Was du über eine Aktie wissen solltest – bevor du investierst
Aktuell steht der Iran-Israel-Konflikt im Fokus – und damit auch die Frage, wie stark sich die Entwicklungen auf die Aktienmärkte auswirken könnten. Die Eskalation der direkten Angriffe im Juni 2025 hat an den globalen Finanzmärkten sofort Spuren hinterlassen. Auf Israels Luftangriffe auf iranische Atomanlagen und Energieinfrastruktur folgten Vergeltungsmaßnahmen aus dem Iran – darunter Raketen- und Drohnenangriffe.
Der Dow verlor fast 2 %, der S&P 500 gab um über 1 % nach, während die Ölpreise innerhalb weniger Tage um mehr als 10 % zulegten. Auch Gold und der US-Dollar profitierten – Anleger suchten Zuflucht in klassischen „sicheren Häfen“.
In der vor uns liegenden Woche, die durch einen Feiertag verkürzt ist, dürfte die Volatilität hoch bleiben. Die Märkte werden sehr genau verfolgen, wie sich die Lage zwischen den beiden Ländern weiterentwickelt.
Wie bereits in der vergangenen Woche besprochen, kamen die Märkte gerade aus einer starken Aufwärtsbewegung – beginnend mit den Tiefstständen rund um den „Befreiungstag“. Kurz vor den aktuellen Schlagzeilen wirkten viele Indizes bereits deutlich überkauft. Zitat:
„Kurzfristig bleibt der Markt überkauft – und es ist keine Seltenheit, dass dieser Zustand länger anhält, als viele erwarten. Wir warten geduldig auf eine Schwächephase, um unser Portfolio gezielt aufzustocken. Allerdings könnte es bis dahin noch etwas dauern.“
Und weiter:
„Wichtig dabei: Es geht uns nicht darum, auf niedrigere Kurse zu spekulieren, um unsere Positionen auszubauen. Ich habe kein Problem damit, auch bei höheren Kursen zuzukaufen – wenn das Chancen-Risiko-Verhältnis stimmt. Was wir suchen, ist eine bessere Ausgangslage, eine ausgewogenere Risiko-Ertrags-Situation. Eine Konsolidierung, in der sich etwa die relative Stärke oder das Momentum etwas abschwächt, könnte genau das bieten – eine Gelegenheit, die unter den aktuellen Bedingungen schlicht noch nicht gegeben ist. Wir sind bereits ausreichend im Markt investiert, um von steigenden Kursen zu profitieren. Gleichzeitig ist der Einsatz von zusätzlichem Kapital auf dem aktuellen Niveau riskanter, als es mir lieb ist.“
Und genau das ist der Punkt: Geduldig auf den richtigen Moment zu warten – das ist oft der schwierigste Teil.
Wir haben uns dabei ganz bewusst gefragt:
„Warum sollte der Markt überhaupt nachgeben? Es gibt viele mögliche Gründe – etwa das anhaltende Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, sinkende Aktienrückkäufe der Unternehmen oder die weiterhin ungeklärten Risiken rund um die Zollverhandlungen.“
Den Iran-Israel-Konflikt hatten wir dabei natürlich nicht auf dem Radar. Aber genau solche unvorhersehbaren Ereignisse zeigen, wie wichtig es ist, zu verstehen: Damit ein Markt mit starkem Aufwärtsmomentum ins Wanken gerät, braucht es einen Auslöser – einen Katalysator, der Verkäufer auf den Plan ruft. Das ist auch der Grund, warum man oft hört: „Verkäufer leben höher.“
„Im aktuellen Bullenmarkt sind nur wenige bereit zu verkaufen – was bedeutet, dass Käufer die Preise nach oben treiben müssen, um überhaupt jemanden zum Handeln zu bewegen. Solange das so bleibt und Euphorie über Logik dominiert, werden Marktteilnehmer weiterhin höhere Preise zahlen, nur um dabei zu sein. Genau das beschreibt das Prinzip der ‚größeren-Narren-Theorie‘.“
„Doch irgendwann – aus welchem Grund auch immer – ändert sich die Stimmung. Die Käufer treten zurück, weil sie nicht mehr bereit sind, noch mehr zu bezahlen. Und sobald die Verkäufer das erkennen, versuchen sie schnell, ihre Positionen an einen schrumpfenden Kreis potenzieller Käufer loszuwerden.“
Haben wir am Freitag womöglich die ersten Signale gesehen, dass sich dieses Gleichgewicht verschiebt? Vielleicht. Ob es tatsächlich so ist, wird sich in dieser Woche zeigen.
