(Neu: Analysten-Einschätzung, aktueller Kurs, mehr Details)
DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der Rüstungskonzern Rheinmetall F:RHM will für seinen wegen der Ukraine-Krise gestoppten Russland-Auftrag eine Entschädigung vom Staat erhalten. Man spreche mit der Bundesregierung über den Umfang von Ersatzansprüchen, schrieb das Unternehmen am Donnerstag in seinem Halbjahresbericht. Auch eine Klage halten sich die Düsseldorfer offen, die wegen des Exportstopps für ein Gefechtszentrum Belastungen in Höhe von bis zu 20 Millionen Euro befürchten und deswegen ihre Jahresprognose zusammenstreichen mussten.
An der Börse sorgte der gesenkte Ausblick für einen Kursrutsch: Im frühen Handel verloren Rheinmetall-Papiere in der Spitze mehr als acht Prozent und waren mit Abstand schwächster MDax-Wert. Aus Sicht von DZ-Bank-Analyst Markus Turnwald könnte der aktuelle Preis nach dem Wertverlust der letzten Wochen von mehr als einem Drittel aber eine Einstiegsgelegenheit sein. Denn die Zahlen aus dem Tagesgeschäft des zweiten Quartals seien im Rahmen der Erwartungen oder sogar etwas besser ausgefallen.
Die Schlagzeilen beherrschte allerdings die Lieferung eines Gefechtszentrums, die die Bundesregierung Anfang der Woche endgültig gestoppt hatte. Eine Erfüllung des Auftrags sei deswegen "aus heutiger Sicht nicht mehr möglich", schrieb Rheinmetall - und ist nun auf Schadensbegrenzung aus: "Wir arbeiten intensiv daran, auch unter Ausnutzung aller uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel, die finanzielle Belastung so gering wie möglich zu halten."
Die russische Regierung als Auftraggeber hat ihrerseits bereits eine Schadensersatzklage angedroht. In dem modernen Übungszentrum für rund 30 000 Panzer- und Infanteriesoldaten pro Jahr sollten Kämpfe mit Lasertechnik simuliert werden, was Geld und Material spart. Rheinmetall gilt als eines der führenden Unternehmen für die Technik und betreibt ein ähnliches Zentrum schon seit 2001 für die Bundeswehr.
Nach der Entscheidung aus Berlin kappten die Düsseldorfer nun ihre Erwartungen an das laufende Geschäftsjahr und rechnen für ihr Rüstungsgeschäft mit 20 Millionen Euro weniger Gewinn. Weil außerdem eine Sparte des Aluminiumgeschäfts künftig als Gemeinschaftsunternehmen bilanziert wird, dürften weitere 10 Millionen Euro operativer Gewinn wegfallen, beim Umsatz erwartet der Vorstand 200 Millionen Euro weniger.
Diese Reduzierung gilt allerdings nicht für die Rüstungssparte, die auch nach der entzogenen Genehmigung 2,3 Milliarden Euro Umsatz anpeilt. Für Analyst Turnwald ein gutes Zeichen - und ein Indiz dafür, dass das nächste Jahr nicht mehr betroffen sein sollte. 2015 soll außerdem der eingeleitete Sparkurs seine volle Wirkung entfalten und die Kosten um bis zu 75 Millionen Euro senken. Für dieses Jahr peilt Rheinmetall 25 Millionen an.
Das Tagesgeschäft lief im zweiten Quartal solide: Sowohl die Rüstungs- als auch die Zuliefersparte für die Autoindustrie konnten zulegen. Weil im Gegensatz zum Vorjahr kaum noch Kosten für den Konzernumbau mit über 1100 Stellenstreichungen anfielen, stieg der Konzernüberschuss auf 7 Millionen Euro. Vor einem Jahr hatte Rheinmetall 17 Millionen Verlust verbucht. Der Umsatz legte - gebremst von ungünstigen Wechselkursen - um vier Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zu.