Die Märkte haben auf die Herabstufung der US-Schulden durch Moody’s nicht gerade begeistert reagiert. Für all jene, die ohnehin gerne Untergangsszenarien verbreiten, war das natürlich ein gefundenes Fressen – ideal für dramatische Schlagzeilen, die Klicks und Aufmerksamkeit bringen.
Als Anleger ist es jedoch wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Lage nüchtern einzuordnen. Ein Blick zurück auf frühere Rating-Herabstufungen aufgrund der US-Staatsverschuldung kann helfen, die tatsächlichen Auswirkungen auf Aktien- und Anleihemärkte besser zu verstehen. Starten wir mit der offiziellen Begründung, die Moody’s für das neue, schwächere Rating genannt hat:
„Diese Herabstufung um eine Stufe auf unserer 21-stufigen Ratingskala spiegelt den Anstieg der Staatsverschuldung und der Zinszahlungsquoten über mehr als ein Jahrzehnt hinweg wider – auf ein Niveau, das deutlich über dem anderer Staaten mit ähnlichem Rating liegt.“
Moody’s hatte lange daran festgehalten, den USA die bestmögliche Bonitätsnote zu geben. Mit dem aktuellen Schritt zieht die 116 Jahre alte Ratingagentur nun mit den Wettbewerbern gleich: Standard & Poor’s hatte bereits im August 2011 von AAA auf AA+ abgestuft, Fitch Ratings folgte im August 2023 mit derselben Entscheidung.
Ob diese früheren Herabstufungen rückblickend gerechtfertigt waren, werden wir gleich untersuchen. Was die neue Bewertung von Moody’s betrifft – sie kommt keineswegs überraschend.
„Mehrere aufeinanderfolgende US-Regierungen und der Kongress haben es nicht geschafft, den Trend hoher jährlicher Haushaltsdefizite und steigender Zinskosten umzukehren. Wir glauben nicht, dass die aktuell diskutierten Haushaltsvorschläge zu einer nennenswerten, mehrjährigen Reduzierung der notwendigen Ausgaben und des Defizits führen werden.“
Dieser letzte Satz ist zentral. Seit 2008 wurde in den USA kein regulärer Haushalt mehr verabschiedet. Stattdessen griff der Kongress immer wieder zu kurzfristigen Übergangslösungen, den sogenannten Continuing Resolutions (CRs). Damit wurde nicht nur die Schuldenobergrenze angehoben – die Ausgaben stiegen auch Jahr für Jahr um etwa 8 %.
(Das erinnert an die "72er-Regel": Bei einem jährlichen Zuwachs von 8 % verdoppeln sich die Ausgaben rechnerisch alle 9 Jahre.)
Genau das ist der Grund, warum die Staatsverschuldung – und insbesondere das Defizit – weiter wächst. In unserem Artikel „Rückkehr des bullischen Überschwangs“ sind wir auf diesen Punkt bereits ausführlich eingegangen.
„Während Washington an seiner scheinbar grenzenlosen Ausgabenpolitik festhält – in der Annahme, dass mehr Ausgaben automatisch besser sind –, lohnt es sich, einen Moment innezuhalten und über die Bedeutung von Schulden und Defiziten nachzudenken.
Wenn wir verstehen wollen, wie genau diese Faktoren das Wirtschaftswachstum beeinflussen, müssen wir erst einmal wissen, wo wir aktuell stehen – und warum. Die folgende Grafik zeigt die 10-jährige annualisierte Wachstumsrate der US-Wirtschaft im Zeitverlauf.“
Was beim Blick auf die Daten sofort ins Auge fällt: Die durchschnittliche 10-jährige Wachstumsrate der US-Wirtschaft lag zwischen 1900 und 1990 – abgesehen von der Großen Depression – relativ konstant bei rund 8 %. Seitdem hat das Wachstum jedoch deutlich nachgelassen.
