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Christine Lagarde, Präsidentin der EZB, Luis de Guindos, Vizepräsident der EZB

Von Europäische Zentralbank09.06.2022 17:49
 

Amsterdam, den 9. Juni 2022

Guten Tag, der Vizepräsident und ich begrüßen Sie zu unserer Pressekonferenz. Ich möchte mich bei Präsident Knot für seine Gastfreundschaft bedanken und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseren besonderen Dank für die hervorragende Organisation der heutigen Sitzung des EZB-Rats aussprechen.

Hohe Inflation ist eine große Herausforderung für uns alle. Der EZB-Rat wird sicherstellen, dass die Inflation mittelfristig auf unseren Zielwert von 2 % zurückkehrt.

Im Mai zog die Inflation erneut kräftig an, was vor allem auf – auch wegen der Auswirkungen des Krieges – stark steigende Energie- und Nahrungsmittelpreise zurückzuführen ist. Der Inflationsdruck hat jedoch an Breite und Intensität gewonnen, was sich in erheblichen Preissteigerungen bei zahlreichen Waren und Dienstleistungen zeigt. Fachleute des Eurosystems haben ihre Basisprojektionen zur Inflationsentwicklung deutlich nach oben korrigiert. Diese Projektionen deuten darauf hin, dass die Inflation einige Zeit unerwünscht hoch bleiben wird. Langsamer steigende Energiekosten, das Nachlassen pandemiebedingter Lieferengpässe und die Normalisierung der Geldpolitik dürften jedoch dazu führen, dass die Inflation sinkt. Den neuen von Fachleuten des Eurosystems erstellten Projektionen zufolge wird die jährliche Inflationsrate 2022 bei 6,8 % liegen, bevor sie in den Jahren 2023 und 2024 auf 3,5 % bzw. 2,1 % zurückgehen wird. Diese Werte wurden gegenüber den März-Projektionen nach oben korrigiert. Dies bedeutet, dass die Gesamtinflation zum Ende des Projektionszeitraums geringfügig über unserem Zielwert liegen dürfte. Die durchschnittliche Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel wird den Projektionen zufolge 2022 bei 3,3 %, 2023 bei 2,8 % und 2024 bei 2,3 % liegen. Auch dies stellt eine Aufwärtskorrektur im Vergleich zu den März-Projektionen dar.

Der ungerechtfertigte Angriff Russlands auf die Ukraine belastet weiterhin die Wirtschaft in Europa und darüber hinaus. Er beeinträchtigt den Handel, führt zu Materialengpässen und trägt zu hohen Energie- und Rohstoffpreisen bei. Diese Faktoren werden weiterhin das Vertrauen belasten und das Wachstum dämpfen, vor allem auf kurze Sicht. Die Bedingungen für ein weiteres Wirtschaftswachstum sind jedoch gegeben: die andauernde Wiederöffnung der Wirtschaft, eine gute Arbeitsmarktlage, finanzpolitische Unterstützung und während der Pandemie aufgebaute Ersparnisse. Sobald der derzeitige Gegenwind abflaut, dürfte die Wirtschaftstätigkeit wieder anziehen. Dieser Ausblick spiegelt sich weitgehend in den von Fachleuten des Eurosystems erstellten Projektionen wider, denen zufolge die Jahreswachstumsrate des realen BIP im laufenden Jahr bei 2,8 % und 2023 sowie 2024 bei jeweils 2,1 % liegen wird. Gegenüber den März-Projektionen wurde der Ausblick für 2022 und 2023 deutlich nach unten, für 2024 indes nach oben korrigiert.

Auf der Grundlage unserer aktualisierten Beurteilung haben wir weitere Schritte zur Normalisierung unserer Geldpolitik beschlossen. Während dieses Prozesses wird der EZB-Rat bei der Durchführung der Geldpolitik Optionalität, Datenabhängigkeit, Gradualismus und Flexibilität wahren.

1. Wir haben beschlossen, den Nettoerwerb von Vermögenswerten im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme – APP) zum 1. Juli 2022 einzustellen. Der EZB-Rat beabsichtigt, die Tilgungsbeträge der im Rahmen des APP erworbenen Wertpapiere weiterhin bei Fälligkeit für längere Zeit über den Zeitpunkt hinaus, zu dem er mit der Erhöhung der Leitzinsen beginnt, vollumfänglich wieder anzulegen und in jedem Fall so lange wie erforderlich, um reichliche Liquidität zu gewährleisten und einen angemessenen geldpolitischen Kurs aufrechtzuerhalten.

2. Wir haben die Bedingungen sorgfältig überprüft, die gemäß unserer Forward Guidance erfüllt sein sollten, bevor wir mit der Erhöhung der Leitzinsen der EZB beginnen. Infolge dieser Überprüfung ist der EZB-Rat zu dem Schluss gelangt, dass diese Bedingungen erfüllt sind. Dementsprechend, und im Einklang mit der zeitlichen Abfolge unserer geldpolitischen Maßnahmen, beabsichtigen wir, die Leitzinsen der EZB auf unserer geldpolitischen Sitzung im Juli um 25 Basispunkte zu erhöhen.

