Berlin (Reuters) - Die deutsche Baubranche erwartet 2018 angesichts des Immobilienbooms und höherer Investitionen von Staat wie Unternehmen den höchsten Umsatz seit 23 Jahren.
Die Einnahmen dürften um rund vier Prozent auf gut 117 Milliarden Euro wachsen, sagen der mittelständische Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) und der Industrieverband HDB in einer am Donnerstag veröffentlichten gemeinsamen Prognose voraus. "Die Auftragsbücher sind gut gefüllt", erklärte ZDB-Präsident Hans-Hartwig Loewenstein in Berlin. Die verzögerte Regierungsbildung, der Fachkräftemangel und hohe Grundstückspreise könnten der Branche aber noch teuer zu stehen kommen.
"Wir haben fertig geplante Objekte, und die werden teilweise blockiert und nicht fortgeführt", klagte Loewenstein angesichts der Tatsache, dass auch vier Monate nach der Bundestagswahl noch keine neue Regierung steht. Im Bereich der Bundesverkehrswege - von Autobahnen bis Wasserstraßen - könne dies dazu führen, dass Investitionen nicht wie geplant hochgefahren werden. "Immerhin steht bereits jetzt fest, dass wir für erhebliche Teile des laufenden Jahres mit einer vorläufigen Haushaltsführung des Bundes leben müssen." Investitionen in Erhalt und Sanierung von Bundesverkehrswegen seien zwar nicht betroffen, ebenso wenig bereits begonnene Neubauten. "Dennoch sehen wir die Gefahr, dass bei einem zu späten Inkrafttreten des Bundeshaushalts viele Neubaumaßnahmen im laufenden Jahr nicht mehr in Angriff genommen werden können", so der Verbandspräsident. Die geschäftsführende Regierung müsse daher alle Spielräume des Haushaltsrechts nutzen, damit eingeplante Mittel rasch verbaut werden könnten.
Zu schaffen macht den Baufirmen auch der Fachkräftemangel. "Auf einen arbeitslosen Bauingenieur kommen inzwischen zwei offene Stellen", nannte HDB-Präsident Peter Hübner ein Beispiel. "Wir werden irgendwann gar keinen arbeitlosen Bauingenieur mehr finden. Hier haben wir Vollbeschäftigung." Dennoch will die Branche in diesem Jahr etwa 15.000 Stellen schaffen. Sie würde dann 820.000 Mitarbeiter zählen - rund 115.000 mehr als noch 2009. "Wir werden dafür werben, junge Menschen für diesen Beruf zu begeistern", so Hübner.
Wegen der niedrigen Zinsen, des Zuzugs in Metropolen und mangels attraktiver Anlagemöglichkeiten stecken Investoren seit Jahren verstärkt Geld in den Immobilienmarkt. Dies kommt vor allem dem Wohnungsbau zugute, der erneut für Schwung sorgt. Hier peilen die Verbände 3,5 Prozent mehr Umsatz an, nach vier Prozent Wachstum im Vorjahr. Gedämpft wird der Aufschwung aber von steigenden Grundstückspreisen. Hübner appellierte an die öffentliche Hand, Bauland nicht meistbietend an Immobilienentwickler zu vergeben, sondern für bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen. "Die Baulandbereitstellung wird zunehmend zum Flaschenhals für neue Projekte", sagte auch Loewenstein. Beim öffentlichen Bau und dem Wirtschaftsbau - etwa von Fabriken und Bürogebäuden - sei jeweils ein Anstieg um vier Prozent zu erwarten.