Unabhängig davon, wie sich die Lage kurzfristig entwickelt: Der Konflikt zwischen Iran und Israel wird die Märkte wahrscheinlich nur vorübergehend aufrütteln. Für Anleger ist es umso wichtiger, zurückzublicken – auf ähnliche Ereignisse in der Vergangenheit, kurz- wie langfristig – und daraus abzuleiten, wo und wann sich in der Vergangenheit die besten Gelegenheiten ergeben haben, Kapital zu besseren Preisen einzusetzen.
Eine kurzer Abriss der früheren Konflikte
Die erste Marktreaktion auf den Beginn des Iran-Israel-Konflikts am Freitag fiel zwar vergleichsweise verhalten aus, folgte aber einem bekannten Muster, das man aus früheren geopolitischen Schocks kennt:
-
eine schnelle Neubewertung der Risiken,
-
eine Umschichtung in defensive Sektoren
-
und schließlich eine Stabilisierung, sobald politische Entscheidungsträger und Anleger ihre Erwartungen neu ausrichten.
Auch diesmal ähnelt die Reaktion – sowohl in der Richtung als auch im Ausmaß – früheren Krisen im Nahen Osten.
Beispiel: Der arabisch-israelische Konflikt im Jom-Kippur-Krieg von 1973 führte zu einem Ölembargo, das die Rohölpreise vervierfachte. Die Folge war ein länger anhaltender Rückgang der Aktienmärkte. Energieaktien und inflationsgeschützte Anlagen entwickelten sich besser, während der breite Markt unter Druck stand. Ähnlich war es 1979 während der iranischen Revolution und im anschließenden Iran-Irak-Krieg: Auch hier verdoppelte sich der Ölpreis – die Aktienmärkte litten zunächst, erholten sich aber mit dem Entstehen neuer Handelsströme im Energiesektor.
Jüngere Konflikte wie der Golfkrieg, der Israel-Hisbollah-Konflikt 2006 oder der Gaza-Krieg 2014 hatten in der Regel nur kurzfristige Auswirkungen. Auch dort suchten Anleger anfangs Schutz in sicheren Häfen, doch die meisten globalen Indizes erholten sich, sobald klar wurde, wie lange und wie weitreichend die jeweiligen Konflikte tatsächlich waren.
Wichtig ist: Märkte preisen geopolitische Risiken oft sehr schnell ein – besonders dann, wenn Versorgungsketten im Energiesektor oder andere kritische Infrastrukturen betroffen sind.
Wenn geopolitische Schocks wie dieser eintreten, fokussieren sich Anleger häufig auf das Worst-Case-Szenario. Genau an diesem Punkt lohnt es sich aber, kurz innezuhalten – und sich daran zu erinnern, wie Märkte in der Vergangenheit auf solche Ereignisse reagiert haben.
Carson Research veröffentlichte am Freitag eine Übersicht, in der frühere geopolitische Ereignisse und ihre Auswirkungen auf die Märkte dargestellt wurden.
Ja, es gab Phasen mit teils drastischen Folgen – etwa beim Jom-Kippur-Krieg, dem Ölembargo, dem Anschlag auf die USS Cole, den Terroranschlägen vom 11. September oder dem Bombenattentat in der Londoner U-Bahn. Diese Ereignisse traten allerdings nicht isoliert auf – sie fielen zeitlich mit dem Platzen der Nifty-50-Blase, der Dotcom-Blase oder der globalen Finanzkrise zusammen.
Natürlich kann niemand ausschließen, dass sich der aktuelle Konflikt zwischen Iran und Israel weiter zuspitzt. Aber die Geschichte zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit dafür eher gering ist – und dass gerade in solchen Phasen kurzfristiger Marktverunsicherung oft auch Chancen entstehen. Wer die nächsten 12 Monate mit einem kühlen Kopf betrachtet, wird wahrscheinlich erkennen: Jeder kurzfristige Rückschlag kann auch ein guter Einstiegszeitpunkt sein.
Worauf es für Anleger jetzt ankommt: Kurzfristig ist mit Unsicherheit und erhöhter Volatilität zu rechnen. Das liegt auf der Hand. Aber – und das ist entscheidend – der Iran-Israel-Konflikt sollte nicht automatisch als Auslöser für ein größeres, markterschütterndes Ereignis gesehen werden, das zu einer umfassenden Mittelwertumkehr führt.
