Einleitende Bemerkungen, Mediengespräch
Ich werde in meinen Bemerkungen zunächst einen Überblick über die Entwicklungen an den Finanzmärkten geben und auf die Situation des Frankens eingehen. Danach möchte ich Sie über die Fortschritte bei der bevorstehenden Umstellung vom Libor auf den SARON als neuen Referenzzinssatz in der Schweiz informieren.
Lage an den Finanzmärkten
Ich beginne mit den Entwicklungen an den Finanzmärkten.
In der zweiten Jahreshälfte hat sich die Stimmung an den Finanzmärkten zeitweise markant eingetrübt, obwohl die Wirtschaftslage in vielen Ländern immer noch gut war. Allerdings schwächten sich die Konjunkturdaten in einigen Regionen etwas ab. Dadurch traten verschiedene Risiken in den Fokus der Investoren. Hierzu gehören neben den Währungsturbulenzen in einigen Schwellenländern und dem Haushaltsstreit zwischen Italien und der EU, vor allem die anhaltenden Sorgen um protektionistische Tendenzen.
Damit ist die Volatilität an den Finanzmärkten seit Mitte Jahr deutlich angestiegen (Abbildung 1). Dies gilt vor allem für die Aktienmärkte, wo es zeitweise zu erheblichen Kursschwankungen kam. Dank starker Konjunkturdaten und eines soliden Wachstums der Unternehmensgewinne schnitten die amerikanischen Börsen besser ab als jene in Europa und in den Schwellenländern (Abbildung 2). So lag der S&P 500, trotz deutlicher Verluste im Oktober, zuletzt nur moderat mit 3% unter dem Wert von Ende Juni. In Europa hat der Stoxx 600 im selben Zeitraum rund 9% verloren. Zur schwachen Entwicklung der europäischen Aktien haben verschiedene Ursachen beigetragen. Die Konjunkturdynamik hat sich zuletzt abgeschwächt und das Wachstum der Unternehmensgewinne blieb im dritten Quartal insgesamt hinter den Erwartungen zurück. Zudem belasteten die starken Währungsturbulenzen in der Türkei und der Haushaltsstreit zwischen Italien und der EU die europäischen Börsen. In der Schweiz konnte der SMI gegenüber dem Stand von Mitte Jahr um rund 1% zulegen. Ausschlaggebend für das überdurchschnittlich gute Abschneiden war die starke Performance im Juli, die in erster Linie auf positive Unternehmensnachrichten im Pharmasektor zurückzuführen war.
An den Zinsmärkten setzte sich die unterschiedliche Entwicklung aufgrund der heterogenen Wachstumsdynamik in den grossen Wirtschaftsregionen seit Mitte Jahr zunächst fort (Abbildung 3). In den USA bestätigte die Notenbank Federal Reserve die Absicht, ihre Politik der graduellen Zinserhöhungen beizubehalten. Vor diesem Hintergrund stiegen die Renditen in den USA weiter an und die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen erreichte Anfang November ein Mehrjahreshoch. Mit der erneuten Eintrübung der Risikostimmung Anfang Dezember bildete sich der Renditeanstieg wieder zurück. Zuletzt lagen die Renditen 10- jähriger US-Staatsanleihen mit knapp 2,9% nahezu auf dem Stand von Ende Juni. In Europa hingegen zeigten sich die Renditen stabiler, so dass die Renditedifferenzen zwischen amerikanischen und europäischen Staatsanleihen im November ebenfalls ein Mehrjahreshoch erreichten. Seither nahmen die Renditedifferenzen aufgrund des stärker ausgeprägten Rückgangs in den USA wieder etwas ab. Die Rendite 10-jähriger Anleihen der Eidgenossenschaft lag zuletzt bei –0,15% und war damit per Saldo gegenüber Mitte Jahr fast unverändert.
Damit komme ich zu den Devisenmärkten. Im Vergleich zu den turbulenten Entwicklungen an den Aktienmärkten handelten die Währungen der grossen Industrieländer in der zweiten Jahreshälfte in relativ engen Bandbreiten. Der US-Dollar konnte dank der guten Konjunktur und steigender Zinsen handelsgewichtet seit Mitte Jahr um 2,5% zulegen. Der handelsgewichtete Euro hingegen hat, unter dem Eindruck der zuletzt schwächeren Wirtschaftsdynamik in der Eurozone und der Unsicherheiten um den italienischen Staatshaushalt, im selben Zeitraum knapp 1% verloren.
