von Wolfgang Müller
Der erfolgreichste Investor aller Zeiten, Warren Buffett, wird von vielen bewundert, aber auch von manchen belächelt. Vorwiegend von Jüngeren, die an eine neue Form des Investings glauben, an neue Techniken, an eine neue Zeit. Es gibt sicherlich die technischen Neuerungen, die unser Leben revolutionieren – aber es gibt Dinge, die ewig Gültigkeit haben. Zum Beispiel die Finanzmathematik. Egal wie gut ein Investor kurzfristig agiert, mit welchem Risiko er es auf Traumrenditen bringt, eine gute langfristige Entwicklung bleibt unschlagbar. Wie es zwei Seiten des aktuellen Aktionärsbriefs der Investorenlegende Warren Buffett beweisen.
Warren Buffett: Das Dokument des langfristigen Erfolgs
Letzte Woche war es eine große Schlagzeile in den Wirtschaftsnachrichten: Das Privatvermögen des legendären Investors Warren Buffett hat die 100 Milliarden Dollar-Grenze überschritten. Er befindet sich damit weiter unter den Top 5 der reichsten Menschen, obwohl des Orakel von Omaha seit 2006 schon 41 Milliarden Dollar in Stiftungen eingebracht hat. Wie viele Manager haben schon versucht, die Value-Strategie von Buffett zu kopieren, der bis vor Kurzem seine Aktien in der Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway im Schnitt über 10 Jahre hielt? Geht heutzutage nicht mehr, wird von vielen als Argument eingebracht, um die Strategie zu kritisieren. Stimmt natürlich im Hightech-Bereich, aber sonst?
Die fünf größten Positionen von Berkshire Hathaway im Firmenanteil – American Express (NYSE:AXP): 18,8 Prozent, Bank of America (NYSE:BAC): 11,9 Prozent, US Bancorp (NYSE:USB): 9,8 Prozent, Coca Cola (NYSE:KO): 9,3 Prozent, Apple (NASDAQ:AAPL): 5,4 Prozent – existieren zum größten Teil schon seit dem 19. Jahrhundert, außer Apple, welches mit seinem Gründungsjahr von 1976 fast schon ein junges Alter aufweist.
Warum der Sprung in der Vermögensliste von Forbes? Es ist natürlich die gerade laufendende Branchenrotation von Growth (NYSE:IVW) zu Value (NYSE:IVE), von der Berkshire Hathaway profitiert, nach Jahren des Hinterherhinkens. Seit Jahresanfang liegt das Portfolio von Warren Buffett mit 16 Prozent im Plus, der S&P 500 um sieben Prozent, obwohl es die letzten Tage bei der Beteiligungsgesellschaft zu Gewinnmitnahmen kam.
Die Aufstellung der Superlative, seit 1965
Was für eine überragende Performance und der Prototyp für die Umsetzung des Zinseszinseffekts in seiner gewaltigsten Auswirkung in einem langen Menschenleben.
Um zu so einer Performance zu kommen, muss man entweder das Genie (und das Glück) eines Bill Gates oder Jeff Bezos besitzen oder mit mit der Aktienanlage sehr früh beginnen und diese lange halten – erst dann kommt der überragende Effekt des Zinseszinses.
Ganz nebenbei: Selbiges passiert auch mit Schulden, wenn man diese bei hohen Zinsen und ohne Tilgung laufen ließe (theoretisch).
Hier ein Langzeitvergleich zwischen S&P 500 und Berkshire:
Von 1965 bis Ende 2000
- S&P 500: 10,2 Prozent per annum
- Berkshire (NYSE:BRKa): 20 Prozent
- S&P 500: 23.454 Prozent gesamt
- Berkshire: 2.812.536 Prozent
- Oder anders ausgedrückt: 2,81 Millionen Prozent.
Der Kurs der ungesplitteten A-Aktie von Berkhire stieg von 12 Dollar (1965) auf zuletzt sogar 407.750 Dollar. Damit wurde auch schon die 3-Millionen-Marke geknackt. Warren Buffett besitzt ein Sechstel der Aktien dieser Gesellschaft, exakt 2498.734 Stück.
Das ist also ein extremes und nachprüfbares Beispiel des Zinseszinseffekts, dem achten Weltwunder.
Nicht zu vergessen: In dieser langen Anlageperiode gab es den Vietnamkrieg, die Ölpreiskrise in den 1970-ern, den kalten Krieg, den berühmten schwarzen Montag im Jahr 1987, das Platzen der Internet-Bubble, die Finanzkrise und die Corona-Krise.
Fazit
Ein legendärer Spruch von Albert Einstein lautet: „Der Zinseszins ist das achte Weltwunder. Wer ihn versteht, der verdient daran, alle anderen bezahlen dafür.“
Diesen Zusammenhang hat das Orakel von Omaha Zeit seines Lebens begriffen und verinnerlicht, die obige Depotentwicklung beweist dies eindrucksvoll. Sicherlich sind 20 Prozent Rendite per annum und über einen längeren Zeitraum, aufgrund der Zinsentwicklung, sicher nicht wiederholbar, aber selbst bei acht Prozent geschieht nach langer Zeit Verwunderliches.
Wobei wir wieder einmal bei einem Spruch von Warren Buffett wären: „Das meiste Geld habe ich auf meinem Hintern verdient.“ Viele und vor allem jüngere Anleger wollen nicht lange warten und versuchen mit den Möglichkeiten des Internets, über Daytrading und dem Einsatz von Hebel und Kredit diese Regel zu umgehen. Es wird der Masse aber auch heute nicht gelingen, wie vor 100 oder 50 Jahren, ob mit oder ohne Technik. Time will tell!