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Geldpolitik unter neuen Rahmenbedingungen

Von Schweizer Nationalbank09.09.2022 14:40
 

Das Thema der diesjährigen Jackson-Hole-Konferenz ist die Neubewertung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Nachgang zur Corona-Pandemie und zum russischen Angriff auf die Ukraine. In diesem Podium geht es dabei speziell um den Ausblick für die Geldpolitik. Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben die Ausgangslage für das Führen der Geldpolitik grundlegend verändert. In den vergangenen Jahren schränkte die effektive Zinsuntergrenze die Zentralbanken ein. Aktuell stellt dagegen der starke Anstieg der Inflation die grosse Herausforderung dar. Längerfristig könnten strukturelle Entwicklungen, wie die Dekarbonisierung der Wirtschaft, die weltweit hohe Staatsverschuldung oder eine mögliche Deglobalisierung, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen prägen und zu erhöhtem Inflationsdruck führen.

In meinem Beitrag blicke ich zuerst auf die Herausforderungen zurück, denen die Zentralbanken, insbesondere auch die Schweizerische Nationalbank (SNB), seit der globalen Finanzkrise begegnen mussten. Danach werde ich die Entwicklungen seit der Pandemie und dem Kriegsausbruch beleuchten. In der zweiten Hälfte werde ich besonders auf die Frage eingehen, warum ein sinnvoll definierter Bereich für die Preisstabilität und ein enges Mandat wichtige Faktoren sind, um längerfristig eine wirksame Geldpolitik in einem sich laufend verändernden Umfeld führen zu können. Dabei werde ich speziell auf die Erfahrungen der SNB zurückgreifen und die für die Schweiz charakteristische Perspektive einer kleinen offenen Volkswirtschaft mit einer wichtigen Währung einnehmen.

I. Nachwehen der globalen Finanzkrise

In den zwei Jahrzehnten vor der globalen Finanzkrise war das Nominalzinsniveau weltweit sukzessive zurückgegangen. Einerseits hatten die erfolgreiche Inflationsbekämpfung der Zentralbanken sowie günstige Produktionsmöglichkeiten als Folge einer zunehmend integrierten Weltwirtschaft zu sinkenden Inflationsraten geführt. Andererseits war das Realzinsniveau in vielen Ländern aufgrund struktureller Faktoren wie dem abnehmenden Produktivitätswachstum und der Alterung der Bevölkerung zurückgegangen.

Als die globale Finanzkrise und der damit einhergehende wirtschaftliche Einbruch eine entschiedene Lockerung der Geldpolitik verlangten, erreichten viele Zentralbanken rasch die Nullzinsgrenze. Um die Geldpolitik in dieser Situation weiterhin angemessen expansiv zu gestalten, mussten danach «unkonventionelle» Massnahmen eingeführt werden.

Auch die Schweiz konnte sich diesen internationalen Entwicklungen nicht entziehen. Als kleine offene Volkswirtschaft war sie im Zuge der Finanzkrise stark vom Einbruch der globalen Nachfrage und den Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten betroffen.

Zusätzlich erschwert wurde die Lage in unserem Land durch einen starken Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken. Die hohe Geschwindigkeit der Aufwertung und die resultierende, zeitweise massive Überbewertung des Frankens verschärften die wirtschaftlichen Herausforderungen und führten zu einer Deflationsgefahr. Zum einen senkte die Aufwertung die globale Nachfrage nach in der Schweiz produzierten Waren und Dienstleistungen. Die damit verbundenen negativen Effekte auf die Konjunktur dämpften die Inflation. Zum anderen führte die Aufwertung direkt zu tieferen Preisen von importierten Konsumgütern. Wegen des hohen Importanteils in der Schweiz drückte dies die Inflation zusätzlich.

Zwei Besonderheiten der Schweiz waren für den ausgeprägten Aufwertungsdruck verantwortlich. Erstens bedeutete das traditionell tiefe Schweizer Zinsniveau, dass im internationalen Vergleich weniger Spielraum bis zur effektiven Zinsuntergrenze bestand. Die Zinsen sind in der Schweiz meist tiefer als im Ausland, weil der Franken vor dem Hintergrund der langfristigen politischen, fiskalischen und monetären Stabilität in der Schweiz als sichere Anlage geschätzt wird. Als die Zentralbanken wegen der globalen Finanzkrise die Zinsen deutlich senkten, verringerte sich die Zinsdifferenz zwischen dem Ausland und der Schweiz und machte den Franken vergleichsweise attraktiver. Zweitens gewinnt der Franken wegen seiner Eigenschaft als «sicherer Hafen» bei global eingetrübter Risikostimmung typischerweise an Wert. Dies war während der Finanzkrise und der europäischen Staatsschuldenkrise ausgeprägt der Fall. Aber auch beim Ausbruch der Corona- Pandemie und beim russischen Angriff auf die Ukraine erhöhte die weltweit gestiegene Unsicherheit den Aufwertungsdruck auf den Franken.

