Die Corona-Pandemie wird aller Voraussicht nach zu einer globalen Rezession führen. Zusätzlich zu den ohnehin schon sich häufenden Gefahren für die Wirtschaft gesellte sich jüngst noch der Ölpreiskrieg zwischen Russland und Saudi-Arabien hinzu, der für die Bankenlandschaft auch erhebliche Kreditausfallrisiken mit sich bringen könnte. Die massive Ausbreitung des Corona-Virus brachte in Europa und allen voran in einer Reihe von Euro-Kernländern wie Frankreich, Spanien und Italien bereits eine erschreckend hohe Anzahl von Todesfällen mit sich. Ganz besonders Italien ist durch die schon vor der Corona-Krise horrende Staatsverschuldung nun aufgrund der Pandemie in eine bedrohliche Wirtschaftslage geraten. Die seit mehreren Wochen aktiven Ausgangssperren haben natürlich eine erhebliche bis desaströse Auswirkung auf die Wirtschaftsaktivität. Man kann bis dato weiterhin nur mutmaßen, wann die Einschränkungen aufgehoben werden können und genau dies ist auch weltweit das Problem mit der Pandemie, denn ein tatsächliches Ende der Virus-Ausbreitung und eine Rückkehr zum gewohnten Status Quo vor der Krise kann nur schwer prognostiziert werden. Das macht es Volkswirten und Wirtschaftsexperten nahezu unmöglich halbwegs genaue Schätzungen vorzunehmen und den jeweiligen BIP-Verlust in den kommenden Quartalen zu berechnen. Die Staaten in der Eurozone werden künftig eine deutlich höhere Verschuldung und vor allem hohe Budget-Defizite aufweisen. Während sich Länder wie zum Beispiel die Niederlande, Österreich oder auch Deutschland aus eigener Kraft gegen die Krise stemmen können, könnten die beiden Südländer Spanien und Italien an der Last der Auswirkungen der Corona-Krise scheitern. Es nicht ausgeschlossen, dass das Budget-Defizit in Spanien und Italien jenseits von 10 Prozent landen könnte.
Neben den eigenen wirtschaftlichen Problemen innerhalb Europas und insbesondere der Eurozone, dürften in den nächsten Monaten auch aus den USA oder China eine Reihe von Wirtschaftsdaten auf die hiesige konjunkturelle Entwicklung negativ durchschlagende Wirkung entfalten. Explizit die USA könnten in den nächsten beiden Quartalen noch in wirtschaftliche Turbulenzen geraten, denn neben dem durch die Pandemie ausgelösten Abschwung könnten auch eine Reihe von Ölkonzernen und insbesondere die US-Fracking-Industrie in schwierige Fahrwasser geraten. Die Zahl der Arbeitslosen wird in den USA heftig ansteigen und auch den Konsum in den USA als wichtigste Säule der US-Konjunktur drücken. Auf diese Weise könnte auch die Nachfrage nach Waren aus Europa kräftig sinken und besonders Länder wie Italien treffen, die schon vor der Corona-Krise finanztechnisch betrachtet angezählt waren.
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Eurobonds oder Corona-Bonds – hier wird das Rad nicht neu erfunden
Ob man nun die Redensart „neuer Wein in alten Schläuchen“ heranziehen mag oder glaubt das „Rad neu erfunden zu haben“, es ist ziemlich egal wie immer man das Kind auch nennt, denn sowohl „Eurobonds“ als auch „Corona-Bonds“ stehen für eine direkte Vergemeinschaftung der Schulden. Die Idee ist zudem überhaupt nicht neu, denn das Thema „Eurobonds“ oder „Stabilitätsbonds“ wurde von Seiten der EU schon zu Zeiten der „Barroso-Kommission“ im Jahr 2011 ausreichend debattiert. Damals gab es den politischen Willen für eine Vergemeinschaftung von Schulden in Form von Eurobonds nicht und auch im Jahr 2020 rund um die Corona-Pandemie gibt es diesen politischen Willen für eine Vergemeinschaftung von Schulden in Form von Corona-Bonds auch nicht. Man umschifft die Finanzierung, die Bereitstellung von Hilfen in Form von konzertierten Maßnahmen mittels der EZB, des ESM, der EIB und weiterer zu bildender europäischer Hilfs- und Wiederaufbaufonds (wohlwissend, dass man dadurch die Vergemeinschaftung von Schulden durch die Hintertür eigentlich genau diese Vergemeinschaftung der Schulden einführt). Ein Punkt, der im aktuellen Kontext nicht zu unterschätzen ist, ist das Thema Zeit. Bis das Emittieren von Eurobonds oder Corona-Bonds von statten gehen kann, vergeht sehr viel Zeit und gerade Zeit ist es, was man im aktuellen Dilemma rund um die Corona-Krise nicht hat, denn es fehlt ja schließlich eine komplette Struktur die Bonds nicht nur aufzulegen, sondern diese zu gliedern, einer Bewertung zu unterziehen, Sicherheiten mit einzubeziehen und vor allem die jeweiligen Institutionen einzubinden, die diese nicht nur auflegen, sondern auch an den Markt bringen. Sollte man dies eines Tages tatsächlich beabsichtigen, so wäre wohl der Europäische Stabilitätsmechanismus (European Stability Mechanism) – kurz ESM - eine mögliche Adresse, denn der ESM begibt ja bereits EFSF-Anleihen und zapft auf diese Weise den Anleihemarkt an.
