Paris/Berlin (Reuters) - Deutschland und Frankreich wollen bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung ILA Ende April in Berlin offenbar den offiziellen Startschuss zur Entwicklung eines neuen europäischen Kampfflugzeugs geben.
Sie hoffe, dass bei der ILA ein erster bedeutsamer Schritt nach vorn gegangen werde, sagte die französische Verteidigungsministerin Florence Parly der Zeitung "La Tribune". In Politik und Industrie liefen intensive Gespräche. Nun müssten beide Prozesse miteinander abgestimmt werden. Details nannte die Ministerin nicht. Möglicherweise werden Dassault und Airbus (PA:AIR) die Gelegenheit der Flugschau nutzen, um die Kooperation bei dem Flugzeug bekanntzugeben. Die Konzerne beraten darüber seit einiger Zeit. Deutschland und Frankreich hatten im Sommer angekündigt, sie wollten bei den großen Rüstungsprojekten der kommenden Jahrzehnte eng zusammenarbeiten und die gemeinsame Entwicklung des Jets bekanntgegeben.
Das neue Kampfflugzeug soll langfristig den Eurofighter bei der Bundeswehr beziehungsweise die Rafale bei der französischen Luftwaffe ablösen. Das Vorhaben ist mit Abstand das größte auf der deutsch-französischen Projektliste. Ein gemeinsamer Fahrplan dafür soll nach früheren Planungen bis Mitte 2018 stehen. Wer den Jet bauen wird, ist bislang unklar. Als aussichtsreiche Kandidaten gelten Dassault und Airbus. In Branchenkreisen wird darüber spekuliert, dass Dassault die Federführung übernehmen könnte. Die Kosten für das Projekt dürften in den kommenden Jahrzehnten für die beiden Länder deutlich im zweistelligen Milliardenbereich liegen. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte sich am Donnerstag in Paris mit Parly getroffen.
INSIDER - FORDERUNGSLISTE SOLL BEI ILA UNTERZEICHNET WERDEN
Aus Kreisen des französischen Verteidigungsministeriums verlautete, Deutschland und Frankreich würden in Berlin ein zehnseitiges Dokument unterzeichnen, das die operativen Anforderungen der Luftwaffen beider Länder an das neue Kampfflugzeug festlegt. Danach würden die beteiligten Konzerne knapp ein Jahr separat an den technischen Spezifikationen arbeiten, um sich dann auf einen Vertrag zu einigen. Bei den Unternehmen handle es sich um Dassault, MBDA, Thales und Safran (PA:SAF) auf französischer sowie Airbus auf deutscher Seite. Um über die Aufnahme weiterer europäischer Partner in das Projekt zu beraten, sei es noch zu früh.
Die ersten neuen Jets sollten 2040 ausgeliefert werden, um den Eurofighter abzulösen, hieß es in den Kreisen. Frankreich hatte sich in den 80er Jahren aus dem Eurofighter-Programm zurückgezogen, um mit Dassault die Rafale zu bauen. Am Bau des Eurofighters sind Airbus, die italienische Leonardo und die britische BAE beteiligt.
Deutschland und Frankreich wollen gemeinsam auch einen neuen Seefernaufklärer entwickeln. Eine entsprechende Absichtserklärung würden von der Leyen und Parly am 27. April unterzeichnen, teilte die Marine am Freitag auf ihrer Homepage mit. Deutschland fliegt bisher acht Maschinen des Typs P-3C Orion, Frankreich die Breguet Atlantique 2. Die viermotorige P-3C Orion ist das größte Kampfflugzeug der Bundeswehr. Sie hat eine Reichweite von rund 2500 Kilometern, kann große Seegebiete überwachen und mit Torpedos Jagd auf U-Boote machen. Im Sommer hatten sich beide Länder darauf verständigt, nach einer gemeinsamen Lösung zum Ersatz der alternden Maschinen zu suchen.
Auf der ILA soll nach Angaben aus Branchenkreisen erstmals auch ein Modell der geplanten Euro-Drohne in Originalgröße ausgestellt werden. Deutschland und Frankreich treiben die Entwicklung des Fluggeräts voran, das bei der Bundeswehr langfristig die israelischen Aufklärungsdrohnen der Typen Heron und Heron TP ersetzen soll. An dem Programm sind auch Spanien und Italien beteiligt. Ein Vertragsabschluss für die Euro-Drohne, die Waffen tragen können soll, wird vor 2019 angestrebt.