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HINTERGRUND-Die Rechtfertiger - FDP seit Wochen im Erklärungszwang

Veröffentlicht am 14.12.2017, 09:11
Aktualisiert 14.12.2017, 09:20
© Reuters.  HINTERGRUND-Die Rechtfertiger - FDP seit Wochen im Erklärungszwang

- von Thorsten Severin

Berlin (Reuters) - Die Führungsgremien der FDP trafen sich am Montag in Berlin, um die weitere Arbeit zu planen.

Eine putzmuntere Opposition wollten die Liberalen in den nächsten Jahren sein, hat Generalsekretärin Nicola Beer ausgegeben. Die FDP werde in konkreten Anträgen und Gesetzentwürfen Initiativen auf den Tisch legen und um Mehrheiten aus der demokratischen Mitte heraus werben. Die AfD will die FDP im Parlament "klein halten". Doch mit alldem werden die Liberalen kaum wahrgenommen. Denn auch gut drei Wochen nach dem Jamaika-Scheitern schlägt der Partei noch immer viel Unverständnis über ihren Ausstieg entgegen. Aus dem Rechtfertigen kommt sie daher kaum heraus. Allerdings: In der FDP selbst ist ein Aufschrei gegen das Jamaika-Aus und gegen den Vorsitzenden Christian Lindner bislang ausgeblieben.

In Umfragen musste die Partei dagegen jüngst kräftig Federn lassen: Sie kommt zurzeit nur noch auf acht oder neun Prozent - deutlich weniger als bei der Wahl am 24. September mit 10,7 Prozent.[nL8N1O90JU] Damit befindet sich die FDP in Umfragen ungefähr dort, wo sie im Sommer stand. Vor allem Lindner büßt stark an Ansehen ein: Im ARD-Deutschlandtrend verlor er 17 Punkte und rutschte auf 28 Prozent Zustimmung ab.[nL8N1O75DZ] Der 38-Jährige versucht, dies locker zu nehmen, und verteidigt seinen Entschluss. "Ich kann damit umgehen, weil ich von unserer Linie überzeugt bin." Die FDP sei "kein Waschmittelproduzent", der auf immer höheren Marktanteil dränge, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wir sind Überzeugungstäter."

Doch so manche Kritik aus der Wirtschaft dürfte ihn durchaus getroffen haben. Das "Handelsblatt" berichtete unlängst von einem Schlagabtausch zwischen Lindner und dem Präsidenten der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, am Rande des Deutschen Arbeitgebertages. FDP-Mitglied Kramer sagte demnach seinem Parteivorsitzenden ins Gesicht, es sei eine Schande, wie er sich verhalten und der Verantwortung entzogen habe. Und der baden-württembergische Unternehmer Reinhold Würth nannte die gescheiterten Gespräche eine "grandiose Blamage" für das Land, für die bei Neuwahlen CSU und FDP die gesalzene Quittung bekämen.

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Andere aus der Industrie äußern sich da verständnisvoller. Der Eigentümer des Prothesen-Herstellers Otto Bock, Hans Georg Näder, der mehrfach hohe Summen für die FDP gespendet hat, sagt: "Auch wenn ich mir eine Jamaika-Koalition für Deutschland als belebende Kraft gewünscht hätte, ist der Kurs von Christian Lindner und der FDP konsequent." Der Gründer der Helios-Kliniken, Lutz Helmig, der unter anderem im Januar 300.000 Euro für die FDP bereitstellte, sagt, der Ausstieg aus den Sondierungen sei nachvollziehbar. Und der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, nennt den Ausstieg aus den Sondierungen ebenfalls konsequent.

FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer räumt ein: "Natürlich hätten sich die Wirtschaft und die Menschen in Deutschland die FDP in der Regierung gewünscht." Und natürlich gebe es an der Basis Erklärungsbedarf. "Doch wenn man dann das Sondierungspapier und die vielen offenen Punkte auf den Tisch legt, ist schnell klar, dass Jamaika so nicht ging." Alles in allem sei die Stimmung an der Basis gut, die Versammlungen seien voll.

