- von Holger Hansen und Andreas Rinke
Berlin (Reuters) - Auch nach dem knappen Ja des SPD-Parteitages zieht sich der Beginn von Koalitionsverhandlungen mit der Union vier Monate nach der Bundestagswahl weiter hin.
Die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD wollten am Montagabend den Fahrplan besprechen. Die SPD will danach in einer Klausur voraussichtlich am Donnerstag beraten, mit welcher Aufstellung sie in die Verhandlungen geht. Parteichef Martin Schulz kündigte an: "Wir werden über alle Themen, die wir während der Sondierungen angesprochen haben, jetzt erneut reden." CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer machte bei der Ankunft zu einer Vorbesprechung der Union aber deutlich, dass das Sondierungspapier die Verhandlungsgrundlage sei.
Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer lehnte Nachverhandlungen über grundsätzliche Ergebnisse der Sondierungen ab. "Wer jetzt versucht, einzelne Teile wieder komplett aufzumachen, der macht das gesamte Paket wieder auf, und das wird nicht gelingen", sagte die CDU-Politikerin im Südwestrundfunk. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) signalisierte der SPD indes beim Familiennachzug für Flüchtlinge Entgegenkommen. "Man kann über alles reden", sagt er im Deutschlandfunk. Er könne sich eine Härtefallregelung in einem "ganz engen, begrenztem Maße für diejenigen, die in allergrößter Not sind", vorstellen.
SCHULZ: KANN NICHT NACHVERHANDELN, WAS JETZT ERST BEGINNT
Ein SPD-Sonderparteitag hatte am Sonntag mit einer Mehrheit von 56 Prozent grünes Licht für Koalitionsverhandlungen gegeben. Die Delegierten trugen der SPD-Spitze aber auf, Korrekturen in ihrem Sinne am Sondierungspapier etwa im Arbeitsrecht, in der Gesundheitspolitik und beim Familiennachzug durchzusetzen. Schulz sagte, die Verhandlungen fingen jetzt erst an: "Wenn Verhandlungen jetzt beginnen, wird auch nicht nachverhandelt, sondern wird ein Verhandlungsbeginn gestartet."
Schulz zeigte sich überzeugt: "Die Verhandlungsposition der SPD ist stark." SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil rechnet mit Zugeständnissen. "Die Union hat, glaube ich, verstanden, dass die SPD überzeugt werden muss", sagte Klingbeil in der ARD. Hintergrund ist auch, dass die SPD-Mitglieder am Ende einem Koalitionsvertrag zustimmen müssen. Wann Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sein sollten, ließ Schulz offen: "Wir werden sicher darauf achten, dass die Zeiträume, die wir jetzt in Angriff nehmen, nicht zu lang werden."
Die Union dringt auf Tempo. Dort zeigte man sich verwundert, dass die SPD mehr Zeit wolle. Die Spitzen von CDU und CSU wollen die Koalitionsverhandlungen bis Ende kommender Woche oder spätestens bis zum Karneval abgeschlossen haben, der mit der Weiberfastnacht am 8. Februar seine heiße Phase erreicht. In der CDU wird darauf verwiesen, dass die SPD danach mehrere Wochen für ihren Mitgliederentscheid benötigen werde. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer wollen, dass eine neue Regierung bis Ende März steht.
In der CDU-Zentrale steckten am Montagnachmittag die Spitzen von CDU und CSU ihre Linie für die Verhandlungen ab. CSU-Generalsekretär Scheuer kam mit dem Sondierungspapier unter dem Arm zur Vorbesprechung. "Über das wird geredet", sagte er.