In den Sondierungen für eine Jamaika-Koalition von CDU, CSU, FDP und Grünen knirscht es.
Am Donnerstag fuhren sich die Unterhändler zeitweise beim Thema Klimaschutz fest. Eine Linie einer gemeinsamen Umweltpolitik zeichnete sich nicht ab. Zudem verabredeten die vier Parteien einen sorgfältigeren Umgang mit den erreichten Ergebnissen, nachdem sich am Mittwoch vor allem Grüne und FDP bei der Auslegung der Grundsätze einer gemeinsamen Finanzpolitik widersprachen. Streit zeichnet sich auch beim Thema Flüchtlinge ab, das die potenziellen Partner am Donnerstagnachmittag angehen wollen.
Aus Verhandlungskreisen hieß es, man habe sich vorerst auf das Festhalten an den deutschen Klimazielen für 2020 geeinigt. Dies gelte auch für die Ziele für 2030 und 2050. Ein Teilnehmer der Runde wies daraufhin, das Ergebnis müsse noch in der großen Sondierungsrunde mit allen Parteichefs gebilligt werden. Keinen Konsens gab es den Angaben zufolge über die Maßnahmen dafür. So ist der von den Grünen geforderte Kohleausstieg besonders umstritten. Deutschland will bis 2020 seinen Treibhausgas-Ausstoß um 40 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Dies gilt aber als schwer erreichbar. Nach jetzigem Stand werden es wohl höchstens 32 Prozent.
Schon vor Beginn der Gesprächsrunde erhöhte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) den Druck auf die Verhandlungspartner, indem er mit einem Scheitern drohte, sollten die Grünen auf nach seiner Ansicht überzogenen Klimaschutzmaßnahmen bestehen. Ebenfalls vor Beginn der Verhandlungen stimmten offenbar CDU, CSU und FDP eine gemeinsame Linie ab. Aus Parteikreisen verlautete, die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Christian Lindner (FDP) seien zu einem Treffen zusammengekommen.
STREIT ÜBER AUSLEGUNG VON FINANZPAPIER
Die Verhandlungen starteten am Vormittag mit Verstimmungen über die unterschiedlichen Auslegungen der Haushaltspolitik. "Es fehlt hier ein Grundvertrauen zwischen den Verhandlern", sagte der stellvertretende FDP-Chef Wolfgang Kubicki. Das Vertrauen sei Voraussetzung dafür, dass es keine unterschiedlichen Interpretationen gebe. Er warf den Grünen vor, die Ergebnisse der Finanzgespräche mit Zweifeln am Bekenntnis zur ausgeglichenen Haushalt infrage gestellt zu haben.
Grünen-Chef Cem Özdemir wies die Vorwürfe zurück: "Was nicht geht ist, dass man sich auf gemeinsame Papiere als Arbeitsgrundlage verständigt und dann einzelne Teilnehmer die doch sehr mutwillig in ihrem Sinne interpretieren und so tun, als ob da Dinge drinstehen, die da nicht drinstehen." Man könne nicht alle Wahlversprechen umsetzen.
Die Sondierungsrunde am Donnerstag begann Teilnehmern zufolge mit einer Aussprache über den Konflikt. Vereinbart worden sei, sorgfältiger mit den gemeinsamen Ergebnissen umzugehen. Dies sei auch der Grund für eine sorgfältige Abstimmung eines Papiers zur Europapolitik zwischen den vier Parteien. Ursprünglich sollte es am Donnerstagvormittag beschlossen und bekanntgegeben werden. Dann aber zog sich die Bearbeitung hin, um die Interpretationsspielräume so klein wie möglich zu halten.
GEGENSÄTZE IN FLÜCHTLINGSPOLITIK
Nach einer Mittagspause, in der es Maultaschensuppe, Currywurst, Frühlingsrollen, Seelachs und Nusskuchen gab, war das zweite konfliktbeladene Thema Flüchtlingspolitik vorgesehen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bekräftigte vor Verhandlungsbeginn die Linie der CSU: "Die Zahl der Menschen, die bei uns aufgenommen werden können, muss begrenzt werden." Eine Situation wie 2015 dürfe sich nicht wiederholen.
Eine Obergrenze wird jedoch von CDU, FDP und Grünen abgelehnt. Beim ebenfalls umstrittenen Thema Familiennachzug für Flüchtlinge kritisierte Herrmann, die Zahlen der Bundesregierung zur Zahl der nach Deutschland gereisten Angehörigen variierten "gewaltig". Er bekräftigte, der Familiennachzug für Flüchtlinge, die nicht persönlich in ihrer Heimat verfolgt würden, müsse ausgesetzt bleiben.
Die Grünen lehnen dies ab. Ihre Partei habe in dieser Frage einen "klaren humanitären Kompass", erklärte die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt. Zudem kritisierte sie die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan: "Ich finde es in dieser Situation (...) einen gravierenden Vorgang, dass es einen Flieger nach Afghanistan gegeben hat, auf dem mitnichten nur schwere Straftäter gesessen haben."