Um in dieser Konstellation mittelfristig Preisstabilität zu gewährleisten, griff die Nationalbank zu unkonventionellen Massnahmen. Wir senkten den geldpolitischen Zins deutlich in den negativen Bereich und intervenierten zeitweise umfangreich am Devisenmarkt. Dies führte zu einer starken Ausweitung unserer Bilanz (Abbildung 1). Der Einsatz der Devisenmarktinterventionen war nötig, weil die starke Aufwertung des Frankens eine unmittelbare Quelle des deflationären Drucks in der Schweiz war. Ausserdem war die Möglichkeit von Käufen inländischer Anleihen aufgrund des relativ kleinen Schweizer Kapitalmarkts begrenzt.

Dank der Zinssenkungen bis auf −0,75% und den umfangreichen Devisenmarktinterventionen konnten wir die Preisstabilität auch während diesen schwierigen Jahren gewährleisten. Die Inflation rutschte zwar phasenweise in den negativen Bereich, stieg dann aber jeweils relativ schnell wieder auf positive Werte an. In diesem Zusammenhang sind zwei Punkte bemerkenswert.

Erstens führten die Phasen negativer Inflation nicht zu einer Entankerung der längerfristigen Inflationserwartungen. Diese blieben stets zwischen 0 und 2%, also dem Bereich, den die SNB mit Preisstabilität gleichsetzt. Abbildung 2 zeigt dies anhand der Inflationserwartungen von Unternehmen in der Schweiz. Zwar zeichneten deren kurzfristige Erwartungen die Entwicklung der Inflation nach. Ihre längerfristigen Inflationserwartungen blieben jedoch auch bei vorübergehend negativer Inflation stabil. Die Unternehmen betrachteten die wiederholten Phasen negativer Inflation jeweils als Einzelereignisse. Obwohl die Inflation über die letzten 15 Jahre im Durchschnitt sehr tief lag, haben die Firmen den Inflationsrückgang nicht als Trend wahrgenommen. Die Unternehmen trauten der SNB offensichtlich zu, mit ihrem entschiedenen Einsatz unkonventioneller Massnahmen einen anhaltenden Rückgang des Preisniveaus verhindern zu können. Die Nationalbank konnte ihre geldpolitische Glaubwürdigkeit auch in diesem schwierigen Umfeld erhalten.

Der zweite Punkt betrifft die Anpassungsprozesse nach plötzlichen Aufwertungsschüben des Frankens. Die negative oder sehr tiefe Inflation war nämlich jeweils Teil dieser Anpassungsprozesse. Denn die tiefe Inflation in der Schweiz trug dazu bei, die Überbewertung des Frankens über die Zeit zu reduzieren. So wertete sich der um Preisentwicklungen bereinigte reale Wechselkurs deutlich weniger auf als der nominale Wechselkurs (Abbildung 3). Dies half, die Auswirkungen der nominalen Aufwertung auf die Realwirtschaft zu dämpfen. Die Wirtschaft konnte sich besser als erwartet an ein Umfeld mit tiefen, teils negativen Inflationsraten anpassen.

Auch die Konjunkturentwicklung in der Schweiz war über die letzten 15 Jahre recht erfreulich. Der Arbeitsmarkt blieb insgesamt robust und die Entwicklung des Bruttoinlandprodukts (BIP) schnitt im internationalen Vergleich gut ab (Abbildung 4). In der globalen Finanzkrise und während der Pandemie waren deutliche Rückgänge des BIPs auch hierzulande nicht zu vermeiden. Die Schweizer Wirtschaft kehrte aber jeweils schnell wieder auf einen Wachstumspfad zurück.

Die Nationalbank konnte die Preisstabilität in der durch Deflationsrisiken gekennzeichneten Phase gewährleisten und hat zu einer vergleichsweise robusten Wirtschaftsentwicklung beigetragen. Selbstverständlich widerspiegelt die realwirtschaftliche Entwicklung neben dem Einfluss der Geldpolitik auch strukturelle Faktoren wie die hohe Resilienz der gut diversifizierten Schweizer Wirtschaft und den flexiblen Arbeitsmarkt. Die Unternehmen mussten sich nach den Aufwertungsschüben jeweils mit grossen Anstrengungen an das schwierige Umfeld anpassen, was die Flexibilität und Effizienz der Schweizer Wirtschaft möglicherweise noch erhöhte. Ebenfalls positiv zum Wachstum trug die aufgrund der Zuwanderung wachsende Bevölkerung bei. Und gerade auch in der Pandemie reagierte die Fiskalpolitik rasch und gezielt.

II. Neue Rahmenbedingungen

Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben die Rahmenbedingungen für die Zentralbanken grundlegend verändert. So ist insbesondere die Inflation über das letzte Jahr hinweg in vielen Ländern stark angestiegen. Zudem hat die Unsicherheit in vielerlei Hinsicht deutlich zugenommen.

Auch die SNB ist gegenwärtig mit einer Inflationsrate konfrontiert, die deutlich oberhalb des Bereichs liegt, den sie mit Preisstabilität gleichsetzt. Die Inflation ist bei uns zurzeit, wie schon in den letzten Jahren, zwar tiefer als in vielen anderen Ländern. Neben dem starken Franken half bisher auch der Energiemix in der Schweiz, die Inflation vergleichsweise tief zu halten. Sie liegt jedoch mit aktuell 3,4% auch in der Schweiz auf dem höchsten Niveau seit den 1990er-Jahren.

