Vorsicht bei Hensoldt: JPMorgan Kursziel – das solltest du unbedingt wissen!
Dass das DOGE-Programm die angepeilten Einsparziele deutlich verfehlt hat, zeigt, wie groß die Hürden wirklich sind, wenn es darum geht, die Staatsausgaben zu senken und das Defizit abzubauen. Gleichzeitig wirft das die Frage auf, ob es nicht wirksamer wäre, statt immer nur an den Ausgaben zu drehen, die Einnahmeseite – also die Steuern – in den Blick zu nehmen.
Deshalb stellen wir eine einfache hypothetische Frage: Was wäre, wenn die Regierung über Nacht die Steuern verdoppeln würde?
Auch wenn wir höhere Defizite nicht grundsätzlich gutheißen, soll dieser Artikel helfen, ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, dass Haushaltsdefizite nicht isoliert betrachtet werden sollten – sie stehen im Zusammenhang mit Überschüssen und Defiziten im privaten und öffentlichen Sektor insgesamt.
Vielleicht sehen Sie das Thema Defizit nach der Lektüre dieses Artikels ja in einem neuen Licht.
Was wäre, wenn?
Was würde passieren, wenn sich der Präsident und der Kongress tatsächlich darauf verständigen würden, die Steuersätze für alle Steuerpflichtigen über Nacht zu verdoppeln?
Bevor Sie weiterlesen: Überlegen Sie selbst kurz – welche Auswirkungen hätte so eine Maßnahme auf das Haushaltsdefizit, auf die wirtschaftliche Aktivität und auf die Inflation?
Unsere Einschätzungen dazu finden Sie im folgenden Abschnitt.
Defizite
Das Haushaltsdefizit für das am 30. September 2024 endende Fiskaljahr liegt bei 1,832 Billionen USD. Im selben Zeitraum nahm der Staat durch Einkommenssteuern 2,394 Billionen USD ein. Hätte man die Steuern verdoppelt – und angenommen, alle anderen Faktoren hätten sich nicht verändert –, hätte das einen Überschuss von 561 Milliarden USD ergeben.
Problem gelöst? Könnte man meinen.
Die Grafik unten zeigt: Wären die Steuern in den letzten 45 Jahren jeweils doppelt so hoch gewesen, hätte der Staat in 40 dieser Jahre einen Haushaltsüberschuss erzielt. Nur fünf Jahre wären weiterhin im Minus geblieben. Aber nochmal: Das Ganze basiert auf der unrealistischen Annahme, dass sich sonst nichts verändert hätte.
Wirtschaftliche Aktivität
Wenn wir über das Defizit sprechen, müssen wir natürlich einräumen, dass die Annahme einer Steuerverdopplung ohne Auswirkungen auf andere Bereiche nicht wirklich realistisch ist. In Wahrheit würde sich fast jede andere Variable, die zur Berechnung des Defizits herangezogen wird, deutlich verändern, sobald die Steuern steigen.
Denn wenn den Menschen durch höhere Steuern plötzlich deutlich weniger Einkommen zur Verfügung steht, geben sie entsprechend auch weniger aus. In den vergangenen Jahren machte der private Konsum rund 80 % des persönlichen Einkommens aus – ein sehr hoher Anteil. Und wie wir schon in unserem Artikel „Der Wohlstandseffekt funktioniert nicht immer“ festgehalten haben:
„Die Verbraucher werden wahrscheinlich insgesamt 61 Cent von jedem USD, den sie zusätzlich verdienen, ausgeben. Der Begriff des Einkommens bezieht sich auf Gehälter und Bonuszahlungen sowie auf staatliche Leistungen wie niedrigere Steuern und Konjunkturzahlungen.“
Was genau eine Verdoppelung der Steuern mit dem privaten Konsum machen würde, lässt sich zwar nicht exakt vorhersagen – aber klar ist: Die Verbraucher hätten auf einen Schlag 2,4 Bio. USD weniger zur Verfügung. Wenn wir davon ausgehen, dass sie weiterhin 80 % ihres Einkommens ausgeben, würde das bedeuten, dass rund 1,92 Bio. USD weniger in den Konsum fließen würden.
Rechnen wir mit der 61-%-Quote, die sich auf marginale Einkommensveränderungen bezieht, wären es etwa 1,46 Bio. USD weniger Konsumausgaben.
Da der Konsum der privaten Haushalte etwa zwei Drittel des BIP ausmacht, würde dieser Rückgang einen deutlichen Einbruch im Wirtschaftswachstum bedeuten – je nach Schätzung zwischen 5,0 % und 6,5 % negativ. Eine solche Schrumpfung der Wirtschaft hat es in den USA seit der Großen Depression nur ein einziges Mal gegeben – im zweiten Quartal 2020, als die Pandemie die Weltwirtschaft weitgehend zum Stillstand brachte.
Und das ist nur ein Teil der Geschichte. Gehen wir gedanklich einen Schritt weiter: Wie würden Unternehmen auf einen so drastischen Einbruch bei Nachfrage und Einnahmen reagieren? Wahrscheinlich mit Stellenabbau – was wiederum dazu führen würde, dass die Verbraucher noch weniger Geld zur Verfügung hätten.
Am Ende würden durch die höhere Arbeitslosigkeit auch die Steuereinnahmen sinken – sodass der anfangs berechnete Haushaltsüberschuss womöglich gar nicht mehr zustande käme.