FRAGEN NACH DEM "WIESO UND WESHALB"

Auch der Bundestagsabgeordnete Otto Fricke hat festgestellt, dass die Entscheidung von Mitgliedern und Kernwählern mit weit überwiegender Mehrheit "ausdrücklich positiv" aufgenommen werde. Bundesvorstandsmitglied Lars Friedrich Lindemann räumt ein, aus seiner Sicht hätte in "Jamaika" eine große Chance gelegen. Aber die Entscheidung der Verhandlungsführer sei für ihn "nachvollziehbar und nach außen auch gut erklärbar". Es komme von Mitgliedern und Wählern aber schon die Frage nach dem "Wieso und Weshalb". Und es gebe auch diejenigen, die fragten: "Warum soll ich Euch beim nächsten Mal wiederwählen?" Insgesamt hätte er aber mit mehr Unverständnis gerechnet.

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Kritik an Lindner gibt es in der Partei bislang nicht. Eine Ausnahme bildete sein einstiger Wegbegleiter aus Nordrhein-Westfalen, Gerhard Papke. Er hatte dem Parteichef in Medien vorgeworfen, er scheue Situationen, die er persönlich nicht kontrollieren könne. Doch Papke gilt als Einzelstimme, und er war schon im Sommer mit einem Buch gegen Lindners politischen Kurs zu Felde gezogen. Die beiden gelten als zerstritten.

UNTERSCHIEDLICHE ANSICHTEN ZU NEUEM JAMAIKA-VERSUCH

Was einen neuen Jamaika-Versuch betrifft, so gab es unlängst verwirrende Stellungnahmen, die den Verdacht aufkommen ließen, dass es in der Partei unterschiedliche Ansichten existieren könnten. So sagte Parteivize Wolfgang Kubicki: "Scheitert die GroKo, haben wir eine andere Lage." Und fügte hinzu: "Selbstverständlich werden die Freien Demokraten im Licht der Entwicklung neue Bewertungen vornehmen." Lindner sah sich daraufhin genötigt, Spekulationen über eine Wiederbelebung der Jamaika-Sondierungen sofort zu zerstreuen. In dieser Wahlperiode sei "Jamaika" für niemanden mehr ein Thema. Was nach der nächsten oder übernächsten Wahl sei, könne niemand sagen, sagte er zu anderer Gelegenheit.

Schon einmal - wenige Tage nach jener Novembernacht - hatte es Irritationen geben: Damals wurden Bemerkungen von Generalsekretärin Nicola Beer so verstanden, als sei ein neuer Jamaika-Versuch denkbar, wenn ein komplett anderes Paket auf den Tisch käme. Auch da war es Lindner selbst, der dies einfing. Ungeachtet dessen verbreitete der Thüringer Landeschef und Bundestagsabgeordnete Thomas Kemmerich vergangene Woche als Vorsitzender des "Liberalen Mittelstandes" die Forderung, die Jamaika-Verhandlungen unter der Voraussetzung wieder aufzunehmen, dass Kanzlerin Angela Merkel abtrete.

Dass die Partei fest hinter Lindner steht, dürfte vor allem an seiner Retterrolle liegen. Mit der historischen Wahlniederlage 2013 und dem Ausscheiden aus dem Bundestag war die FDP in die größte Krise ihrer Geschichte geschlittert. Doch Lindner hat die Partei neu ausgerichtet, sie thematisch breiter aufgestellt und ihr ihren Stolz zurückgegeben. Hauptziel war die Rückkehr ins Parlament. Die FDP vertraute ihm und tut es auch jetzt.

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Nicht auszuschließen ist jedoch, dass sich vermehrt Frust breitmacht, je mehr sich die Republik auf eine neue große Koalition zubewegt und Beschlüsse getroffen werden, die so gar nicht mit liberalen Vorstellungen vereinbar sind. Forsa-Chef Manfrend Güllner merkte schon kurz nach dem Jamaika-Aus an, die Liberalen seien immer dann stark gewesen, wenn die Wähler aus dem Mittelstand das Gefühl gehabt hätten, sie könnten als Korrektiv in einer Regierung wirken.

Aus der Union könnte der Druck nochmal steigen, denn die SPD wird kein einfacher Gesprächspartner sein. Noch ist nicht klar, ob es die GroKo geben wird. Infrage käme als Alternative eine Minderheitsregierung der Union. In einer solchen Konstellation würde die FDP eine wichtige Rolle spielen. Lindner hat bereits angekündigt, seine Partei werde eine solche Minderheitsregierung konstruktiv begleiten und jedes Vorhaben einer neuen Regierung sachlich prüfen.

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