Ausserdem gibt es Anzeichen, dass sich die Inflation zunehmend auf Waren und Dienstleistungen ausbreitet, die nicht direkt von den Auswirkungen der Pandemie oder des Kriegs in der Ukraine betroffen sind. Tatsächlich scheinen im heutigen Umfeld Preiserhöhungen rascher weitergegeben und auch einfacher akzeptiert zu werden, als dies noch bis vor kurzem der Fall war. Damit verbunden tendierten auch die längerfristigen Inflationserwartungen in den vergangenen Quartalen leicht nach oben. Zudem gibt es klare Anzeichen, dass die Lohnentwicklung an Dynamik gewinnt.

Wie geht die SNB mit dieser Situation um? Unsere erste Reaktion auf den sich abzeichnenden Inflationsdruck erfolgte bereits in den letzten Monaten von 2021. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Inflation, aber auch unsere damalige Inflationsprognose noch auf einem sehr tiefen Niveau. An der Lagebeurteilung im Dezember kommunizierten wir, dass die SNB eine gewisse nominale Aufwertung des Frankens zulassen würde, um den Inflationsdruck aus dem Ausland zu verringern. Der Franken wertete sich zwischen Herbst 2021 und Frühjahr 2022 nominal um rund 4% auf. Die nominale Aufwertung machte die Importe günstiger und wirkte so dem generellen Preisanstieg entgegen. Im Juni 2022 erhöhten wir dann erstmals seit 15 Jahren den SNB-Leitzins. Mit dem Anstieg um 0,5 Prozentpunkte liegt der SNB-Leitzins nun bei −0,25%. Gleichzeitig signalisierten wir, dass in absehbarer Zukunft weitere Zinsschritte nötig werden könnten. Mit der Zinserhöhung wertete sich der Franken weiter auf.

Die Notwendigkeit einer geldpolitischen Straffung zeigt sich in unserer bedingten Inflationsprognose vom Juni 2022 (Abbildung 5). Gemäss dieser Prognose steigt die Inflation bei einem konstanten SNB-Leitzins von −0,25% nach einem vorübergehenden Rückgang über die Zeit wieder auf 2% an. Ohne die Zinserhöhung im Juni würde die Inflation mit grosser Wahrscheinlichkeit mittelfristig deutlich darüber und somit ausserhalb des Bereichs der Preisstabilität verharren.

Unser geldpolitischer Entscheid im Juni muss auch als ein Abwägen zwischen verschiedenen Risiken gesehen werden. Eine zu frühe oder zu starke Straffung könnte die konjunkturelle Entwicklung abwürgen und allenfalls erneut Deflationsrisiken mit sich bringen. Im Fall der Schweiz überwogen aber die Risiken einer zu späten Straffung deutlich. Ein Zuwarten hätte die Notwendigkeit eines abrupteren und stärkeren Zinsanstiegs zu einem späteren Zeitpunkt nach sich gezogen, mit dem Risiko eines grösseren Wirtschaftseinbruchs und mit Gefahren für die Finanzstabilität. So zeigen die Erfahrungen der Nationalbank aus den späten 1980er und frühen 1990er-Jahren, der letzten Phase mit höherer Inflation in der Schweiz, dass eine ausgesprochen restriktive Geldpolitik mit gravierenden realwirtschaftlichen Folgen nötig sein kann, wenn die Inflation einmal ein bestimmtes Niveau überschreitet. Der im Bezug zur Inflationsentwicklung vergleichsweise frühe und deutliche Kurswechsel sowie unser Ausblick auf eine mögliche weitere Straffung in naher Zukunft zielten somit darauf ab, die mittelfristige Preisstabilität zu gewährleisten, ohne die Konjunktur allzu stark zu belasten.

Dieses Abwägen verschiedener Risiken erfolgt in einem von ungewöhnlicher Unsicherheit geprägten Umfeld. Was bedeutet diese Unsicherheit für die SNB? Unmittelbar betrifft die Unsicherheit vor allem die Interpretation der aktuellen Datenlage. Für unsere geldpolitischen Entscheide ist es wichtig, vorübergehenden von anhaltendem Inflationsdruck zu unterscheiden. Die Auslöser für den jüngsten Anstieg der Inflation mögen zu einem guten Teil Angebotsschocks mit temporärer Wirkung auf die Inflation sein. Da aber ein Anstieg des anhaltenden Inflationsdrucks im gegenwärtigen Umfeld nur schwer identifizierbar ist, besteht das Risiko, die Hartnäckigkeit der Inflation zu unterschätzen. Dies gilt vor allem auch, weil die Auswirkungen der international sehr expansiven Geld- und Fiskalpolitik im Zuge der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine noch immer schwer abzuschätzen sind.