Inflation
Die Auswirkungen höherer Steuern auf die Inflation lassen sich relativ klar einordnen. Auch wenn sich der genaue Effekt nicht beziffern lässt, gilt eine grundlegende Erkenntnis aus der Einführung in die Volkswirtschaftslehre: Preise entstehen durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage.
Die Grafik unten zeigt, was passiert, wenn die Steuern steigen – die Nachfrage würde sinken.
Konkret heißt das: Die Nachfragekurve (grün) verschiebt sich nach links. Der Gleichgewichtspreis fällt entsprechend – von P2 auf P1. Wie stark diese Verschiebung genau ausfällt, lässt sich schwer sagen. Aber eines ist ziemlich sicher: Die meisten Ökonomen würden zustimmen, dass sich die Inflation unter diesen Bedingungen abschwächen würde.
Finanzielle Gegenpole: Staat und Privathaushalte
Ziel dieses Artikels war es nicht, die genauen Auswirkungen einer Steuererhöhung durchzurechnen, sondern eine andere Perspektive auf die Debatte rund ums Staatsdefizit zu eröffnen. Ja – hohe Defizite sind langfristig problematisch und nicht tragfähig. Aber wie bereits erwähnt, kann ein Haushaltsüberschuss kurzfristig ebenfalls erheblichen wirtschaftlichen Schaden anrichten.
Ein zentrales Konzept dabei ist die sogenannte sektorale Saldenbilanz – ein Grundprinzip der volkswirtschaftlichen Buchführung. Sie besagt: Die Salden des öffentlichen, privaten und ausländischen Sektors müssen sich immer zu null addieren. Man kann sich das wie eine Waage vorstellen – wenn eine Seite steigt, sinkt die andere. Im Durchschnitt bleibt alles im Gleichgewicht, die Summe der Veränderungen ist immer null.
Für diese Betrachtung blenden wir den ausländischen Sektor aus.
Schaut man auf die vergangenen fünf Jahrzehnte, zeigt sich ein klares Muster: Der Staat wies meist ein Defizit auf, während der private Sektor einen Überschuss erwirtschaftete. Einfach gesagt: Wenn der Staat Schulden macht, fließt dieses Geld in irgendeiner Form in den privaten Sektor – sei es durch Ausgaben, Subventionen oder Investitionen.
Im Gegenzug fließt ein Teil dieses Geldes vom privaten Sektor auch wieder zurück an den Staat – etwa in Form von Steuern oder durch den Kauf von Staatsanleihen. Das bedeutet: Staatliche Kreditaufnahme kann wirtschaftliche Aktivität ankurbeln. Wird dagegen ein größerer Teil des privaten Geldes zur Finanzierung des Staates verwendet, fehlt dieses Kapital für Konsum oder Investitionen – was wiederum die wirtschaftliche Dynamik bremst.
Sparmaßnahmen der Regierung haben ihren Preis
Andersherum betrachtet: Wenn der Staat einen Überschuss erzielt, verlagert sich die Verantwortung für das Wirtschaftswachstum auf den privaten Sektor. In so einem Fall müssen Haushalte und Unternehmen mehr Kredite aufnehmen oder ihre Ersparnisse angreifen, um die wirtschaftliche Aktivität am Laufen zu halten.
Ein gutes Beispiel dafür ist die europäische Schuldenkrise im Jahr 2012. Damals reagierten viele Länder auf die Finanzkrise von 2008 mit strikten Sparmaßnahmen. Ziel war es, die Staatsdefizite zu senken – doch das hatte Folgen: Die Einkommen von Haushalten und Unternehmen gingen zurück. Der private Sektor hatte also nur zwei Optionen – mehr Schulden machen, um den Konsum aufrechtzuerhalten, oder die Ausgaben kürzen. Beides wirkte sich negativ auf die Konjunktur aus und verschärfte die Rezessionen in mehreren Ländern.
Langfristig gesehen ist es grundsätzlich positiv, wenn mehr wirtschaftliche Verantwortung auf den privaten Sektor übergeht. Denn Kapital wird dort in der Regel effizienter und produktiver eingesetzt als im öffentlichen Sektor. Kurzfristig aber kann dieser Übergang sehr schmerzhaft sein – für Unternehmen, für Haushalte und für die gesamte Volkswirtschaft.
Fazit
Als Amerikaner müssen wir uns in der Debatte um das Haushaltsdefizit eine grundsätzliche Frage stellen:
Wollen wir unsere Wirtschaft langfristig stärker und produktiver machen – und dafür in Kauf nehmen, dass es kurzfristig zu wirtschaftlichen Turbulenzen kommt?
Oder wollen wir lieber am aktuellen Steuersystem festhalten, die Kosten für den Aufbau einer solideren wirtschaftlichen Grundlage vermeiden – und dafür in Zukunft mit weniger auskommen?
Das Problem: Viele Politiker denken nicht in Jahrzehnten, sondern in Wahlzyklen. Die nächste Abstimmung zählt mehr als das Wohl der Bürger in zehn oder zwanzig Jahren. Und auch viele wohlhabende Bürger und Unternehmen – die oft als wichtige Geldgeber politisch mitreden – hätten wenig Interesse daran, jetzt Verantwortung zu übernehmen, wenn sie das Problem auch einfach verschieben können.
Die Fragen, die wir oben gestellt haben, sind schwer – keine Frage. Aber hoffentlich ist eines klar geworden: Ja, das Defizit ist ein Problem. Aber es bringt auch kurzfristige Vorteile mit sich. Diese Vorteile kommen allerdings nicht umsonst – sie werden mit einem Preis bezahlt: dem Wohlstand von morgen.