Das ist wenig überraschend, wenn man die Entwicklung der Staatsverschuldung betrachtet. Je höher die Schulden und Defizite, desto stärker werden Kapitalflüsse von produktiven Investitionen hin zum Schuldendienst umgeleitet – und das dämpft das wirtschaftliche Wachstum.
Dieses anhaltende Schuldenwachstum ist ein direkter Weg in Richtung "Japanifizierung" – ein Szenario, bei dem die Schulden weiter steigen, während das Wirtschaftswachstum dauerhaft schwach bleibt.
Das Congressional Budget Office – die unabhängige Behörde, die Ausgaben und Einnahmen des Bundeshaushalts analysiert – hat vor Kurzem eine neue Projektion zur Entwicklung des US-Schuldenstands bis zum Jahr 2055 veröffentlicht.
(Die hohe Verschuldung ist übrigens auch der Grund, warum die Zinssätze nicht einfach unbegrenzt steigen können – ein Thema, auf das wir in einem unserer nächsten Artikel eingehen werden, insbesondere im Hinblick auf unsere Strategie bei US-Staatsanleihen.)
Auch wenn eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit durchaus ein bedeutendes Ereignis ist, sollten Anleger einige grundlegende Dinge richtig einordnen – vor allem mit Blick auf die eigene Anlagestrategie.
Und: Es ist nicht das erste Mal, dass die Schulden der USA herabgestuft wurden. (Auch darauf gehen wir im weiteren Verlauf dieses Artikels ein.)
Wichtig ist: Die Herabstufung ändert nichts am Status des USD als globale Reservewährung. Das US-Finanzministerium – und damit auch seine Anleihen – gilt weiterhin weltweit als Maßstab für "risikofreie" Anlagen, sowohl für inländische als auch für internationale Investoren.
Die entscheidende Frage für Anleger ist deshalb: Ist die Herabstufung tatsächlich so problematisch, wie es die Schlagzeilen vermuten lassen?
Werfen wir einen Blick auf die bisherigen Entwicklungen – und darauf, wie die Aktien- und Anleihemärkte in der Vergangenheit auf vergleichbare Situationen reagiert haben.
S&P stuft die Bonität der US-Schulden herab
„Die Ratingagentur Standard & Poor’s hat am Freitag die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten herabgestuft und der größten Volkswirtschaft der Welt das begehrte AAA-Rating entzogen.“
So lautete die Schlagzeile am 5. August 2011 – ein historischer Moment, denn zum ersten Mal wurde den USA von einer großen Ratingagentur die Bestnote aberkannt. Bereits im Juli hatte S&P die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten unter „CreditWatch mit negativen Implikationen“ gestellt, nachdem die Diskussion um die Schuldenobergrenze in einem parteipolitischen Patt festgefahren war.
S&P machte deutlich: Um eine Herabstufung zu verhindern, müssten die USA die Schuldenobergrenze anheben und einen „glaubwürdigen“ Plan vorlegen, wie sie die langfristige Schuldenproblematik in den Griff bekommen wollen.
Im Bericht vom 5. August kam S&P zu einem klaren Urteil:
„Die Herabstufung spiegelt unsere Einschätzung wider, dass der kürzlich zwischen Regierung und Kongress vereinbarte Plan nicht ausreicht, um die mittelfristige Schuldendynamik zu stabilisieren.“
Neben dem fehlenden fiskalpolitischen Kurs wurde auch das politische Umfeld als Risiko genannt:
„Die politischen Auseinandersetzungen der letzten Monate zeigen, dass Regierungsführung und politische Entscheidungsfindung in den USA weniger stabil, weniger effektiv und weniger vorhersehbar sind, als wir bislang angenommen haben.“
(CNN.com)
Diese Entwicklung fiel mitten in eine hitzige Phase politischer Auseinandersetzungen zwischen der Obama-Regierung und dem Kongress – mit entsprechenden Reaktionen in den Medien. Wie auch heute, waren die Schlagzeilen damals voll von Warnungen: vom Zusammenbruch des USD über das Ende des Wirtschaftswachstums bis hin zum Absturz der Aktienmärkte.