Die Unsicherheit zeigt sich auch darin, dass unsere ökonomischen Modelle die aktuelle Situation möglicherweise weniger zuverlässig als üblich erfassen. Tatsächlich mussten wir in den letzten Quartalen unsere Inflationsprognose wiederholt nach oben korrigieren (Abbildung 6). Modelle können naturgemäss weder Schocks – wie bspw. bei den Energiepreisen – noch fundamentale Verhaltensänderungen der Wirtschaftsakteure – wie bspw. beim Preissetzungsverhalten – antizipieren und erfassen deren Auswirkungen deshalb erst mit Verzögerung.

Es ist gegenwärtig sehr schwierig, das Preissetzungsverhalten der Unternehmen zu modellieren, weil die Erfahrung mit einer schnell ansteigenden Inflation fehlt. Uns helfen zurzeit sowohl neuere als auch traditionelle Ansätze, die Datenlage besser zu verstehen. Zum einen deuten Mikropreisdaten darauf hin, dass Schweizer Unternehmen ihre Preispolitik in den letzten Monaten an die gestiegene Inflation angepasst haben (Abbildung 7). So ist der Anteil der Waren und Dienstleistungen mit steigenden Preisen im Landesindex der Konsumentenpreise angewachsen, während der Anteil mit sinkenden Preisen praktisch konstant geblieben ist. Zum anderen leisten uns unsere Delegierten für regionale Wirtschaftskontakte wertvolle Dienste. Deren direkte Gespräche mit Unternehmen ermöglichen uns, das Preissetzungsverhalten besser zu verstehen. Diese Gespräche zeigen, dass die lange Zeit bestehende Zurückhaltung der Unternehmen, die Preise zu erhöhen, weitgehend verschwunden ist. Das veränderte Verhalten der Unternehmen hat dazu geführt, dass die Preise insgesamt flexibler geworden sind. Dies erleichtert die Ausbreitung der Preissteigerungen auf weitere Güterklassen. Diese Erkenntnisse machten klar, dass der Inflationsanstieg nicht allein als Folge der durch die Pandemie und den Krieg ausgelösten temporären Angebotsschocks zu verstehen ist. Dies hat uns in unserem Entscheid bestärkt, relativ rasch auf den Anstieg der Inflation zu reagieren.

Auch der längerfristige Ausblick für die Geldpolitik ist von hoher Unsicherheit geprägt. Strukturelle Faktoren, wie die Transition zu einer grüneren Wirtschaft, die weltweit zunehmende Staatsverschuldung, die demografische Entwicklung und nicht zuletzt, dass die Globalisierung zumindest einen vorübergehenden Höhepunkt erreicht zu haben scheint, könnten in den nächsten Jahren zu einem persistent höheren Inflationsdruck führen. Gerade ein Rückgang der globalen wirtschaftlichen Integration könnte die Preissetzungsmacht der Unternehmen erhöhen, so dass Preiserhöhungen leichter durchgesetzt werden können. Wie sich diese strukturellen Faktoren aber genau entwickeln und wie sie sich auf die Inflationsdynamik auswirken werden, ist aus heutiger Sicht schwierig abzuschätzen.

Eine weitere Unsicherheit betrifft den geldpolitischen Handlungsspielraum bzw. den Abstand zwischen dem neutralen Zinsniveau und der effektiven Zinsuntergrenze. Nach dem jahrzehntelangen Rückgang des Zinsniveaus stellt sich heute die Frage, ob es Faktoren gibt, die diesen Abwärtstrend stoppen oder gar umkehren könnten. Ich denke da an Faktoren wie die Tendenz zur Deglobalisierung oder verstärkte Investitionen in den Klimaschutz und die Verteidigung. Sie alle könnten den Kapitalbedarf und damit das Zinsniveau global nachhaltig erhöhen.

Was bedeuten nun diese Überlegungen für die Geldpolitik der SNB in der Zeit nach der Pandemie? Zum einen muss für uns die Gewährleistung der Preisstabilität absolute Priorität haben. Zum anderen müssen wir mittel- bis langfristig mit einer hohen Unsicherheit leben. Dies gilt nicht nur für vorübergehende Preis- und Konjunkturschwankungen, sondern auch für die fundamentalen Gleichgewichte in der Wirtschaft. Strukturelle Faktoren können dafür sorgen, dass das Umfeld längere Zeit inflationär bleibt. Starke wirtschaftliche Verwerfungen können uns aber bereits in kurzer Zeit auch wieder an die Zinsuntergrenze führen. Die SNB muss veränderte Rahmenbedingungen frühzeitig erkennen und ihre Auswirkungen analysieren. Es gilt in Szenarien zu denken und diese – im Sinne eines Risikomanagement- Ansatzes – gegeneinander abzuwägen. Mit unseren geldpolitischen Entscheidungen müssen wir versuchen, negative Entwicklungen möglichst zu verhindern. Angesichts der Unsicherheit müssen wir robuste geldpolitische Entscheide treffen, die für ein breites Band von möglichen Szenarien die Preisstabilität garantieren.

