"Die Ölpreise sind das ganze Frühjahr über stetig gestiegen, mit WTI um mehr als 20 USD pro Fass teurer, gegenüber den Tiefstständen von Anfang Winter. Aber werden sie nicht zu optimistisch, dass Angebot und Nachfrage sich aneinander annähern.
Im Dunkeln liegt ein gewaltiges aufgestautes Angebot von Schieferöl in den USA, das nur darauf wartet an den Markt zu kommen, in der Form von gebohrten aber nicht fertiggestellten (drilled but uncompleted, DUC) Ölquellen”.
Das sind die ersten Zeilen einer Geschichte mit dem Titel “US-Schieferöl ist eine Zeitbombe für die Preiserholung” von JW Energy.
Bemerkenswert hieran ist, dass der Artikel nicht aus dieser Woche stammt.
Er wurde im Sommer 2016 veröffentlicht.
So erstaunlich wie das Comeback am Ölmarkt seit Dezember ist, genauso fesselnd sind die Sturmwolken, die über dem Markt aufgezogen sind, als die Pessimisten auf die immer vorhandene Bedrohung einer Rückkehr von Schieferöl an den Markt verweisen, die die Angebotsverknappung von Saudis und Russen zunichte machen könnte.
Und zentral für diese Rückkehr des Schieferöls könnten die DUCs sein—die gleichen stillen Akteure wie bei der Achterbahn von 2014 - 2017. Damals wie heute waren die gebohrten aber nicht fertiggestellten Quellen tickende Zeitbomben für die Ölpreisrallye, die die Bohrfirmen anspornten ihre begonnenen Projekte fertigzustellen, sobald der Preis und das restliche Umfeld richtig waren.
Daten von der US-Energieinformationsagentur (Energy Information Administration, EIA) zeigen, dass die Anzahl der DUCs im Februar ein neues Rekordhoch von 8.504 erreicht hat.
Und dann im vergangenen Monat ging ihre Zahl zum ersten Mal in vier Jahren zurück, auch wenn die Veränderung wenig bedeutend war. Im März bohrten die Produzenten 1.388 neue Quellen und stellten 1.392 fertig—was weitere vier aus dem DUC-Bestand entnahm, der auf 8.500 vom vorigen Rekordniveau von 8.504 fiel.
Schieferölfirmen könnten jetzt Zurückhaltung zeigen, aber das wird nicht lange so bleiben
Trotz der Preisrallye von 40% vom US-Benchmarkt West Texas Intermediate in diesem Jahr, haben die Schieferölfirmen sich überraschend zurückhaltend gezeigt, mehr Öl als notwendig an den Markt zu bringen. Viele haben in lebhafter Erinnerung eine Branche voller Pleiten, wie während des Preiskollaps vor vier Jahren—und wissen wie wenig Banken und Anleger dies verzeihen würden, sollte es nochmal dazu kommen. Daher haben sie Dividenden für Investoren und Cashflow diesmal den Vorrang eingeräumt, zur Enttäuschung von Ölbären, die erwartet hatten, dass die Schieferölförderung hochschießen und die Rallye stoppen würde, sobald WTI über 50 USD das Fass steigt.
Abgesehen von einer leichten Korrektur ist die Aufwärtsbewegung von Rohöl in den vergangenen zwei Monaten weitgehend intakt geblieben, als der US-Benchmark sich im frühen Handel am Dienstag in Asien über 63 USD halten konnte.
Aber die jüngsten Schätzungen der EIA zeigen, dass die US-Ölförderung ansteigen könnte.
Die Produktion in den sieben großen Schieferölgebieten des Landes soll im Mai um rund 80.000 Fass am Tag (barrels per day, bpd) ansteigen auf einen Rekordwert von 8,46 Mio bpd, sagt die Agentur. Die gesamte Förderung einschließlich der Vorkommen außerhalb der Schieferölgebiete erreicht im letzten Monat ein Rekordhoch von 12,2 Mio bpd. Die Rohölexporte erreichten im März ebenfalls ein Rekordhoch von 3,6 Mio bpd.
Für Industrieveteranen wie John Kilduff sind dies Anzeichen, dass US-Schieferöl sich mit Getöse zurückmelden könnte, besonders sobald ein Netzwerk neuer Pipelines bis Jahresende fertiggestellt ist, das mehr Ölproduktion aus dem Land transportieren könnte und mehr DUCs ins Spiel bringen könnte.
Kilduff, Gründungspartner beim New Yorker Energiehedgefonds Again Capital, sagt:
“DUCs sind keine weißen Elefanten, die nie in Betrieb gehen werden.”
“Die Zunahme der DUC-Kapazität ist ein Anzeichen für die zunehmende Kapitaldisziplin in der Schieferölindustrie, in der Firmen unter Druck durch die Investoren stehen, die Renditen zu verbessern. Offensichtlich, die Gesamtproduktion bleibt im Aufwärtstrend und wenn neue Pipelinekapazitäten in diesem Jahr noch verfügbar werden, dann werden mehr DUCs in Betrieb gehen.
Permisches Becken könnte mehr als Mio bpd von DUCs vorhalten
Von den 8.500 DUCs insgesamt, befinden sich rund die Hälfte im Permischen Becken, das sich über Teile von Texas und New Mexico erstreckt und derzeit das aktivste Bohrgebiet der Welt ist. Die DUC-Raten in der Region haben seit 2014 ein explosives Wachstum von mehr als 400% verzeichnet. Und es ist hier, wo Supermajors wie Exxon (NYSE:XOM) und die neu fusionierte Chevron (NYSE:CVX)-Anadarko (NYSE:APC) erwarten, zweistellige Gewinne bei Rohöl zu sehen, das hier so billig wie zu 35 USD das Fass gefördert werden kann.
Selbst wenn die Initialproduktion im Permischen Becken einer fertiggestellten DUC im Durchschnitt nur 500 bpd beträgt—und das ist eine eher konservative Annahme—dann gibt es allein im Becken mindestens 2 Mio bpd an neuem Öl in der Warteschleife.
Wie Tariq Zahir, von auf Öl fokussierten Tyche Capital Advisors Fonds aus New York meint:
“Mit dem Beginn der Fahrsaison und sollten die Preise am oberen Ende der Schätzungen bleiben und die Schieferölkosten niedrig bleiben, besonders im Permischen Becken, dann könnten DUCs relativ schnell in Betrieb gehen.”
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