Der S&P 500 hat seit Jahresbeginn über 10 % verloren und liegt aktuell fast 20 % unter seinem Hoch vom Januar. Im selben Zeitraum ist Gold um knapp 30 % gestiegen. Für Goldanleger ist dieser starke Unterschied natürlich erfreulich – aber es mehren sich die Anzeichen, dass diese Phase der Outperformance gegenüber Aktien bald enden könnte.
Um ein Gefühl für frühere Phasen zu bekommen, in denen Gold in kurzer Zeit deutlich besser lief als Aktien, werfen wir einen Blick auf eine aktuelle Analyse von Sentimentrader. Dort wird ein bestimmtes Signal betrachtet: Immer dann, wenn das Verhältnis zwischen dem S&P 500 und dem Goldpreis innerhalb von drei Monaten um mindestens 25 % gefallen ist und dabei ein neues Dreijahrestief erreicht, wird das Signal ausgelöst.
Die nachfolgende Grafik von Sentimentrader zeigt, dass genau dieses Signal seit Mitte der 1970er Jahre insgesamt achtmal ausgelöst wurde – einschließlich der aktuellen Situation. Die rot/grün eingefärbten Linien zeigen, wie sich das Verhältnis von Aktien zu Gold nach dem Signal entwickelt hat.
In fünf der sieben vorherigen Fälle konnte der S&P 500 Gold in den sechs Monaten nach dem Signal outperformen. Über ein ganzes Jahr betrachtet, lag der Aktienmarkt in sechs von sieben Fällen vorn. Eine Ausnahme war das Jahr 2008, das sich als Ausreißer darstellt. Nachdem das Signal ausgelöst wurde, fiel das Verhältnis von Gold zu Aktien noch einmal um rund 35 %. Es dauerte über ein Jahr, bis Aktien wieder Boden gegenüber Gold gutmachen konnten. Am Ende jedoch schnitten Aktien in allen Fällen besser ab als Gold – sobald das Signal gegeben war.
Wir zeigen Ihnen diese Analyse, weil es aktuell verlockend erscheinen mag, Aktien zu verkaufen und stattdessen in Gold zu investieren – als wäre es ein sicherer Gewinn. Doch es gibt Momente, in denen Marktverhältnisse extrem werden – und genau das könnte gerade passieren. Wenn Sie Gold im Portfolio haben, kann es sinnvoll sein, jetzt einen Teil der Gewinne zu sichern. Und wer darüber nachdenkt, jetzt noch aus Aktien rauszugehen, um Gold zu kaufen: Laut Sentimentrader ist dieser Trade wohl eher in der Endphase angekommen.
Oder, um es mit Bob Farrell zu sagen: „Übertreibungen in eine Richtung führen zwangsläufig zu einer heftigen Bewegung in die entgegengesetzte Richtung.“
Trading Update
Gestern hatten wir besprochen, dass der Markt zwar deutlich nachgegeben hat, die Gewinnschätzungen jedoch stabil geblieben sind. Das hat zu einer spürbaren Korrektur der zuvor hohen Bewertungen geführt – ein bemerkenswerter Richtungswechsel. Auch wenn die Anpassungen der Ergebnisschätzungen noch am Anfang stehen, ist es auffällig, dass Analysten für das Jahr 2026 bislang keinen deutlichen Rückgang bei den Unternehmensgewinnen erwarten. Sollten sich diese Prognosen bestätigen, könnte das eine solide Basis für den Aktienmarkt schaffen.
Anknüpfend an Michaels Einstieg zum Thema Gold: Die folgende Abbildung zeigt, wie extrem die aktuelle Bewegung tatsächlich war – und warum wir in den kommenden Wochen damit beginnen dürften, in unserem „All-Weather“-Portfolio erste Gewinne bei Gold mitzunehmen. Wichtig dabei: Es handelt sich um ein Monatschart, das heißt, die Entwicklung verläuft deutlich langsamer als bei kurzfristigen Kurscharts.
Die relative Stärke hat inzwischen ein Niveau erreicht, das historisch nur selten vorkommt. Eine Rückkehr zum Mittelwert wird damit immer wahrscheinlicher – selbst wenn es im Moment vielleicht kaum vorstellbar scheint. Eine Korrektur auf den Bereich von 2100–2200 wäre aus heutiger Sicht absolut im Rahmen.