Um sowohl in einem deflationären als auch in einem inflationären Umfeld eine wirksame und robuste Geldpolitik zu führen, brauchen wir neben diesen analytischen Fähigkeiten aber auch einen sinnvollen institutionellen Rahmen. In einem sich verändernden Umfeld mit unterschiedlichem strukturellen Inflationsdruck sind aus meiner Sicht zwei Faktoren für den institutionellen Rahmen einer Zentralbank besonders wichtig: Erstens das Anstreben einer tiefen Inflation bei gleichzeitiger Zulassung eines gewissen Spielraums. Zweitens ein eng definiertes geldpolitisches Mandat, das sich auf den Erhalt der Preisstabilität unter Berücksichtigung der Konjunkturlage konzentriert.

III. Verankerung und Flexibilität

Die Definition der Preisstabilität bzw. das Inflationsziel stellt ein wichtiges Signal für die Öffentlichkeit und die Märkte dar. Nicht zuletzt davon hängt es ab, wie schnell und wie stark die Geldpolitik auf Schocks reagiert oder wie ausgeprägt die Zentralbank eine Feinsteuerung der Inflation anstrebt.

Für eine kleine offene Volkswirtschaft wie die Schweiz hat sich gezeigt, dass eine Definition der Preisstabilität, die die Inflationserwartungen auf einem tiefen Niveau verankert und gleichzeitig eine gewisse Flexibilität bezüglich der akzeptierten Inflationsraten zulässt, grosse Vorteile bietet.

In unserem geldpolitischen Konzept definieren wir Preisstabilität als einen Anstieg der Konsumentenpreise von weniger als 2% pro Jahr. Deflation, d.h. ein anhaltender Rückgang des Preisniveaus, verletzt das Ziel der Preisstabilität ebenfalls. Wir sehen also bei der Definition der Preisstabilität kein Punktziel vor, und streben auch keinen bestimmten Wert im Bereich zwischen 0 und 2% an. Ausserdem orientiert sich die Nationalbank an den mittelfristigen Inflationsaussichten, so dass vorübergehend auch eine negative Inflation oder Inflationsraten über 2% zugelassen werden können.

In den letzten Jahren wurde sowohl in akademischen Kreisen als auch bei den Zentralbanken die optimale Festlegung von Inflationszielen oder von Definitionen der Preisstabilität intensiv diskutiert. Einige Zentralbanken haben auch ihr Inflationsziel angepasst. Die Absicht dieser Anpassungen war es primär, mögliche Einschränkungen in der Handlungsfähigkeit der Geldpolitik als Folge des Tiefzinsumfelds zu reduzieren.

Wäre eine Anpassung der Definition der Preisstabilität auch für die SNB sinnvoll? Wir sind der festen Überzeugung, dass sich unsere Definition der Preisstabilität auch unter den schwierigen Umständen der letzten 15 Jahre bewährt hat. Und wir betrachten die gewählte Definition gerade auch als Vorteil für die Phase nach der Pandemie mit ihrer grossen Unsicherheit betreffend den strukturellen Gleichgewichten.

Weshalb ist dies so und wie können drei international diskutierte Anpassungen vor dem Hintergrund der spezifischen Situation in der Schweiz und unserer Definition der Preisstabilität eingeordnet werden?

Eine erste wichtige Anpassungsmöglichkeit betrifft die Höhe des Inflationsziels. Ein glaubwürdig höheres Inflationsziel würde die Inflationserwartungen und die tatsächlich realisierte Inflation steigen lassen. Die Folge wären höhere durchschnittliche Nominalzinsen. Damit würde die Wahrscheinlichkeit sinken, dass die effektive Zinsuntergrenze erreicht wird. Das hätte zur Folge, dass «unkonventionelle» Massnahmen – bei uns vor allem Devisenmarktinterventionen – weniger häufig eingesetzt werden müssten.

Weshalb streben wir keine höhere Inflation an? Wir erachten ein höheres Inflationsziel nicht als echten Befreiungsschlag vom Problem der effektiven Zinsuntergrenze. Es wäre ein deutlich höheres Inflationsziel nötig, um die Zinsen nachhaltig von der Untergrenze weg zu bringen. Ein solches wäre aber nicht mehr mit unserem gesetzlichen Mandat vereinbar, die Preisstabilität zu gewährleisten. Zudem entspräche es nicht der starken Vorliebe der Schweizer Bevölkerung für tiefe Inflation. Höhere Inflationsraten würden hierzulande weder verstanden noch akzeptiert werden. So zeigt eine Umfrage bei mehr als 400 Schweizer Unternehmen aus dem ersten Halbjahr 2022, dass die grosse Mehrheit eine tiefe Inflation bevorzugt. Darunter verstehen die Unternehmen typischerweise eine Inflationsrate zwischen 0 und 2%, wie in Abbildung 8 illustriert. Wir verfügen nicht über ähnliche Umfragen bei Haushalten. Es ist aber stark zu vermuten, dass diese wohl eher noch eine tiefere Inflation bevorzugen. So zeigt die öffentliche Reaktion auf die jüngst angestiegene Inflation eindrücklich, dass in der breiten Bevölkerung wenig Verständnis für eine höhere angestrebte Inflation vorhanden wäre.

Eine zweite Anpassungsmöglichkeit bestünde darin, eine gewisse Inflation im Durchschnitt über einen bestimmten Zeitraum anzustreben. Über- und unterschiessende Inflationsraten müssten über die Zeit kompensiert werden. Das könnte die längerfristigen Inflationserwartungen besser stabilisieren, indem eine gleichmässige Entwicklung des Preisniveaus angestrebt wird.

