Der Blick aus Zürich
Konsum ist das, was die Räder in den USA bewegt. Dass die Amerikaner viel konsumieren, weiß die ganze Welt. Wie viel genau und was das in absoluten Zahlen bedeutet, wissen jedoch die wenigsten. Wer sich die Zahlen im Detail ansieht, wird erstaunt sein. Und dann auch verstehen, warum die amerikanischen Einzelhandelsaktien derzeit durch die Decke gehen, nachdem Trump neue Steuersenkungen versprochen hat.
Der starke Konsum der Amerikaner ist keine neue Erscheinung, sondern ist seit vielen Dekaden Tradition. Die Statistiken reichen bis zum März 1947 zurück und seither macht der Konsum im Durchschnitt 63,4 % des Bruttoinlandsprodukts aus. Zuletzt mit einer steigenden Tendenz. Im Sommer 2024 lag die Quote bei 67,7 %. Aber was macht das konkret auf Heller und Pfennig aus?
Der jährliche amerikanische Konsum beträgt rund 13 Billionen US-Dollar. Deutsche „Billionen“ bzw. amerikanische „Trillion“. Das ist eine Zahl mit 12 Nullen (13.000.000.000.000 US-Dollar). Wohlgemerkt nur für Konsum. Investitionen sind hier nicht mit eingerechnet.
Neu ist das natürlich nicht. Die hohe Anziehungskraft der USA als Absatzmarkt für heimische und ausländische Unternehmen strahlt seit Langem in die ganze Welt hinaus. Aber was ist, wenn den privaten Haushalten in Zukunft auf einmal deutlich mehr Geld zur Verfügung steht? Dann wird der Kuchen für alle auf einen Schlag größer. Wo stehen wir heute?
Amerikaner konsumieren jährlich 13.000.000.000.000 US-Dollar
Die privaten Haushalte in den USA genießen heute bereits das zweithöchste frei verfügbare Einkommen (Median) der Welt. Kaufkraftbereinigt lag es zuletzt (Jahr 2021) bei 48.625 US-Dollar pro Jahr. Nur Luxemburg schlägt die Amerikaner, wobei der Vergleich natürlich hinkt. Bedenkt man, dass die USA rund ein Viertel der globalen Gesamtwirtschaft vertreten, siegt Luxemburg in diesem Vergleich zwar auf dem Papier, aber in der Praxis interessieren sich die Unternehmen vor allem für die USA als Absatzmarkt und weniger für Luxemburg.
Die privaten deutschen Haushalte liegen im Vergleich nicht schlecht. Ihr frei verfügbares Einkommen entspricht aber mit dem 11. Platz nicht dem Rang, den die deutsche Wirtschaft in der Welt hat, wo man hinter den USA, China und Japan auf Platz 4 liegt. Statt also nur geringfügig weniger frei verfügbares Einkommen als die Amerikaner zu haben, muss man sich kaufkraftbereinigt gleich mit -27 % weniger im Jahr zufriedengeben.
Im Gegensatz zur deutschen wird sich die amerikanische Politik unter der kommenden Trump-Administration sehr stark auf Steuersenkungen fokussieren. Insbesondere für Unternehmen und Leistungsträger, aber halt auch für die breite Masse. Wie hoch die Steuersenkungen ausfallen werden, steht noch nicht exakt fest und wird letztlich auch Verhandlungssache zwischen dem Weißen Haus und dem Kongress sein. So gut wie fest steht jedoch, dass die privaten Haushalte in den USA in Zukunft mit einer geringeren Steuerlast und damit mit einem Anstieg des frei verfügbaren Einkommens rechnen können. Was macht das konkret aus?
Steuersenkungen sind positiv für den Konsum
Selbst eine Erhöhung des frei verfügbaren Einkommens um nur 1 % würde zu einem zusätzlichen Konsum von 130 Mrd. US-Dollar für die US-Wirtschaft führen. Steigt das frei verfügbare Einkommen durch die Steuersenkungen um 8 % und mehr, dann steigt der Konsum in den USA theoretisch um 1 Billion US-Dollar und mehr an.
Die amerikanischen Einzelhändler haben exakt diese Rechnung gemacht und bereits Dollar-Zeichen in den Augen. Genau wie die Wall Street, die bereits begonnen hat, eine höhere Bewertung bei den Aktien der Einzelhändler einzupreisen. Noch weiß niemand, wie groß die Auswirkungen sein werden (und ob sie überhaupt kommen), aber die Börse ist sich sicher genug, dass der Einzelhandel stark von den erwarteten Steuerentlastungen profitieren wird, was heute bereits einen Anstieg der Bewertungen rechtfertigt. Die sind heute zwar sehr hoch, werden aber voraussichtlich in Zukunft fair sein, wenn die privaten Haushalte wirklich mehr ausgeben.
Deutlich zu erkennen ist der Trend im Verlauf des SPDR S&P Retail ETF. Der ETF ist sehr breit im amerikanischen Einzelhandelsgeschäft aufgestellt und zeigt damit den Grundtrend an der Börse auf. Wer ein Pure Play auf die Einzelhändler möchte, der kommt nicht drumherum, die Einzelaktien zu kaufen, wozu in jedem Fall Amazon (NASDAQ:AMZN), Costco (NASDAQ:COST), Home Depot (NYSE:HD), Kroger (NYSE:KR), Ross Stores (NASDAQ:ROST), Sysco (NYSE:SYY) und Walmart (NYSE:WMT) zu zählen sind. Noch ist natürlich alles Spekulation.
Die Equity-Story hängt im Wesentlichen daran, ob die Trump-Administration ihre Wahlversprechen (ganz oder zum Teil) einhält und die Steuern senkt. Den Beweis dafür bekommen wir frühestens ab dem 20. Januar 2025, wo dann zu überprüfen ist, ob die hohen Bewertungen für die amerikanischen Einzelhandelsaktien wirklich gerechtfertigt sind. Wenn Sie zu dem Thema auf dem Laufenden bleiben wollen, dann lesen Sie bitte den Zürcher Finanzbrief.
Ein Artikel von
Mikey Fritz
Chefredakteur Zürcher Finanzbrief