FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt hat es am Donnerstag nach seiner jüngsten Erholungsrally etwas ruhiger angehen lassen. Vor allem der Dax (DAX) nahm sich eine Verschnaufpause, nachdem er in den vergangenen drei Handelstagen mehr als 2 Prozent zugelegt und sogar kurz über der Marke von 12 300 Punkten geschaut hatte. Am Donnerstag nun gab der deutsche Leitindex gegen Mittag moderat um 0,27 Prozent auf 12 230,67 Punkte nach.
Im Mittelpunkt des Marktes stand wieder vermehrt die Geld- und Innenpolitik in den USA. Während das Sitzungsprotokoll der Notenbank Fed die Investoren am Vorabend über den künftigen Zinspfad im Unklaren ließ, sorgen sie sich weiter um die Rückendeckung für US-Präsident Donald Trump. Dabei wirkte sich das zunehmend angespannte Verhältnis mit Wirtschaftsvertretern negativ aus. "Immer mehr zweifeln nun daran, dass der US-Präsident seine Reformpolitik durchsetzen kann", schrieb die Postbank in einem Kommentar.
Die deutschen Indexkollegen schlugen sich etwas besser als der Dax. Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Werte lag nur knapp mit 0,06 Prozent im Minus bei 24 950,56 Punkten, während es für den Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) um 0,18 Prozent auf 2271,52 Zähler nach oben ging. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) hingegen gab in ähnlichem Maße nach wie der deutsche Leitindex.
GERINGE TEUERUNG EIN PROBLEM FÜR DIE FED
Das am Mittwochabend veröffentlichte Sitzungsprotokoll der Fed zeigte, dass es unter den Zentralbankern eine große Debatte über die ungewöhnlich schwache Inflation gibt. Laut Christiane von Berg von der BayernLB hat es deutlich gemacht, "dass die aktuelle Inflationsschwäche zunehmend als Problem gesehen wird." Der künftige Zinspfad bleibe daraufhin unklar, fügte sie hinzu. Die verhaltene Teuerung gilt als wichtigste Bremse für die Zinskurve in den USA.
Im Tagesverlauf könnten dann nochmals neue Impulse von Wirtschaftsdaten aus den Vereinigten Staaten kommen. Beim Philly-Fed-Index für August rechnet die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) mit einer Verbesserung auf 22 Punkte. Erwartet werden außerdem Daten zur US-Industrieproduktion im Juli. Hier erwartet die Landesbank gegenüber dem Vormonat eine leichte Abschwächung.
DÜNNE NACHRICHTENLAGE BEI UNTERNEHMEN
Auf Unternehmensseite blieb die Nachrichtenlage äußerst dünn. In Dax und TecDax waren die Favoriten dieselben wie am Vortag: RWE (4:RWEG) stiegen im Leitindex um 1,31 Prozent und überboten so ihren höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren. Im TecDax sind Evotec (4:EVTG) mit einem Aufschlag von rund 3 Prozent weiter auf Höhenflug. Bei knapp 16 Euro erreichten sie ihren höchsten Stand seit 16 Jahren. Berenberg-Analystin Klara Fernandes sah am Donnerstag Kurspotenzial bis zu eben dieser Marke.
Zur Schwäche neigten hingegen die Finanzwerte, was Händler mit den eher moderater gewordenen Zinsaussichten in den USA begründeten. Der Sektor hatte seit Mitte 2016 deutlich von gestiegener Fantasie profitiert, weil höhere Zinsen grundsätzlich positiv für das Alltagsgeschäft der Banken sind. Am Donnerstag nun ging es aber europaweit nach unten. Titel der Deutschen Bank (4:DBKGn) waren im Dax mit einem Abschlag von 1,8 Prozent der größte Verlierer.
REKORDE BEI WIRECARD UND SIXT
Mit Zahlen im Mittelpunkt standen nur noch einige Nebenwerte. Das TecDax-Mitglied Wirecard (4:WDIG) wusste mit dem Nettogewinn, dem Barmittelfluss und einem beschleunigten Wachstumspfad zu überzeugen: Die Papiere waren mit einem halben Prozent unter den Gewinnern im Technologiewerte-Index. Zwischenzeitlich erreichten sie bei 69,49 Euro einen Rekordstand - ähnlich wie Sixt (DE:SIXG) im Kleinwerte-Index SDax (SDAX).
Die Titel des Autovermieters rückten dort in der Spitze bis auf 64,75 Euro vor. Zuletzt betrug der Aufschlag noch 1,78 Prozent auf 63,99 Euro. Die vorgelegten Halbjahreszahlen kamen dabei am Markt gut an. Analyst Christian Weiz von der Baader Bank lobte vor allem das starke Abschneiden im internationalen Geschäft. Spitzenreiter waren im SDax aber die Grammer-Aktien mit 3 Prozent Plus. Sie erholten sich damit von zuletzt deutlichen Kursverlusten.
ZUKUNFT VON STADA WEITER OFFEN
Im MDax blieben die Blicke auf Stada (4:STAGn) gerichtet. Auch im zweiten Anlauf droht den Finanzinvestoren Bain und Cinven bei ihrer geplanten Übernahme eine Schlappe. Bis zuletzt waren nur gut 46 Prozent der Anteile angedient worden, sodass die erforderliche Schwelle von 63 Prozent in Frage steht. Die Stada-Papiere standen mit 64,30 Euro etwas unterhalb der Offerte von 66,25 Euro. Ein abschließendes Ergebnis wird bis Ende der Woche erwartet.