Weshalb kompensieren wir vergangene Abweichungen von der Preisstabilität nicht? Die Schweizer Wirtschaft hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie mit vorübergehenden Inflationsschocks gut umgehen kann und dass die längerfristigen Inflationserwartungen gut verankert sind. Die Kompensation vergangener Abweichungen von einem anzustrebenden Durchschnittswert wäre bei uns gerade aufgrund der starken globalen Schocks, denen die Schweiz ausgesetzt ist, nur mit enormer zusätzlicher Volatilität der Preise und der Produktion möglich. Ein solcher Ansatz würde zudem in der Öffentlichkeit auf wenig Verständnis stossen.

Die dritte Anpassungsmöglichkeit betrifft die Wahl eines Punktziels anstelle eines Bereichs für die Definition der Preisstabilität. Ein Punktziel könnte helfen, die Inflationserwartungen präziser zu verankern und die Inflation besser zu stabilisieren.

Weshalb streben wir kein Punktziel an? Für die Nationalbank würde eine solche Präzisierung die Geldpolitik unnötig erschweren. Unsere Definition der Preisstabilität ermöglicht uns eine stetige Kosten-Nutzen-Abwägung unserer geldpolitischen Massnahmen. Diese Abwägung erlaubt uns, die Inflationstoleranz im Rahmen des Bereichs der Preisstabilität situationsabhängig zu gestalten. So können wir die Inflation längere Zeit am oberen oder auch am unteren Ende dieses Bereichs verharren lassen, ohne dass die Glaubwürdigkeit der Nationalbank dadurch leidet. Insbesondere können wir so unterschiedliche globale Inflationsregimes besser absorbieren. Zum Beispiel können wir in einem Umfeld zunehmender Globalisierung über einen längeren Zeitraum mit einer Inflation im unteren Teil unseres Preisstabilitätsbereichs leben oder in einem Umfeld eines schrumpfenden globalen Angebots eine Inflation im oberen Teil des Bereichs akzeptieren.

Die mittelfristige Orientierung erlaubt uns zudem, flexibel auf grössere Inflations- oder Deflationsschübe zu reagieren und die Kosten für die Wiederherstellung der Preisstabilität zu berücksichtigen. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass ein 2%-Punktziel für die Inflation in der Schweiz noch wesentlich stärkere geldpolitische Lockerungsmassnahmen erfordert hätte. Dies wäre aus einer Kosten-Nutzen Perspektive nicht verhältnismässig gewesen.

Unsere Definition der Preisstabilität ist auch ein Zeichen von Pragmatismus und Realismus. Eine gewisse Toleranz gegenüber Schwankungen der Inflationsrate ist nötig, gerade für eine kleine offene Volkswirtschaft wie die Schweiz, die permanent Störungen aus dem Ausland ausgesetzt ist. Unsere Erfahrung zeigt, dass eine Feinsteuerung der Inflation praktisch unmöglich ist. Schlussendlich dient es unserer Glaubwürdigkeit, wenn wir bei unseren Zielen realistisch bleiben.

Realismus und Flexibilität stehen nicht im Widerspruch zum klaren Auftrag, Preisstabilität mittelfristig zu gewährleisten. Zum einen ist unser Bereich der Preisstabilität vergleichsweise tief angesetzt und bildet einen Anker für tiefe Inflationserwartungen. Zum anderen haben wir wiederholt unter Beweis gestellt, dass wir bereit sind, bei Gefährdung der Preisstabilität dezidiert zu handeln.

Die Vorliebe für eine tiefe Inflation und die Rolle des Frankens als sicherer Hafen können dazu führen, dass der SNB-Leitzins auch in Zukunft an die effektive Zinsuntergrenze stossen wird. Somit dürften unkonventionelle geldpolitische Instrumente in der Schweiz auch künftig eine wichtige Rolle behalten. Daran wird wohl selbst ein etwas höheres internationales Zinsniveau nichts ändern.

Unsere Definition der Preisstabilität hat sich für die Schweiz, als kleine offene Volkswirtschaft mit einer international bedeutenden Währung, bewährt. Welche Definition für eine erfolgreiche Geldpolitik am geeignetsten ist, ist jedoch von Land zu Land unterschiedlich. Für eine langfristig wirksame Geldpolitik ist neben der Definition der Preisstabilität auch ein enges Mandat für die Zentralbank wichtig.

IV. Mandat nicht strapazieren

Aus Teilen der Politik und der Öffentlichkeit wurden in den letzten Jahren immer wieder Anliegen an die Zentralbanken herangetragen, die über den Kernauftrag der Geldpolitik – die Preisstabilität – hinausgehen. So wird auf die Zentralbanken Druck ausgeübt, ihr Mandat breiter zu interpretieren und neue Aufgaben zu übernehmen. Teilweise gibt es auch innerhalb der Zentralbanken die Bereitschaft, das bestehende Mandat grosszügig auszulegen.

