Berlin (Reuters) - Der Druck auf die Chefin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Jutta Cordt, steigt nach Berichten über frühzeitige Hinweise auf den Skandal in der Bremer Außenstelle.
"Ich werde in der nächsten Woche Entscheidungen über organisatorische und gegebenenfalls auch personelle Konsequenzen treffen", kündigte Innenminister Horst Seehofer in der "Mittelbayerischen Zeitung" vom Dienstag an. Die SPD-Innenexpertin Eva Högl lehnte Rücktrittsforderungen zunächst ab, forderte aber Cordt zu Aufklärung des Skandals um die ungeprüfte Genehmigung von Asylanträgen. Das Bamf erklärte, die Leitung des Hauses sei nicht über alle Vorgänge im Zusammenhang mit der Bremer Außenstelle informiert worden.
Der "Spiegel" hatte berichtet, Anfang 2017 habe ein Bamf-Mitarbeiter vor einer Überprüfung von in Bremen ausgestellten Asyl-Bescheiden durch niedersächsische Behörden gewarnt. Er soll demnach vorgeschlagen haben, mit einer eigenen Untersuchung den niedersächsischen Beamten zuvorzukommen, bevor es "Politgetöse" gebe. Das Bamf räumte am Dienstag ein, die Mail sei auch an Cordt und die übrige Leitungsebene adressiert gewesen. Die Grünen-Flüchtlingsexpertin Luise Amtsberg sagte der "Rheinischen Post", sollte sich weiter verdichten, dass Cordt "entweder Hinweise ignoriert hat oder nicht hinreichend informiert wurde, ist sie kaum mehr zu halten".
Weiter berichtete das Magazin über einen Mail-Verkehr zu den Bremer Unregelmäßigkeiten, in der ein Gruppenleiter aus der Bamf-Zentrale entschieden habe, man solle "geräuschlos" vorgehen. "Ich möchte nicht, dass alles bis ins Detail geprüft wird", zitierte das Magazin aus dessen Mail. Hiervon habe Cordt keine Kenntnis gehabt, erklärte das Bamf. Die Hinweise seien geprüft worden, und es habe auch disziplinarische Konsequenzen gegeben.
KONSEQUENZEN MÜSSEN ERST NOCH AUSGEARBEITET WERDEN
Er müsse jetzt entscheiden, wie regelwidrige Asylentscheide verhindert werden könnten, sagte Seehofer. "Es muss eine Menge geschehen, nicht nur in Bremen." Der oberste Dienstherr des Bamf räumte ein, dass es erste Hinweise auf "vorsätzliche Rechtsverstöße" in der Bremer Stelle der Asylbehörde bereits Anfang 2016 gegeben habe. Auch in anderen Außenstellen seien Fehler gemacht worden. Bislang gebe es aber keine Hinweise darauf, dass auch diese absichtlich begangen wurden.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sieht auch Seehofer in der Pflicht. "Dazu gehört auch offenzulegen, wann er welche Informationen erhalten hat und wie er den Hinweisen nachgegangenen ist", sagte er der "Rhein-Neckar-Zeitung". Seehofer selbst bekräftigte, erst am 19. April von den Vorgängen in der Bremer Außenstelle erfahren zu haben. Eine Bamf-Mitarbeiterin hatte am 14. März im Ministerbüro um ein Telefonat mit dem CSU-Politiker gebeten, um über die Unregelmäßigkeiten in Bremen zu sprechen. Am 4. April telefonierte daraufhin Staatssekretär Stephan Mayer mit der Frau.
"Ich würde einen Untersuchungsausschuss im Bundestag begrüßen", sagte Seehofer. Högl wies dies als verfrüht zurück. Dies sei zu zeitaufwendig. Jetzt gehe es um schnelle Aufklärung. Am Wochenende hatten bereits AfD und FDP die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses gefordert. Für die Grünen lehnte Amtsberg dies zum jetzigen Zeitpunkt ab. Stattdessen soll sich der Innenausschuss des Bundestages mit dem Thema befassen. Ein Sitzung ist für den 29. Mai beantragt.