Der Franken bleibt weiterhin anfällig auf Änderungen der Risikostimmung an den internationalen Finanzmärkten. In der zweiten Jahreshälfte gewann der Franken moderat um 2,5% an Wert (Abbildung 4). Die Aufwertung ist vor allem auf die Zeit von August bis Mitte September zurückzuführen, als Sorgen um die Schwellenländermärkte und mögliche Folgen für den europäischen Finanzsektor zu einem erneuten Anstieg der Risikoprämien auf europäische Finanztitel führten. Ab Mitte September wertete der Franken dann wieder leicht ab; insbesondere gegenüber dem US-Dollar, der durch den grösseren Zinsvorteil für Anleger attraktiver geworden ist. Zudem stabilisierten sich die Schwellenländerwährungen merklich. Insgesamt belegen die Entwicklungen am Devisenmarkt seit Mitte Jahr, dass die Lage fragil bleibt und der Franken bei erhöhter Unsicherheit als sicherer Hafen gesucht ist. Thomas Jordan hat in seinen Ausführungen zu den Wechselkursen ebenfalls darauf hingewiesen.
Ablösung des Libors durch den SARON
Nun möchte ich Sie über den aktuellen Stand bei der Ablösung des Libors durch den SARON als Referenzzinssatz informieren. Seitdem der britische Finanzaufseher angekündigt hat, dass er den Fortbestand des Libors ab Ende 2021 nicht mehr gewährleisten wird, stand dieses Thema vermehrt im Interesse der Öffentlichkeit. Für alle Währungen, in denen es den Libor als Referenzzinssatz gibt, wurden mittlerweile alternative Referenzzinssätze identifiziert. In der Schweiz erarbeitet die «Nationale Arbeitsgruppe für Referenzzinssätze in Franken» Empfehlungen für einen reibungslosen Übergang. In dieser Arbeitsgruppe sind viele massgebliche Marktteilnehmer vertreten. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat gemeinsam mit einem Vertreter des Privatsektors den Vorsitz inne. Sie übernimmt in erster Linie die Rolle eines Moderators und führt das Sekretariat.1 Zudem stellt die SNB die Verbindung zu internationalen Gremien sicher. Diese arbeiten an Empfehlungen zur Reform der Referenzzinssätze und stellen sicher, dass der Übergang koordiniert erfolgt.
Im Oktober 2017 empfahl die Nationale Arbeitsgruppe den besicherten Tagesgeldzinssatz SARON als Alternative zum Franken-Libor. Als Referenzzins hat der SARON bereits an Bedeutung gewonnen. Im Verlauf des Jahres 2017 entstand eine Zinskurve basierend auf Swapgeschäften, die auf den SARON referenzieren. Das ausstehende Volumen ist zwar noch deutlich geringer als im entsprechenden Libor-basierten Markt. Mit der zunehmenden Verwendung des SARON in Kreditverträgen wird jedoch der Bedarf nach entsprechender Zinsabsicherung steigen. Somit sollte die SARON-basierte Kurve künftig an Bedeutung gewinnen. Dieses Zusammenspiel zwischen Kreditprodukten und Zinsabsicherungsgeschäften ist für den Übergang vom Libor zum SARON von grosser Bedeutung.
In diesem Jahr beschäftigte sich die Nationale Arbeitsgruppe für Referenzzinssätze in Franken intensiv mit der Frage, wie ein Tagesgeldzinssatz einen längerfristigen Referenzzinssatz wie den Libor ablösen kann. In Kreditverträgen werden üblicherweise Zinsperioden von drei oder sechs Monaten festgelegt. Bei der Verwendung des Libors steht die fällige Zinszahlung somit bereits am Anfang einer Zinsperiode fest. Beim SARON, einem Tagesgeldzinssatz, ist dies nicht direkt möglich. Die Nationale Arbeitsgruppe empfiehlt als Referenzzinssatz die durchschnittlich realisierten Werte des SARON für die massgebliche Zinsperiode, beispielsweise für die letzten drei Monate, zu verwenden. Als nächstes werden nun Varianten erarbeitet, wie diese Durchschnittswerte in Finanzprodukten wie Kreditverträgen verwendet werden können.
Der Übergang zum SARON bringt vielfältige Herausforderungen mit sich. Für einen reibungslosen Ablauf müssen sich alle Marktteilnehmer gründlich mit der Thematik auseinandersetzen. Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe spielen dabei eine wichtige Rolle. Es liegt aber in der Verantwortung jedes einzelnen Marktteilnehmers, sich auf die Libor- Ablösung vorzubereiten und rechtzeitig die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen.
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