In unserem Artikel „Warum Spock der bessere Anleger ist – und was wir daraus lernen können“ heißt es unter anderem:
„Investieren bedeutet, den Lärm auszublenden, sich nicht von Spekulationen treiben zu lassen und an den Fakten festzuhalten. Die Schlagzeilen sind oft laut und dramatisch – da geht es um drohende Handelskriege, Rezessionen oder sogar die Entdollarisierung der Weltwirtschaft. In der Realität aber treten solche Extremszenarien nur äußerst selten ein.“
Ein Beispiel dafür liefert das folgende Diagramm – eine klassische Gaußsche Normalverteilung, die mögliche wirtschaftliche Szenarien abbildet:
„Etwa 68,26 % der Ergebnisse bewegen sich im Bereich des Normalen – also: eine milde Rezession oder deren Vermeidung. Weitere 27,18 % (bis zur 95,44 %-Marke) liegen zwischen einer tieferen, aber beherrschbaren Rezession und solidem Wachstum. Bleiben 2,14 % Wahrscheinlichkeit für ein Szenario wie die Finanzkrise 2008. Und das wirtschaftliche ‚Armageddon‘? Also ein Zustand, in dem nur noch Gold, Dosenravioli und ein Bunker gefragt sind? Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt bei gerade einmal 0,14 %.“
„Anleger müssen sich fragen, welches Szenario für den Gesamtmarkt am wahrscheinlichsten ist – und welche Sektoren davon potenziell profitieren könnten.“
Welche Branchen könnten vom Iran-Israel-Konflikt profitieren? Hier kommt es vor allem auf eines an: Wahrscheinlichkeiten richtig einzuordnen – nicht bloße Möglichkeiten.
„Wer erfolgreich investieren will, versucht nicht, den Markt von morgen zu erraten. Stattdessen geht es darum, in Szenarien zu denken, Wahrscheinlichkeiten abzuwägen und entsprechend vorbereitet zu sein.“
Mit anderen Worten: Wer heute davon ausgeht, dass der Iran-Israel-Konflikt eine dauerhaft hohe Volatilität nach sich ziehen wird, wird sich womöglich täuschen. Märkte verändern sich ständig – das ist keine Ausnahme, sondern die Regel. Deshalb betonen wir immer wieder: Risikomanagement, Umschichtung, Gewinnmitnahmen und eine durchdachte strategische Allokation sind entscheidend.
Ein gut strukturiertes Portfolio, das mögliche Abwärtsrisiken, unterschiedliche Konjunkturverläufe und Sicherheitsmargen berücksichtigt, hilft dabei, auch in unruhigen Zeiten ruhig zu bleiben. Denn am Ende ist das Einzige, was Anleger fürchten sollten – die Angst selbst.
„Fakt ist: Emotionale Entscheidungen führen meistens zu schlechteren Ergebnissen als ein kühler, faktenbasierter Ansatz. Volatilität kann man nicht ausschalten – aber man kann lernen, besser auf sie zu reagieren.“
Und was ist – mit Blick auf die aktuelle Überkauftheit der Märkte – der historisch wahrscheinlichste Verlauf des aktuellen Nahost-Konflikts?
Wenn sich der Konflikt verschärft oder auf Nachbarregionen ausweitet, könnten die Aktienmärkte weiter unter Druck geraten. In diesem Fall wären Rückgänge von 3 % bis 5 % bei US-Aktien realistisch – insbesondere dann, wenn sich der Ölpreis weiter in Richtung 80 bis 90 US-Dollar pro Barrel bewegt.
Ein Rückgang von etwa 5 % im Gesamtmarkt könnte technisch gesehen Unterstützung beim 50-Tage-Durchschnitt (50-DMA) finden.
Aber auch wenn sich die Märkte angesichts geopolitischer Spannungen und steigender Rohstoffpreise abschwächen sollten – in bestimmten Sektoren könnten sich gerade dann interessante Chancen auftun.
- Energie: Kurzfristig mit starkem Potenzial: Höhere Öl- und Gaspreise spielen den großen Produzenten, Pipelinebetreibern und Dienstleistern im Energiesektor in die Karten.