Wie ich bereits im oben verlinkten Artikel erwähnt habe, sollten wir die langfristigen Herausforderungen rund um die US-Verschuldung keineswegs auf die leichte Schulter nehmen. Aber: Aus kurzfristiger Sicht gibt es – historisch betrachtet – deutlich weniger Grund zur Panik.
Werfen wir einen kurzen Blick zurück auf das Jahr 2011. Die erste Grafik unten zeigt die Entwicklung am Aktienmarkt. Wie man sieht, hatte sich der Markt – ähnlich wie in den letzten Wochen – zuvor stark von den Tiefstständen aus 2010 erholt. Zum Zeitpunkt der Herabstufung war er also bereits deutlich überhitzt.
Die Kurse korrigierten daraufhin – ausgelöst durch eine Kombination aus dem Produktionsausfall nach der Katastrophe in Japan, einer sich abschwächenden US-Konjunktur und eben der Herabstufung. Doch rückblickend war dieser Rückgang eher eine Kaufgelegenheit: Der Aufwärtstrend setzte sich bis 2012 fort.
Auch im Jahr 2011 stiegen die Renditen für US-Staatsanleihen zunächst sprunghaft an – die Herabstufung hatte die Märkte verunsichert, und Anleger reagierten entsprechend nervös. Doch diese Reaktion hielt nicht lange an.
Da der Markt für US-Staatsanleihen weltweit nach wie vor als sicherer Hafen gilt, kehrten Investoren schnell zurück – und die Renditen fielen im Laufe des Jahres 2012 wieder deutlich.
Wie so oft gilt auch hier: Die Renditen bei Anleihen mit langen Laufzeiten hängen stark von den Erwartungen für Inflation und Wirtschaftswachstum ab. Und je mehr Schulden gemacht werden, desto stärker leidet in der Regel das Wachstum.
Viele sogenannte "Bond-Gurus" gehen davon aus, dass die Renditen in Zukunft deutlich steigen werden – vor allem wegen des wachsenden Bedarfs an Neuemissionen. Aber die Realität sieht oft anders aus: Eine hochverschuldete Wirtschaft hält dauerhaft hohe Zinsen schlicht nicht aus.
Was wir 2011 gesehen haben – ein kurzfristiger Renditeanstieg, gefolgt von einem Rückgang – dürfte sich daher in den kommenden Monaten und Quartalen durchaus wiederholen, wenn sich das Wirtschaftswachstum weiter abschwächt.
Was geschah beim zweiten Mal?
Herabstufung der US-Schulden durch Fitch
Am Dienstag, dem 1. August 2023 – also fast genau zwölf Jahre nach der Herabstufung durch S&P – zog Fitch nach und senkte ebenfalls die Kreditwürdigkeit der USA.
„Fitch Ratings hat das langfristige Rating für Fremdwährungsemissionen (IDR) der Vereinigten Staaten von Amerika von AAA auf AA+ herabgestuft. Die Ratingüberwachung mit negativem Ausblick wurde aufgehoben, der Ausblick nun als stabil bewertet. Die Länderobergrenze bleibt bei AAA.“
Und was war der Grund?
„Die Herabstufung spiegelt die erwartete fiskalische Verschlechterung in den kommenden drei Jahren wider, die hohe und weiter wachsende Staatsverschuldung sowie eine Erosion der Regierungsführung im Vergleich zu anderen AA- und AAA-Ländern – insbesondere durch wiederholte Blockaden und politische Last-Minute-Lösungen rund um die Schuldenobergrenze.“
Das US-Finanzministerium widersprach der Einschätzung – wie bereits 2011 – und bezeichnete die Analyse als fehlerhaft.
„Janet Yellen, US-Finanzministerin, erklärte, sie sei mit der Entscheidung von Fitch nicht einverstanden und bezeichnete die Herabstufung als ‚willkürlich und auf veralteten Daten basierend‘.“ – The Guardian
Inhaltlich unterschieden sich die Gründe von Fitch kaum von denen, die S&P zwölf Jahre zuvor anführte: Der zentrale Kritikpunkt war die mangelnde Fähigkeit der US-Politik, langfristige Schuldenprobleme zu lösen.