In jüngster Vergangenheit hat sich diese Tendenz spürbar verstärkt. In unserem Fall gibt es beispielweise eine Reihe von Vorstössen im Parlament, die von der SNB mehr Engagement für den Klimaschutz fordern. Ähnliches gilt beim Thema Ungleichheit, seitdem der Einsatz der Zentralbankbilanzen zur Bekämpfung der globalen Finanzkrise verstärkt Verteilungsfragen aufgeworfen hat. Zudem gibt es seitens der Politik immer wieder Initiativen, die von den Zentralbanken eine direkte Finanzierung von Staatsaufgaben fordern. So wurde in der Schweiz jüngst eine Volksinitiative für eine Anpassung der Verfassung lanciert, welche der Nationalbank eine direkte Rolle bei der Finanzierung der Altersvorsorge zuweisen möchte.

Wie soll die SNB mit diesen Forderungen umgehen? Alle diese Anliegen, vom Klimaschutz, über die Vermögensverteilung bis zur Sicherung der Altersvorsorge, sind wichtige und berechtigte Themen. Meiner Überzeugung nach birgt aber der Versuch, diese Anliegen mit geldpolitischen Mitteln zu lösen, mittel- bis langfristig eine grosse Gefahr für die Wirksamkeit der Geldpolitik.

Natürlich muss die Nationalbank den Einfluss von Veränderungen in der Wirtschaftsstruktur auf die Inflation berücksichtigen. So kann z.B. der Klimawandel das Potenzialwachstum beeinflussen, was bei der Ausrichtung der Geldpolitik beachtet werden muss. Das Mandat einer Zentralbank darf aber nicht überlastet werden. Das hilft gerade auch den verschiedenen Anliegen nicht. Es gibt aus meiner Sicht vor allem drei Gründe für diese Einschätzung.

Erstens verfügen die Zentralbanken nicht über wirksame Instrumente, um strukturpolitische Ziele wie die Bekämpfung des Klimawandels langfristig erfolgreich zu verfolgen. Ihre Instrumente sind darauf ausgerichtet, geldpolitisch relevante Grössen wie Zinsen und Wechselkurse zu beeinflussen. Hingegen ist z.B. der Einfluss unserer Anlagepolitik auf die globalen Finanzierungsbedingungen «grüner» bzw. «brauner» Firmen langfristig gering. Zwar können Käufe die Preise von «grünen» Anlagen erhöhen. Wenn wir die entsprechenden Wertpapiere aber aus geldpolitischen Gründen verkaufen, sinkt ihr Marktpreis wieder.

Auch bei der Ungleichheit haben die Zentralbanken nicht die Instrumente, eine nachhaltige Veränderung zu bewirken, die über die positiven Wirkungen einer stabilitätsorientierten Geldpolitik hinausgehen. Eine expansive Geldpolitik mag kurzfristig die Einkommensungleichheit vermindern, indem sie vor allem auch tiefe Einkommen stützt oder die Schaffung von Arbeitsplätzen im Tieflohnsegment begünstigt. Allerdings stimuliert eine expansive Geldpolitik auch die Vermögenspreise, so dass sich die Vermögensungleichheit tendenziell verschärft. Das grösste Problem für sozial schwächere Schichten, das Zentralbanken beeinflussen können, ist die Inflation. Die Konzentration auf Preisstabilität enthält also automatisch den grössten Beitrag, den eine Zentralbank für den sozialen Zusammenhalt leisten kann.

Während die Zentralbanken keine wirksamen Instrumente zur Erreichung strukturpolitischer Ziele haben, verfügen andere staatliche Institutionen über solche Instrumente, bspw. in Form fiskalpolitischer und regulatorischer Massnahmen. Wenn Zentralbanken Verantwortung für solche Ziele übernehmen, besteht die ernsthafte Gefahr, dass andere staatliche Institutionen auf notwendige und wirksame, aber möglicherweise unpopuläre Massnahmen zur Erreichung dieser Ziele verzichten. Die Ausweitung des geldpolitischen Mandats kann daher kontraproduktiv sein.

Zweitens verwischt ein breites Mandat die klare Ausrichtung der Geldpolitik auf die Preisstabilität und schafft unnötige Zielkonflikte. Dies kann wiederum zu Zweifeln führen, ob die Zentralbank jederzeit konsequent die nötigen Massnahmen ergreift, um Preisstabilität zu gewährleisten. Solche Zweifel können schlussendlich die Verankerung der Inflationserwartungen schwächen und so die Geldpolitik erschweren.

Und schliesslich kann drittens ein breites oder zu breit interpretiertes Mandat über die Zeit die Unabhängigkeit der Zentralbank gefährden. Selbst wenn die Zentralbanken die geeigneten Instrumente hätten, ist das Ergreifen von Massnahmen für Klimaschutz oder Umverteilung eine politische Entscheidung. Der bei politischen Fragen unerlässliche demokratische Prozess darf nicht mit einer breiteren Interpretation des Zentralbankmandats umgangen werden. Unabhängigkeit verlangt zudem Rechenschaftsablage. Eine sinnvolle Rechenschaftsablage ist nur möglich, wenn die Zentralbank die übertragenen Ziele auch innerhalb nützlicher Frist erreichen kann. Unabhängigkeit ist nur bei einem engen Mandat gerechtfertigt, das die Zentralbank erreichen kann und über dessen Erreichung sie daher vernünftig Rechenschaft ablegen kann.

