Geldpolitische Lagebeurteilung vom 19. September 2019
Nationalbank behält expansive Geldpolitik unverändert bei und passt Berechnungsgrundlage für den Negativzins auf Sichtguthaben bei der SNB an
Die Nationalbank belässt den SNB-Leitzins und den Zins auf Sichtguthaben bei der SNB unverändert bei −0,75%. Sie ist weiterhin bereit, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren, und berücksichtigt dabei die gesamte Währungssituation. Die Nationalbank passt ausserdem die Berechnungsgrundlage für den Negativzins auf den Sichtguthaben bei der SNB an.
Die expansive Geldpolitik ist angesichts der jüngsten internationalen Entwicklungen und der Inflationsaussichten in der Schweiz nach wie vor notwendig. Die Lage am Devisenmarkt bleibt fragil, und der Franken hat sich handelsgewichtet aufgewertet. Er bleibt hoch bewertet.
Negativzins und Interventionsbereitschaft sind wichtig, um der Attraktivität von Anlagen in Franken entgegenzuwirken und damit den Druck auf den Franken zu verringern. Die Nationalbank stabilisiert so die Preisentwicklung und unterstützt die Wirtschaftsaktivität.
Die Nationalbank passt die Berechnungsgrundlage für den Negativzins wie folgt an: Der Negativzins wird weiterhin auf jenem Teil der Sichtguthaben der Banken bei der SNB erhoben, der einen bestimmten Freibetrag überschreitet. Dieser Freibetrag wird neu monatlich aktualisiert und wird so Entwicklungen in den Bilanzen der Banken über die Zeit widerspiegeln.
Die Anpassung der Berechnungsgrundlage trägt dem Umstand Rechnung, dass sich das globale Tiefzinsumfeld in letzter Zeit weiter verfestigt hat und noch länger anhalten könnte. Die Anpassung führt dazu, dass der Freibetrag für das Bankensystem steigt und die Negativzinseinnahmen der SNB sinken. Die neue Freibetragsberechnung tritt per 1. November 2019 in Kraft.
Die Nationalbank überprüft die Berechnungsgrundlage für den Negativzins regelmässig und passt sie bei Bedarf an, um auch in Zukunft den geldpolitischen Handlungsspielraum sicherzustellen. Die Negativzinsbelastung soll dabei auf das Nötige beschränkt werden. Genauere Angaben zur Berechnung des Freibetrags finden sich in einem Merkblatt (Anhang).
Die neue bedingte Inflationsprognose liegt tiefer als im Juni. Der Hauptgrund dafür sind schwächere Wachstums- und Inflationsaussichten im Ausland und der stärkere Franken. Für das laufende Jahr liegt die Prognose mit 0,4% leicht tiefer als die im letzten Quartal prognostizierten 0,6%. Für 2020 sieht die Nationalbank nun eine Inflationsrate von 0,2% voraus, verglichen mit 0,7% im Vorquartal. Die Inflationsrate steigt 2021 auf 0,6% an; im Vorquartal war noch ein Anstieg auf 1,1% prognostiziert worden. Die bedingte Inflationsprognose beruht auf der Annahme, dass der SNB-Leitzins über den gesamtenPrognosezeitraum bei −0,75% bleibt.
Als Folge der erhöhten handelspolitischen Spannungen und politischen Unsicherheiten haben sich die globalen Konjunktursignale in den letzten Monaten eingetrübt. Das weltwirtschaftliche Wachstum verlangsamte sich im zweiten Quartal, und die Industrieproduktion neigt seither zur Schwäche. Die konjunkturelle Abkühlung geht mit gedämpften Investitionsausgaben und einem Rückgang des globalen Warenhandels einher. Auch die Zunahme der Beschäftigung in den Industrieländern war langsamer als in den Vorquartalen. Angesichts der gestiegenen konjunkturellen Risiken und der verhaltenen Inflationsdynamik haben verschiedene Zentralbanken ihren geldpolitischen Kurs angepasst und ihre Leitzinsen gesenkt.
Die SNB revidiert in ihrem neuen Basisszenario für die Weltwirtschaft ihre Wachstumsprognose für die kommenden Quartale nach unten. Kurzfristig dürfte die internationale Dynamik verhalten ausfallen. Mittelfristig geht die SNB aber davon aus, dass die globale Konjunktur nicht zuletzt dank der geldpolitischen Lockerungsmassnahmen wieder anzieht. Die Inflation dürfte dann allmählich wieder ansteigen.
Die Risiken für die Weltwirtschaft bleiben eher nach unten gerichtet. Im Vordergrund stehen weiterhin politische Unsicherheiten sowie die handelspolitischen Spannungen, die zu erneuten Turbulenzen an den Finanzmärkten führen und die Stimmung der Wirtschaftsakteure weiter eintrüben könnten.
Die Schweizer Wirtschaft hat im zweiten Quartal ihr moderates Wachstum fortgesetzt. Auch auf dem Arbeitsmarkt hielt die positive Entwicklung an. Die Beschäftigung legte weiter zu, und die Arbeitslosenquote blieb auf tiefem Niveau stabil.
Die Verschlechterung des internationalen Umfeldes dürfte zu einer vorübergehenden Wachstumsabschwächung führen. Die SNB erwartet für das gesamte Jahr 2019 ein Wachstum zwischen 0,5% und 1%, gegenüber rund 1,5% im Juni. Die Prognoseanpassung ist zu einem wesentlichen Teil darauf zurückzuführen, dass die BIP-Wachstumsraten für die zweite Hälfte 2018 und das erste Quartal 2019 nach unten revidiert wurden.
Am Hypothekar- und Immobilienmarkt bleiben die Ungleichgewichte bestehen. Sowohl die Hypothekarkredite als auch die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen stiegen in den letzten Quartalen weiter leicht an, während die Preise für Wohnrenditeliegenschaften etwas sanken. Trotzdem besteht besonders in diesem Segment aufgrund der starken Preiszunahme der vergangenen Jahre und der steigenden Leerstände die Gefahr einer Korrektur. Die Nationalbank begrüsst deshalb die jüngste Revision der Selbstregulierungsrichtlinien der Banken im Bereich der Renditeliegenschaften. Sie beobachtet die Entwicklungen am Hypothekar- und Immobilienmarkt weiterhin aufmerksam und prüft regelmässig, ob der antizyklische Kapitalpuffer angepasst werden muss.
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