Trotzdem – wie auch Janet Yellen betont hat – ist diese Analyse in vielerlei Hinsicht angreifbar. Auch Jamie Dimon, CEO von J.P. Morgan, äußerte sich deutlich:
„Das ist nicht wirklich relevant. Letztlich bestimmen die Märkte und nicht die Ratingagenturen die Kreditkosten. Es ist absurd, dass andere Länder eine höhere Bonität als die USA haben, obwohl sie von der Stabilität profitieren, die die USA – politisch wie militärisch – bereitstellen. Die USA sind nach wie vor die wohlhabendste und sicherste Nation der Welt.“
Selbst wenn die langfristigen fiskalischen Risiken bestehen bleiben, sind die kurzfristigen Auswirkungen auf die Märkte deutlich weniger dramatisch, als viele befürchten.
„Die USA können Geld drucken und einen Zahlungsausfall verhindern – unabhängig von ihrer Haushaltslage. Deshalb gelten US-Staatsanleihen trotz Herabstufung nach wie vor als die einzige echte ‚risikofreie‘ Anlage weltweit.“
Ein Blick auf die Reaktionen nach der S&P-Herabstufung 2011 bestätigt das: Damals fielen die Renditen für Staatsanleihen – entgegen aller Erwartungen – deutlich. Der USD legte zu. Und obwohl viele dachten, dass Gold massiv profitieren würde, gab es zwar anfangs einen Anstieg, ein Jahr später lag der Goldpreis aber wieder etwas tiefer.
Die Aktienmärkte brachen in der Woche nach der S&P-Herabstufung um etwa 8 % ein, erholten sich dann jedoch schnell. Wie damals gilt auch heute: Herabstufungen können – entgegen der gängigen Erwartung – durchaus Chancen eröffnen.
(Zitat: Michael Lebowitz)
Auch im Jahr 2023 zeigte sich ein ähnliches Muster. Der erste Rücksetzer an den Aktienmärkten wurde zwar mit der Herabstufung in Verbindung gebracht, hatte aber in Wirklichkeit mehr mit der überzogenen Entwicklung rund um den „Artificial Intelligence Trade“ zu tun, der zu diesem Zeitpunkt ohnehin reif für eine Korrektur war.
Die Herabstufung selbst war also eher ein Auslöser als die eigentliche Ursache.
Auf dem Anleihemarkt kam es zunächst zu einem Anstieg der Renditen, der sich aber schnell wieder umkehrte. Aktuell liegen die Renditen vor allem deshalb höher, weil das Inflationsniveau, das Wirtschaftswachstum und die Geldpolitik der Fed entsprechend restriktiv ausgerichtet sind.
Doch dieser Zustand dürfte nicht von Dauer sein – denn die wachsende Verschuldung wird das Wirtschaftswachstum und die finanziellen Spielräume zunehmend belasten.
Ein Blick nach Japan reicht aus, um zu sehen, welche Folgen eine Staatsverschuldung haben kann, wenn sie über 100 % des BIP hinauswächst. Seit den 1980er Jahren hat sich das Wirtschaftswachstum dort auf einem deutlich niedrigeren Niveau eingependelt.
Trotz massiver staatlicher Konjunkturprogramme und Eingriffe der Zentralbank verharren die Zinssätze bis heute nahe der Nullmarke. Gleichzeitig durchlebt die japanische Wirtschaft regelmäßig Rezessionen, die den allgemeinen Wohlstand immer wieder belasten.
(Ende 2024 war das Wirtschaftswachstum kaum noch positiv – und die Anleiherenditen lagen unter 1 %.)
Die Frage, die sich den Anlegern stellt, lautet also: Sollte uns die Herabstufung der Schulden durch Moody’s interessieren?