Die Unabhängigkeit einer Zentralbank ist weder ein Naturgesetz noch eine politische Selbstverständlichkeit. Sie existiert vielmehr wegen der Überzeugung der Öffentlichkeit, dass Preisstabilität ein sinnvolles Ziel ist und am besten mit einer Delegation der Verantwortlichkeit an eine unabhängige Zentralbank langfristig gesichert werden kann. Diese Überzeugung basiert wiederum auf gefestigter wissenschaftlicher Evidenz.

Unabhängigkeit für Aufgabenbereiche, die über diejenigen eines engen Mandats hinausgehen, ist weder demokratisch akzeptierbar noch wissenschaftlich zu begründen. Eine zu grosszügige Auslegung des Mandats oder eine vom Gesetzgeber vorgegebene Erweiterung des Mandats über das Kernziel der Preisstabilität hinaus führen somit über die Zeit zwangsläufig zu Diskussionen in der Öffentlichkeit. Anfänglicher Applaus seitens Politik und Öffentlichkeit für ein breiteres Engagement der Zentralbanken kann sich dabei rasch ins Gegenteil verkehren. Dies birgt insgesamt das Risiko, dass am Schluss auch die geldpolitische Unabhängigkeit der Zentralbank eingeschränkt wird. Die Zentralbanken sollten daher für ein enges Mandat votieren und keine Aufgaben übernehmen, die politisch entschieden werden müssen und für die sie keine wirksamen Instrumente haben.

Der institutionelle Rahmen in der Schweiz steht im Einklang mit dieser Stossrichtung. Verfassung und Gesetz geben der SNB vor, als unabhängige Zentralbank die Geldpolitik im Gesamtinteresse des Landes zu führen. Um die Unabhängigkeit zu legitimieren hat die Nationalbank ein klar definiertes, enges Mandat, das sie zwingt, sich auf die Gewährleistung der Preisstabilität unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung zu fokussieren. Ausserdem ist die Nationalbank zu einer umfassenden Rechenschaftsablage verpflichtet. Diese dient dazu, ihre Entscheide für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu machen und aufzuzeigen, ob und in welchem Umfang das vorgegebene Ziel erreicht wurde.

Der Begriff «im Gesamtinteresse des Landes» bedeutet, dass sich die Geldpolitik auf die Volkswirtschaft als Ganzes auszurichten hat und nicht auf Partikularinteressen. Er bietet keine Grundlage, andere Ziele mit der Geld- und Währungspolitik zu verfolgen, auch dann nicht, wenn die angestrebten Ziele, wie im Fall des Klimaschutzes, aus gesellschaftlicher Sicht richtig und wichtig sind. Die SNB wird sich auch in Zukunft für den Erhalt ihres bestehenden institutionellen Rahmens einsetzen.

Preisstabilität ist der wichtigste Beitrag, den die Geldpolitik für Wachstum und Wohlstand leisten kann. Das zeigt auch die aktuelle Situation. Hohe Inflation lässt andere wichtige Probleme in der gesellschaftlichen und politischen Prioritätenliste rasch nach hinten rücken. Insofern ist die Sicherung der Preisstabilität auch eine Voraussetzung für die erfolgreiche Bewältigung anderer gesellschaftlicher Herausforderungen.

V. Schlussbemerkungen

Das Umfeld, in dem wir unsere Geldpolitik umsetzen, hat sich gewandelt. War in den letzten Jahren wiederholt eine zu tiefe Inflation unsere Sorge, ist es jetzt eine zu hohe. In diesem schwierigen und sich verändernden Umfeld sind ein enges Mandat und eine Definition der Preisstabilität, die die Inflationserwartungen auf einem tiefen Niveau verankert und gleichzeitig bezüglich der akzeptierten Inflation einen gewissen Spielraum einräumt, wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Geldpolitik.

Unsere Definition der Preisstabilität ist gerade für ein kleines offenes Land wie die Schweiz, das starken externen Schocks ausgesetzt ist, sehr hilfreich. Andere Ansätze hätten in den letzten Jahren oft drastischere und unverhältnismässige geldpolitische Reaktionen erfordert. Angesichts der Offenheit unserer Wirtschaft ist eine Feinsteuerung der Inflation unrealistisch. Unser Konzept hat so auch wesentlich zur Glaubwürdigkeit unserer Geldpolitik beigetragen.

Gleichzeitig ist das Mandat der Nationalbank fokussiert, und das sollte es trotz wichtiger gesellschaftlicher Probleme wie dem Klimawandel und der Finanzierung der Altersvorsorge bleiben. Ein enges Mandat ermöglicht es der Zentralbank, sich auf das wesentliche Ziel der Preisstabilität zu konzentrieren. Es ist aber auch für die Bewahrung der Unabhängigkeit der Zentralbank fundamental. Unabhängigkeit bezweckt und erfordert Abstand von der Politik. Dieser Abstand sollte deshalb nicht leichtfertig aufgegeben werden.

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