- Verteidigung & Luft- und Raumfahrt: Steigende Militärausgaben dürften vor allem großen US-Rüstungskonzernen, Cybersicherheitsunternehmen und Anbietern nachrichtendienstlicher Technologien zugutekommen.
- Versorgungs- und Infrastrukturunternehmen: Nach einem Konflikt könnten staatliche Ausgabenprogramme anziehen – profitieren würden dann Versorger sowie Unternehmen, die am Wiederaufbau von Infrastruktur beteiligt sind.
- Sichere Häfen: In Krisenzeiten steigt die Nachfrage nach klassischen „Safe-Haven“-Anlagen – darunter insbesondere US-Staatsanleihen und Edelmetalle wie Gold.
- Zyklische Sektoren bleiben unter Druck. Bereiche wie Reisen, Freizeit, zyklische Konsumgüter und Fluggesellschaften (NYSE:JETS) dürften weiterhin mit Gegenwind zu kämpfen haben.
- Technologie und Kommunikation: Auch wenn Tech als volatiler Sektor gilt, könnten Unternehmen mit soliden Fundamentaldaten weiter gut abschneiden – vorausgesetzt, die globalen Lieferketten bleiben intakt.
Fazit und wichtigste Aspekte für Anleger
Höhere Energiepreise könnten zu einem Stolperstein für die geldpolitischen Pläne der Zentralbanken werden – insbesondere, was mittelfristige Zinssenkungen betrifft.
Nach vier Monaten mit rückläufiger Inflation werden die Erwartungen an den Märkten allmählich vorsichtiger. Doch klar ist auch: Steigende Ölpreise schlagen schneller auf die Inflation durch, als vielen lieb ist – denn Energie ist ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Konsums und damit ein zentraler Faktor im Verbraucherpreisindex (VPI).
Die US-Notenbank (Fed) hat bereits vorsichtigere Töne angeschlagen. Sollte die ölpreisbedingte Inflation anhalten, könnten geplante Zinssenkungen bis Ende des vierten Quartals 2025 oder sogar bis Anfang 2026 verschoben werden. Solche Verzögerungen hätten Folgen: Die Märkte könnten volatiler werden, wenn Anleger gezwungen sind, ihre Gewinnerwartungen nach unten zu korrigieren – insbesondere wegen der dann vermutlich schwächeren Konsumausgaben.
Kurzfristig ist also mit Schwankungen zu rechnen. Aber langfristig zeigt die Erfahrung: Die Aktienmärkte haben sich nach geopolitischen Spannungen oft erstaunlich schnell erholt – sobald sich die Lage beruhigte. Sollten diplomatische Bemühungen zu einem Waffenstillstand führen oder beide Seiten militärisch zurückrudern, könnten sich die globalen Indizes rasch stabilisieren.
Drei Dinge sollten Anleger jetzt besonders im Blick behalten:
-
die Entwicklung der Ölpreise
-
das Tempo geldpolitischer Anpassungen durch die Zentralbanken
-
und das übergeordnete wirtschaftliche Umfeld
Und nochmals zum Thema Risikomanagement: Ja, einige Sektoren profitieren kurzfristig von geopolitischer Eskalation. Aber wenn sich die Lage entspannt, verliert auch das Anlegerinteresse an diesen Bereichen meist sehr schnell. Deshalb gilt: Gewinne sichern – und frühzeitig umschichten in Unternehmen, die vom Wiederaufbau profitieren könnten.
Friedensverhandlungen bringen oft Investitionen mit sich, etwa für den Wiederaufbau von Energieversorgung, Straßen, Stromnetzen und Telekommunikation. Industrie- und Werkstoffunternehmen könnten in einer solchen Phase besonders gefragt sein.
Der Iran-Israel-Konflikt folgt einem bekannten Muster:
-
zunächst ein Schockmoment,
-
anschließend eine Outperformance defensiver Sektoren,
-
und schließlich – sofern sich die Lage entspannt – eine Erholungsphase an den Märkten.
Zweifellos bleibt ein gewisses geopolitisches Risiko bestehen. Aber die Geschichte zeigt auch, dass viele dieser Eskalationen nicht von Dauer sind.
Der wichtigste Punkt für Anleger: Diesen Konflikt nicht automatisch zum „Extremrisiko“ hochstufen. Denn eines ist klar – und sollte inzwischen allgemein bekannt sein:
"Emotionale Reaktionen auf kurzfristige Marktbewegungen sind der größte Feind langfristig erfolgreicher Investments."