Herabstufung durch Moody’s - Was das für Aktien und Anleihen bedeutet
Nach der Herabstufung der US-Schulden durch Moody’s (NYSE:MCO) sind die Medien erneut voll mit Spekulationen darüber, was das nun bedeutet. Doch wie wir bei den letzten beiden Herabstufungen gesehen haben, war die tatsächliche Auswirkung am Ende recht überschaubar.
Fast 15 Jahre nach der Abwertung durch S&P sind die USA immer noch die weltweite Reservewährung. Gold hat sich langfristig deutlich schlechter entwickelt als Aktien. Und die US-Wirtschaft ist unter der Schuldenlast nicht zusammengebrochen.
Im Gegenteil: Wer damals den negativen Schlagzeilen misstraut und stattdessen auf eine Gegenbewegung gesetzt hat, konnte als Anleger davon erheblich profitieren.
Könnte es diesmal ganz anders kommen? Höchstwahrscheinlich nicht.
Was sollten Anleger also in den kommenden Monaten nach der Herabstufung durch Moody’s von Aktien und Anleihen erwarten?
Zum Zeitpunkt der Herabstufung befanden sich die Aktienmärkte bereits im überkauften Bereich – nach einem kräftigen Anstieg von den vorherigen Tiefstständen, ausgelöst durch den sogenannten “Liberation Day”.
Wie die aktuellen Charts zeigen, waren sowohl das Momentum als auch die relative Stärke überdehnt – insbesondere das Momentum, da sich der Markt zwei Standardabweichungen über dem 50-Tage-Durchschnitt (50-DMA) befand. Die vorherigen Herabstufungen zeigen ein ähnliches Muster: Auch damals war der Markt technisch überkauft, was anschließend zu einer kurzfristigen Korrektur führte.
Wie so oft nach einer starken Rally braucht es meist ein äußeres, unerwartetes Ereignis, um Gewinnmitnahmen und Verkaufsdruck auszulösen. Es wäre also nicht überraschend, wenn auch diesmal eine ähnliche Entwicklung folgt.
Für langfristig orientierte Anleger dürfte genau das jedoch wieder eine Gelegenheit sein, bestehende Aktienpositionen auszubauen.
Auch die Renditen am Anleihemarkt sind im Zuge der Herabstufung gestiegen – wenn auch nicht in dem Maße wie die Aktienmärkte zuvor überkauft waren.
Wie schon bei den beiden früheren Herabstufungen zeigte sich ein ähnliches Muster: Nach der Ankündigung legten die Renditen zunächst zu, was auf eine erste, emotionale Marktreaktion hindeutet.
Letztlich bestimmten aber – wie immer – die fundamentalen Faktoren den weiteren Verlauf: Wirtschaftswachstum, Lohnentwicklung und Inflation. Und genau diese Größen sorgten in der Vergangenheit dafür, dass der kurzfristige Renditeanstieg wieder umkehrte.
In der vergangenen Woche hatten wir bereits darauf hingewiesen, dass es nur logisch erscheint, besonders jetzt über Lockerungen bei den Eigenkapitalanforderungen für Banken nachzudenken – zumal sich die US-Bankenaufsichtsbehörden genau darauf vorbereiten.
Von besonderem Interesse für den Anleihemarkt ist dabei die sogenannte Supplementary Leverage Ratio (SLR) – eine ergänzende Verschuldungsquote. Im Gegensatz zu anderen, risikobasierten Eigenkapitalvorschriften, bezieht sich die SLR auf alle Aktiva in der Bilanz und legt dafür eine pauschale Mindestkapitalanforderung fest. Sie wurde 2014 eingeführt, um übermäßige Bilanzausweitungen und Verschuldung einzudämmen. (Mehr dazu beim Office of Financial Research.)