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Sorgenkind Nummer 1 der Eurozone – Italien
Italien ist nach Deutschland und Frankreich die drittgrößte Volkswirtschaft (Spanien die viertgrößte Volkswirtschaft) der Eurozone. Die griechischen Staatsschulden sind im Vergleich zu den italienischen Staatsschulden kaum systemisch für die gesamte Eurozone. Das ist bei Italien oder auch bei Spanien definitiv anders. Mit dem Stand des 31. März 2020 lag das ausstehende Anleihevolumen aller italienischer Staatsanleihen bei 2,018 Billionen Euro. Die Staatsverschuldung in Relation zum BIP lag im Dezember 2014 mit 135,3 Prozent auf einem Rekordwert. Für den Dezember 2019 wurde die Staatsverschuldung in Relation zum BIP mit 134,8 Prozent ausgewiesen – folglich hat sich in Italien in den letzten Jahren da nicht viel zum Besseren bewegt. Nun trifft das Land die Corona-Krise mit voller Härte. Steuereinnahmen werden massiv fehlen und die Staatsverschuldung zum BIP bis zum Jahresende 2020 womöglich in die Richtung von 140 Prozent drücken. Schon zu Zeiten der Weltfinanzkrise und der daraus resultierenden Eurokrise – oder besser Staatsschuldenkrise – war Italien ein Sorgenkind der Eurozone. So kletterten die Renditen zum Beispiel zehnjähriger italienischer Staatsanleihen (BTPs) im November 2011 mehrfach auf über sieben Prozent. Nun inmitten der größten Krise Italiens nach dem zweiten Weltkrieg rentierten die zehnjährigen italienischen BTPs (Buoni del Tesoro Poliannuali) im gesamten ersten Quartal 2020 für alle sichtbar unterhalb der Marke von 2,5 Prozent. Die Renditen bewegten sich nur kurzfristig vom 15. März bis zum 18. März 2020 über die Marke von zwei Prozent hinaus. Seitdem wurden sie erfolgreich – vor allem in erster Linie durch das enorme Engagement der EZB – unter die Marke von zwei Prozent gedrückt.
Whatever-it-takes-2.0 – EZB kauft in einer Woche BTPs im Wert von über 30 Milliarden Euro
Italiens Anteil am Gesamtkorb des seit mehreren Jahren laufenden EZB-Anleiheankaufprogramms „PSPP“ (Public Sector Purchasing Programme) liegt nun bei rund 35 Prozent – das ist somit deutlich der Löwenanteil des gesamten EZB-Programms. Zum Vergleich: Der Anteil Deutschlands befindet sich nur bei etwa 6 Prozent. Das nun im Rahmen der Corona-Krise durch die EZB neu aufgelegte 750 Milliarden Euro schwere Notprogramm mit dem Namen „PEPP“ (Pandemic Emergency Purchase Programme) erwarb bereits in der letzten März-Woche italienische Staatsanleihen im Wert von 30,2 Milliarden Euro und drückte die Rendite der zehnjährigen BTPs von rund 2,3 bis zum Teil sogar unter 1,50 Prozent (Zum Vergleich: Die Renditen der zehnjährigen deutschen Staatsanleihen „BUNDs“ kletterten vom 09. März bis zum 19. März von einem Minus von rund 0,90 Prozent bis auf ein Minus von rund 0,14 Prozent). Durch das Notprogramm „PEPP“ läuft die EZB mittlerweile verstärkt in Gefahr, zum wichtigsten Kreditgeber von Euroländern zu werden (in diesem Fall vor allem von Italien) und damit faktisch zum Staatsfinanzier zu mutieren. Im Falle von „PSPP“ hatte sich die EZB für ihre Ankäufe Grenzen gesetzt, um nämlich genau diesem Vorwurf der direkten Staatsfinanzierung zu entgehen. Die EZB soll nicht mehr als 33 Prozent der Anleihen eines Landes erwerben. Die EZB ist via „PEPP“ aber gerade nicht an das sonst kommunizierte 33prozentige Limit gebunden, da es als Notprogramm deklariert wurde und vorerst bis zum Jahresende 2020 konzipiert gilt. Dieser Sonderstatus des „PEPP“ ermöglicht sogar den Ankauf von griechischen Staatsanleihen, während der Ankauf griechischer Staatsanleihen via „PSPP“ nicht möglich ist. „PEPP“ bezieht demnach tatsächlich alle Staatsanleihen der Länder der Eurozone jedweder Bonität mit ein (faktisch kauft die EZB auch griechische Ramschpapiere via „PEPP“ an). Würde „PEPP“ länger als geplant laufen, so könnte man sich die teure und zeitaufwändige Arbeit zur Implementierung von Eurobonds sparen.
