Die US Federal Reserve und die Europäische Zentralbank (EZB) haben beide im letzten Monat ihre geplanten Maßnahmen zur Straffung der Geldpolitik durchgedrückt, auch wenn die Protokolle aus der letzten Woche andeuteten, dass die Sorgen der Zentralbanker über das konjunkturelle Umfeld gewachsen sind und sie mehr Vorsicht über künftige Zinsschritte zeigten.
Die Volatilität an den Märkten und die Anzeichen auf ein langsameres Wachstum haben den Investoren im letzten Monat den Schlaf geraubt, aber die Notenbanker ungerührt zu lassen schienen, spielten in der Tat in den Diskussionen eine Rolle. Das Protokoll der Sitzung des Offenmarktausschusses der Fed (Federal Open Market Committee, FOMC), die vom 18. bis 19. Dezember stattfand, zeigte, dass die Teilnehmer an der Idee weiterer gradueller Erhöhungen der Leitzinssätze festhielten, aber diese Sorgen “das richtige Ausmaß und den Zeitpunkt einer künftigen Straffung der Geldpolitik weniger klar als zuvor” machen.
Auf der Sitzung des EZB-Rats, die vom 12. bis 13. Dezember währte, vertraten einige Teilnehmer die Ansicht, dass der Ausblick sich jetzt “eher nach unten” neige. Während die Entscheider in der Bank immer noch meinten, dass die Lage sich “im Großen und Ganzen im Gleichgewicht” hält, hat sich dieses innerhalb des breiten Handlungsrahmens verschoben und auf einen “Abwärtstrend” zubewegt, aufgrund geopolitischer Faktoren, Protektionismus, Volatilität am Markt und der Unsicherheit in den Schwellenländern.
Die EZB wiederholte, dass sie die Zinssätze bis Ende des Sommers nicht anheben werde, aber der verhaltene Ton des Protokolls hat Analysten erwarten lassen, dass es frühestens im vierten Quartal zu Zinserhöhungen kommen wird, vielleicht auch erst 2020.
Ähnlich haben die Sorgen im Protokoll der Fed ausgedrückten Sorgen viele Investoren zu der Erwartung geleitet, dass in der ersten Jahreshälfte und vielleicht im ganzen Jahr 2019 keine Zinserhöhungen ins Haus stehen. Die FOMC-Ausschussmitglieder sagten, dass mit Blick auf den “verhaltenen Inflationsdruck” sie “sich mit einer weiteren geldpolitische Verknappung Zeit lassen können”.
Die neue Parole der Fed: Geduld
Geduld ist in der Tat zur neuen Parole in den beiden Auftritten vom Fed-Vorsitzenden Jerome Powell geworden, die vor und nach dem Erscheinen des Protokolls stattfanden. “Mit den verhaltenen Inflationswerten, die wir hereinkommen sehen” sagte er am 4. Januar auf dem Treffen der American Economic Association in Atlanta, und gab damit das Protokoll wieder “werden wir geduldig sein, als wir beobachten, wie die Konjunktur sich entwickelt”.
Trotz des Punktediagramms (dot-plot) vom Dezember, das die Erwartungen der Notenbanker bei zwei Zinserhöhungen in diesem Jahr zeigte, sagte er, dass die Fed zu einer “falls notwendig einschneidenden” Kursänderung bereit sei. Seine beruhigenden Äußerungen verhalfen dem Aktienmarkt zu einer starken Erholung.
Powell wiederholte sein Versprechen während einer Diskussion am Donnerstag beim Economic Club of Washington, D.C.:
“Wir haben die Möglichkeit geduldig zu sein und mit Geduld und Sorgfalt zu beobachten, wie sich die Konjunktur entwickelt.”
Es ist klar, dass der Fed-Vorsitzende versucht sich von seinem optimistischen Ton seiner Pressekonferenz im Dezember abzusetzen, der die Investoren in Alarm versetzt und einen Ausverkauf am Aktienmarkt ausgelöst hatte. Interessanterweise war das nicht das erste Mal, dass Powell die Folgen von Fed-Statements falsch einschätzte, wie neu veröffentlichte Mitschriften der Sitzungen in 2013 enthüllten.
In jedem Jahr gibt die Fed die vollen Mitschriften von fünf Jahre alten FOMC-Sitzungen heraus. Anders als die Protokolle, die drei Wochen nach jeder Sitzung erscheinen und bei denen die Teilnehmer anonym bleiben, geben diese Mitschriften die Gespräche wörtlich mit angefügten Klarnamen wieder.
Auf der Sitzung vom 30. April zum 1. Mai in 2013, diskutierten die Ausschussmitglieder, ob sie das allmähliche Ende der Wertpapierkäufe ankündigen sollte und Powell zählte zu denjenigen, die darauf drängten. “Das ist keine unmögliche Sache im Kontext von vernünftigen Konjunkturdaten,” sagte der damalige Fed-Gouverneur und künftige Vorsitzende. “Es wird nicht in einer Weise gemacht werden, die eine massiven Schockreaktion vom Markt hervorrufen wird.”
Als der damalige Notenbankchef Ben Bernanke diesem Rat folgte, löste er eine Panik an den Märkten aus, die “taper tantrum” (Auslaufkoller) in die Geschichte einging – ein massiver Ausverkauf von Anleihen, der die Renditen hochschießen ließ. Der Ausverkauf, der von Powells Fehleinschätzung auf seiner Pressekonferenz im Dezember ausgelöst wurde, fand diesmal am Aktienmarkt statt, als der Dow den Handel 352 Punkte tiefer beendete und damit 1,5% einbüßte.
Auf beiden Seiten des Atlantiks sind die Signale aus der Wirtschaft uneinheitlich, was es schwer macht vorherzusagen, in welche Richtung die Zentralbanken gehen werden. Das Gerede von Zinssenkungen durch die Fed in diesem Jahr scheint eine Überreaktion auf einige bärische Indikatoren zu sein. Ähnlich zeigt sich die Konjunktur in Europa robuster als die Pessimisten das erwarten.
Die gute Nachricht ist, dass Fed und EZB beide vorsichtiger auftreten und sich nicht auf den einen oder anderen Handlungspfad festlegen lassen.