUR leicht abwerten, da mit der Beruhigung der Finanzmarktkrise die Safe-
Haven-Zuflüsse in den CHF abnehmen dürften. Im Verlauf von 2009 ist dann
mit einer Seitwärtsbewegung zu rechnen, und EUR/CHF könnte sich um die
1,62 bzw. 1,63 bewegen.