Nur um dies nochmals zu verdeutlichen: Nebst des EZB-Programms „PEPP“ bleibt das EZB-Anleiheankaufprogramm „PSPP“ weiter aktiv, denn es werden pro Monat Anleihen im Volumen von 20 Milliarden Euro angekauft. Zusätzlich zu diesen monatlichen 20 Milliarden kauft die EZB bis zum Jahresende 2020 mit einem Volumen von 120 Milliarden Euro weitere Anleihen. Addiert man all diese Programme, so belaufen sich die EZB-Gesamtmaßnahmen folglich auf beinahe 1,2 Billionen Euro – wahrlich die EZB-Bazooka.
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Fazit – Rettungspakete offenbar zweckmäßiger als Vergemeinschaftung von Schulden durch Eurobonds
In einem solchen Umfeld könnte man sich nun einmal die Frage stellen, ob die Einführung von Eurobonds oder Corona-Bonds überhaupt noch nötig wäre, denn ein Sell-Off von beispielsweise italienischen Staatsanleihen ist in diesem Marktumfeld des Anleihemarktes ziemlich unwahrscheinlich geworden – schließlich legt sich kein Investor am Anleihemarkt mit einer Notenbank an. Die Forderung nach Eurobonds oder Corona-Bonds und damit nach einer final festgeschrieben Vergemeinschaftung der Schulden erscheint im aktuellen Umfeld vor allem recht populistisch. Die neu konzipierten EZB-Hilfen (PEPP) wären obendrein in Kombination mit Hilfsmaßnahmen durch die Europäische Investitionsbank (EIB) und den ESM zu betrachten. Den Vorschlägen der EIB nach will – auch in Kooperation mit dem Europäischen Investitionsfonds (EIF) - diese ein Hilfspaket von bis zu 40 Milliarden Euro vorschlagen, um Überbrückungskredite, Zahlungsaufschübe sowie weitere Maßnahmen anzubieten und um Liquiditäts- und Betriebsmittelengpässen von Unternehmen entgegenzuwirken. Neuesten Angaben (dies war vor allem durch die Berichterstattung rund um das Treffen der Eurogruppe mit dem Ziel ein Corona-Hilfspaket zu verabschieden bekannt geworden) zufolge verhandeln die Finanzminister der Eurostaaten derzeit über ein Corona-Fiskalpaket von insgesamt über 500 Milliarden Euro. Im Zusammenspiel mit dem ESM, der 200 Milliarden Euro beisteuern würde, könnte die EIB als Teil dieses über 500-Milliarden-Euro-Paketes einen Garantiefonds mit einem Volumen von über 200 Milliarden Euro auf die Beine stellen (diese Summe liegt deutlich über dem Vorschlag der EIB mit einem Volumen von 40 Milliarden Euro) und weitere 100 Milliarden Euro sollen für eine länderübergreifende Kurzarbeiterregelung bereitstehen. Eurobonds, Corona-Bonds erscheinen also derzeit nicht nur „nicht zielführend“, deren Einführung würde obendrein viel zu viel Zeit beanspruchen, so dass es am Ende nicht mehr viel zu retten gäbe. Eine Eurokrise 2.0 wäre unter den gegenwärtigen bereits mit ESM, EIB, EZB geschaffenen Strukturen weniger ein Thema – die Lage war in den Jahren 2008 bis 2011 ohne diese Strukturen definitiv noch anders.
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