Wir gehen davon aus, dass wir die EZB-Leitzinsen im September erneut anheben werden. Die Kalibrierung dieser Zinserhöhung wird von den aktualisierten mittelfristigen Inflationsaussichten abhängen. Sollten die mittelfristigen Inflationsaussichten unverändert bleiben oder sich verschlechtern, ist bei unserer September-Sitzung ein größerer Zinsschritt angemessen.

3. Auf Grundlage unserer aktuellen Beurteilung gehen wir davon aus, dass es nach September angemessen sein wird, die Leitzinsen schrittweise, aber nachhaltig weiter anzuheben. Im Einklang mit unserem Bekenntnis zu unserem Zielwert von 2 % auf mittlere Sicht, wird das Tempo, in dem wir unsere Geldpolitik anpassen, von den neu verfügbaren Daten und unserer Beurteilung der mittelfristigen Inflationsentwicklung abhängen.

Unter Stressbedingungen wird Flexibilität innerhalb des Mandats des EZB-Rats auch in Zukunft Bestandteil der Geldpolitik bleiben, wann immer das Erreichen von Preisstabilität durch Gefahren für die geldpolitische Transmission bedroht ist.

Die heute gefassten Beschlüsse werden in einer Pressemitteilung auf unserer Website ausführlich dargelegt.

Ich werde nun näher erläutern, wie sich die Wirtschaft und die Inflation unseres Erachtens entwickeln werden. Anschließend werde ich auf unsere Einschätzung der finanziellen und monetären Bedingungen eingehen.

Wirtschaftstätigkeit

Die Wirtschaftstätigkeit dürfte auf kurze Sicht durch hohe Energiekosten, die Verschlechterung der Terms of Trade, größere Unsicherheit und die negativen Auswirkungen hoher Inflation auf das verfügbare Einkommen gedämpft werden. Der Krieg in der Ukraine sowie die neuerlichen pandemiebedingten Einschränkungen in China haben die Lieferengpässe wieder verschärft. Für Unternehmen führt dies zu höheren Kosten und Lieferkettenstörungen sowie einer Verschlechterung ihrer Produktionsaussichten.

Andere Faktoren stützen hingegen die Wirtschaftstätigkeit, und diese dürften sich in den kommenden Monaten verstärken. Die Wiederöffnung der Sektoren, die von der Pandemie am stärksten betroffen waren, sowie eine gute Arbeitsmarktlage mit höheren Erwerbstätigenzahlen werden die Einkommen und den Konsum weiterhin stützen. Während der Pandemie aufgebaute Ersparnisse stellen zudem einen Puffer dar.

Die Finanzpolitik trägt dazu bei, die Auswirkungen des Krieges abzufedern. Gezielte und befristete haushaltspolitische Maßnahmen können die Hauptleidtragenden von höheren Energiepreisen schützen und gleichzeitig das Risiko einer Verstärkung des Inflationsdrucks begrenzen. Die zügige Umsetzung der Investitions- und Strukturreformpläne im Rahmen des Programms Next Generation EU, des "Fit für 55"-Pakets und des REPowerEU-Plans würde ebenfalls dazu beitragen, dass die Wirtschaft des Euroraums schneller und nachhaltig wächst und gegenüber globalen Schocks widerstandfähiger wird.

Inflation

Die Inflation ist im Mai weiter auf 8,1 % gestiegen. Maßnahmen der Regierungen haben zwar dazu beigetragen, die Teuerung bei den Energiepreisen zu verlangsamen, dennoch liegen diese 39,2 % über dem Vorjahresniveau. Marktbasierte Indikatoren deuten darauf hin, dass die Energiepreise weltweit auf kurze Sicht hoch bleiben, dann aber in gewissem Umfang nachgeben werden. Die Preise für Nahrungsmittel haben im Mai um 7,5 % zugelegt. Dies ist teilweise auf die Bedeutung der Ukraine und Russlands zurückzuführen, die zu den weltweit wichtigsten Erzeugerländern von Agrarprodukten zählen.

Weitere Gründe für den stärkeren Preisauftrieb sind neuerliche Lieferengpässe und die Binnennachfrage, die sich insbesondere im Dienstleistungssektor im Zuge der Wiederöffnung der Wirtschaft erholt. Die Preise steigen nun sektorübergreifend auf breiterer Basis. Dementsprechend sind die Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation weiter gestiegen.