Banken kritisieren die SLR schon länger. Sie argumentieren, dass sie ihre Möglichkeiten zur Kreditvergabe einschränkt – und für die Regierung noch relevanter: dass sie auch den Ankauf von US-Staatsanleihen behindert. In dem erwähnten Artikel wird deutlich, wie intensiv die Wall Street Lobbyarbeit betreibt, um zu zeigen, dass die SLR nicht nur die Kreditvergabe hemmt, sondern auch den Wettbewerb verzerrt.
Wichtig zu wissen: Die acht größten US-Banken, für die die strengeren SLR-Regeln gelten, sind zugleich auch die größten Käufer von US-Treasuries.
Viele Analysten rechnen damit, dass es spätestens bis zum Sommer zu Änderungen bei der SLR kommt. Sollte der Renditeanstieg bei US-Staatsanleihen anhalten, könnte der Druck auf die Regulierungsbehörden aber schon früher wachsen.
Wenn die Renditen in Richtung 5 % steigen, dürfte das Interesse der Banken groß sein, wieder verstärkt in Treasuries zu investieren – vorausgesetzt, die SLR-Beschränkungen werden tatsächlich gelockert.
In einem solchen Szenario – mit hohen Short-Positionen am Anleihemarkt – könnten wir eine deutliche Gegenbewegung sehen: sinkende Renditen und steigende Anleihekurse. Vor allem dann, wenn all das zeitlich mit dem Beginn einer Rezession oder dem Start eines neuen Zinssenkungszyklus der Fed zusammenfällt.
Schlussfolgerung - Es bieten sich Chancen
Aus Sicht des Portfoliomanagements ändert die Herabstufung durch Moody’s nichts an unserem übergeordneten Ausblick.
Die Anlegernachfrage – gepaart mit weiterhin umfangreichen Aktienrückkäufen der Unternehmen – dürfte nach wie vor dafür sorgen, dass Aktien grundsätzlich gestützt bleiben. Dennoch: Es würde uns nicht überraschen, wenn es kurzfristig zu einem Rücksetzer kommt, den die Medien dann prompt der Moody’s-Herabstufung zuschreiben. In Wirklichkeit fungiert die Herabstufung jedoch eher als Katalysator – in einem Markt, der ohnehin durch ein kurzfristiges Überangebot reif für eine Korrektur war.
Machen wir uns Sorgen über eine mögliche Rezession oder ein finanzielles Schockereignis? Ja, natürlich – das wäre angesichts der aggressiven Zinsschritte der Fed und der strenger werdenden Kreditvergabe auch nicht unvernünftig.
Das Wirtschaftswachstum kühlt sich ab, und mit der sinkenden Inflation lässt auch der Konsumdruck nach – erste Anzeichen für eine mögliche konjunkturelle Abschwächung. Dennoch gilt: Wenn wir auf unsere technischen Indikatoren achten, wird der Markt rechtzeitig die entsprechenden Signale liefern.
Vorerst bleibt der langfristige Aufwärtstrend intakt. Eine Korrektur, die wichtige Unterstützungsniveaus respektiert und dabei überkaufte Bedingungen abbaut, wäre sogar wünschenswert – sie könnte neue Chancen mit attraktiveren Risiko-/Ertragsverhältnissen eröffnen, um Aktien- und Anleihepositionen selektiv aufzustocken.
Die technische Verfassung und die Marktstimmung deuten darauf hin, dass wir es zuletzt mit einer gewissen Übertreibung zu tun hatten. Anleger sollten ihr Portfolio entsprechend überprüfen und das Risiko gezielt anpassen:
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Stop-Loss-Marken überprüfen und an aktuelle Unterstützungsniveaus anpassen
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Portfolios gezielt gegen stärkere Rücksetzer absichern
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Gewinne bei gut gelaufenen Positionen realisieren
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Verlustpositionen und Nachzügler konsequent abbauen
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Cash-Positionen erhöhen und das Portfolio wieder auf Zielgewichtungen bringen
Die Herabstufung der US-Schulden durch Moody’s ist kein Grund zur Panik. Für Anleger gehört sie nicht zu den Ereignissen, die langfristig Anlass zur Sorge geben sollten.