Ein solcher Umschwung dürfte mit einer Erholung des USD einhergehen, der sich kurzfristig einem deutlich überverkauften Niveau nähert.
Das bedeutet: Auch beim US-Dollar sehen wir Anzeichen für eine mögliche Gegenbewegung – was zusätzlich dafür spricht, dass sich die jüngsten Trends bei Gold und anderen Anlageklassen in den kommenden Wochen zumindest teilweise umkehren könnten.
Wie wir in der kommenden Wochenendausgabe des #BullBearReport besprechen werden, liegt ein häufiger Denkfehler bei der Einschätzung von Volatilität darin, anzunehmen, dass bei einem schwachen Markt alles gleichzeitig fällt. Das kommt jedoch nur selten wirklich so vor.
Ein Vergleich aus der Physik hilft hier beim Verständnis: „Der erste Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass sich die innere Energie eines Systems nur ändert, wenn Energie in Form von Arbeit, Wärme oder Materie zu- oder abgeführt wird. In einem isolierten System bleibt die Gesamtsumme der Energie jedoch konstant – Energie kann weder erzeugt noch vernichtet werden.“
Ganz ähnlich ist es an den Finanzmärkten: Kapital verschwindet nicht – es verändert lediglich seine Form. Oder wie ein altes Wall-Street-Sprichwort sagt: „Es gibt immer irgendwo einen Bullenmarkt.“
Heißt: Wenn Geld aus einem bestimmten Vermögenswert abgezogen wird, fließt es meist in einen anderen. Und irgendwann dreht sich dieser Kreislauf wieder um – dann wird aus dem Gewinner der letzten Monate die Quelle für Liquidität, um wieder in zuvor geschwächte Anlageklassen einzusteigen.
Ein aktuelles Beispiel dafür ist das Verhältnis zwischen Gold und dem S&P 500. Die beiden zeigen eine stark negative Korrelation über die 36-monatige Veränderungsrate. Anders gesagt: Wenn der eine steigt, wird er oft zur Quelle für Kapital, das dann in den anderen umgeschichtet wird.
Das bedeutet nicht, dass der eine Vermögenswert „besser“ ist als der andere – es heißt lediglich, dass Kapital seine Form wechselt.
Gerade in Zeiten erhöhter Volatilität entkoppeln sich die Preise oft von den Fundamentaldaten. Wer in solchen Phasen die Nerven behält, kann unterbewertete Anlageklassen erkennen – während viele andere lieber das Weite suchen. Genau deshalb entstehen die besten Kaufgelegenheiten meist dann, wenn die Stimmung besonders schlecht ist.
Nur: Die wenigsten Anleger haben die nötige emotionale Disziplin oder den Mut, in solchen Momenten auch wirklich zuzugreifen. Warren Buffett bringt es auf den Punkt:
„Sei ängstlich, wenn andere gierig sind, und gierig, wenn andere ängstlich sind.“
Diese Art des konträren Denkens ist nicht einfach – aber sie kann sich langfristig auszahlen.
Die richtige Perspektive auf den fallenden USD
Einer der Gründe für den starken Anstieg des Goldpreises ist der schwächere USD. Gold wird oft als Absicherung gegen Währungsabwertung gesehen – daher wirkt sich ein schwächerer Dollar grundsätzlich positiv auf den Goldpreis aus.
Um besser einschätzen zu können, wie außergewöhnlich diese Bewegung war, lohnt sich ein Blick auf die historische Entwicklung:
Die folgende Grafik zeigt die Schwankungsbreite des US-Dollar-Kurses auf Wochenbasis seit 1971 – aufgeteilt nach Jahren. Die schwarze Linie markiert die Veränderung seit Jahresbeginn. Und die ist beachtlich: Ein Minus von –10,16 % innerhalb der ersten 16 Wochen des Jahres – der größte Rückgang in diesem Zeitraum seit 54 Jahren.
Natürlich kann der Dollar weiter fallen, insbesondere wenn es bei Themen wie Zöllen oder geopolitischen Spannungen keine Fortschritte gibt. Aber: Der bisherige Rückgang ist historisch – und spricht zumindest dafür, dass eine technische Gegenbewegung bald anstehen könnte.