Die Lage am Arbeitsmarkt verbessert sich weiter. So lag die Arbeitslosenquote im April nach wie vor auf ihrem historischen Tiefstand von 6,8 %. Offene Stellen in vielen Sektoren deuten auf eine robuste Nachfrage nach Arbeitskräften hin. Das Lohnwachstum zieht allmählich an, was sich auch in den zukunftsgerichteten Indikatoren widerspiegelt. Die Belebung der Wirtschaft und gewisse Aufholeffekte dürften mit der Zeit ein schnelleres Lohnwachstum begünstigen. Die meisten Messgrößen der längerfristigen Inflationserwartungen, abgeleitet aus den Finanzmarktentwicklungen und der Befragung von Fachleuten, liegen bei rund 2 %. Erste Anzeichen für Korrekturen dieser Messgrößen auf über dem Inflationsziel liegende Werte müssen aber genau beobachtet werden.

Risikobewertung

Die pandemiebedingten Risiken sind zurückgegangen, aber der Krieg stellt weiterhin ein erhebliches Abwärtsrisiko für das Wachstum dar. Insbesondere eine weitere Störung der Energieversorgung des Euroraums wäre ein wesentliches Risiko, was auch im Abwärtsszenario der Projektionen berücksichtigt wird. Sollte der Krieg eskalieren, könnte dies außerdem dazu führen, dass sich das Wirtschaftsklima eintrübt, angebotsseitige Engpässe zunehmen und Energie- und Nahrungsmittelkosten dauerhaft höher bleiben als erwartet.

Was die Inflation betrifft, überwiegen die Aufwärtsrisiken. Die Risiken für die mittelfristigen Inflationsaussichten umfassen eine anhaltende Beeinträchtigung der Produktionskapazität unserer Volkswirtschaft, dauerhaft hohe Energie- und Nahrungsmittelpreise, ein Anstieg der Inflationserwartungen über unseren Zielwert und unerwartet starke Lohnzuwächse. Sollte die Nachfrage jedoch mittelfristig zurückgehen, würde dies den Preisdruck verringern.

Finanzielle und monetäre Bedingungen

Die sich ändernden Aussichten für Inflation und Geldpolitik haben zu höheren Marktzinsen geführt. Angesichts anziehender Referenzzinssätze sind die Refinanzierungskosten der Banken gestiegen, was sich in höheren Bankkreditzinsen, vor allem für private Haushalte, niederschlägt. Dennoch hat die Kreditvergabe an Unternehmen im März zugenommen. Denn vor dem Hintergrund steigender Produktionskosten, anhaltender Lieferengpässe und einer geringeren Inanspruchnahme marktbasierter Finanzierung besteht ein anhaltender Finanzierungsbedarf für Investitionen und Betriebskapital. Die Kreditvergabe an private Haushalte hat sich ebenfalls ausgeweitet, was der weiterhin robusten Nachfrage nach Immobilienkrediten zuzuschreiben ist.

Im Einklang mit unserer geldpolitischen Strategie hat der EZB-Rat seine halbjährliche eingehende Beurteilung der Wechselbeziehung zwischen Geldpolitik und Finanzstabilität vorgenommen. Seit der letzten Beurteilung im Dezember 2021 haben sich die Rahmenbedingungen für die Finanzstabilität vor allem auf kurze Sicht verschlechtert. Insbesondere ein geringeres Wachstum und zunehmender Kostendruck sowie steigende risikofreie Zinssätze und Staatsanleiherenditen könnten die Finanzierungsbedingungen für Kreditnehmer weiter verschlechtern. Gleichzeitig könnten einige bestehende Risiken für die Finanzstabilität durch verschärfte Finanzierungsbedingungen mittelfristig verringert werden. Banken, die das Jahr mit soliden Kapitalpositionen und einer sich verbessernden Qualität ihrer Aktiva begonnen haben, sehen sich nun mit einem größeren Kreditrisiko konfrontiert. Wir werden diese Faktoren genau beobachten. In jedem Fall ist die makroprudenzielle Politik weiterhin die erste Verteidigungslinie, um Finanzstabilität sicherzustellen und mittelfristigen Anfälligkeiten entgegenzusteuern.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der ungerechtfertigte Angriff Russlands auf die Ukraine die Wirtschaft des Euroraums stark in Mitleidenschaft zieht und die Aussichten nach wie vor mit großer Unsicherheit behaftet sind. Die Voraussetzungen dafür, dass sich Wirtschaftswachstum und Erholung mittelfristig weiter fortsetzen, sind jedoch gegeben.

Die Inflation ist unerwünscht hoch und dürfte für einige Zeit über unserem Zielwert liegen. Wir werden sicherstellen, dass die Inflation mittelfristig auf unseren Zielwert von 2 % zurückkehrt. Dementsprechend haben wir weitere Schritte zur Normalisierung unserer Geldpolitik beschlossen. Die Kalibrierung unserer geldpolitischen Maßnahmen wird weiterhin von der Datenlage abhängen und unserer sich verändernden Beurteilung des Ausblicks Rechnung tragen. Wir sind bereit, alle unsere Instrumente im Rahmen unseres Mandats anzupassen und dabei erforderlichenfalls flexibel zu sein, um sicherzustellen, dass sich die Inflation mittelfristig bei unserem Zielwert von 2 % stabilisiert.

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