STUTTGART (dpa-AFX) - Undurchsichtige Steuergesetze wie jüngst im Zusammenhang mit dem Volkswagen -Porsche -Deal offenbaren aus Sicht des Netzwerkes Steuergerechtigkeit ein generell bedrohliches System. 'Für den einfachen Steuerzahler ist das, was sich jetzt bei VW und Porsche anbahnt, nicht mehr zu verstehen. Es ist ein grundsätzliches Problem: Die Finanzelite entfernt sich immer mehr vom Bürger', sagte einer der Sprecher des Netzwerkes, Markus Meinzer, der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Der Expertenzusammenschluss wird von Organisation wie den Hilfswerken Misereor und Terre des Hommes oder dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac unterstützt.
'Wenn es um faire Besteuerung geht, gilt für Großkonzerne und Wohlhabende schon seit langem ein ganz anderes Maß', sagte Meinzer. Das Hintertürchen im Gesetz, das VW und Porsche einen Zusammenschluss ohne milliardenschwere Steuerlast eröffnet, sei eigentlich gedacht 'für die Vermeidung von ungerechtfertigten Härten bei betriebswirtschaftlich motivierten Umstrukturierungen'. Meinzer argumentierte: 'Auch wenn es dem Buchstaben des Gesetzes nach legal sein mag: es folgt nicht dem Geist des Gesetzes.'
Wie vor kurzem bekanntwurde, kann Volkswagen seinen seit langem stockenden Zusammenschluss dank eines steuerrechtlichen Kniffs als Umstrukturierung ausweisen und Steuerlasten damit umschiffen. Möglich wird das, da VW und Porsche über die Porsche-Dachgesellschaft SE bereits eine Einheit bilden. Dieses Konstrukt ist das Ergebnis eines der größten deutschen Wirtschaftskrimis, in dem Porsche vor rund vier Jahren mit riskanten Finanzgeschäften nach der Macht bei VW griff. In dieser gemeinsamen Dacheinheit reicht nun das Verschieben einer VW-Stammaktie - und schon wird der Kauf ein steuerfreier Umbau.
Meinzer sieht in dem Fall ein Paradebeispiel für ineffizientes Steuerrecht. 'Die zwei Unternehmen sind im Mehrheitsbesitz ein- und derselben Holding und müssen bisher so tun, als seien sie unabhängige Unternehmen und sich zum Beispiel gegenseitig Preisaufschläge berechnen', gab Meinzer zu bedenken. 'Doch nach der Umstrukturierung, wo nach wie vor die Holding den Ton angibt, können VW und Porsche miteinander plötzlich Freundschaftspreise vereinbaren. Das ist absurd, aber daran verdienen sich Wirtschaftsanwälte und Beratungsfirmen eine goldene Nase - auf Kosten der Konsumenten.'
Niemand könne nachvollziehen, welche Steuern die großen deutschen Konzerne wo tatsächlich zahlen - und nicht nur auf dem Papier. Standorte in Steueroasen und interne Verrechnungsmöglichkeiten im Unternehmensgeflecht eröffneten einen derart großen Spielraum, dass selbst die Steuerbehörden nicht mehr durchblickten - am wenigsten der gewöhnliche Steuerzahler. Das hierzulande strenge Steuergeheimnis trage maßgeblich dazu bei. 'In den USA ist es möglich herauszufinden, dass beispielsweise Google für seine Gewinne außerhalb der USA nur 2,4 Prozent Steuern bezahlt. Das ist in Deutschland unmöglich', sagte Meinzer. 'Dabei wäre Transparenz in Steuersachen für jeden wichtig, denn die eigenen Kaufentscheidungen sollten doch berücksichtigen können, ob Großkonzerne sich vor dem Fiskus künstlich arm rechnen oder ihren fairen Steuerbeitrag für die Gemeinschaft leisten.'
Die schiere Größe der Unternehmen und ihre oft Zehntausenden Jobs rechtfertigten keine Sonderbehandlung. Auch sei es falsch, vor dem Totschlagsargument Standortverlagerung zu kapitulieren. 'Sinnvolle Investitionen werden immer getätigt, unabhängig von der Steuerlast. Und an Deutschland führt bei Qualitätsprodukten und Forschungsarbeit oft kein Weg vorbei.' Damit sich bei der politischen Gestaltung etwas ändere, brauche es aber mehr Einmischung aus der Bevölkerung. 'Wo wir in den 80er Jahren mit der aufkeimenden Umweltbewegung standen, da sind wir heute mit der Steuergerechtigkeit', sagte Meinzer./loh/DP/zb
--- Gespräch: Heiko Lossie, dpa ---
'Wenn es um faire Besteuerung geht, gilt für Großkonzerne und Wohlhabende schon seit langem ein ganz anderes Maß', sagte Meinzer. Das Hintertürchen im Gesetz, das VW und Porsche einen Zusammenschluss ohne milliardenschwere Steuerlast eröffnet, sei eigentlich gedacht 'für die Vermeidung von ungerechtfertigten Härten bei betriebswirtschaftlich motivierten Umstrukturierungen'. Meinzer argumentierte: 'Auch wenn es dem Buchstaben des Gesetzes nach legal sein mag: es folgt nicht dem Geist des Gesetzes.'
Wie vor kurzem bekanntwurde, kann Volkswagen seinen seit langem stockenden Zusammenschluss dank eines steuerrechtlichen Kniffs als Umstrukturierung ausweisen und Steuerlasten damit umschiffen. Möglich wird das, da VW und Porsche über die Porsche-Dachgesellschaft SE bereits eine Einheit bilden. Dieses Konstrukt ist das Ergebnis eines der größten deutschen Wirtschaftskrimis, in dem Porsche vor rund vier Jahren mit riskanten Finanzgeschäften nach der Macht bei VW griff. In dieser gemeinsamen Dacheinheit reicht nun das Verschieben einer VW-Stammaktie - und schon wird der Kauf ein steuerfreier Umbau.
Meinzer sieht in dem Fall ein Paradebeispiel für ineffizientes Steuerrecht. 'Die zwei Unternehmen sind im Mehrheitsbesitz ein- und derselben Holding und müssen bisher so tun, als seien sie unabhängige Unternehmen und sich zum Beispiel gegenseitig Preisaufschläge berechnen', gab Meinzer zu bedenken. 'Doch nach der Umstrukturierung, wo nach wie vor die Holding den Ton angibt, können VW und Porsche miteinander plötzlich Freundschaftspreise vereinbaren. Das ist absurd, aber daran verdienen sich Wirtschaftsanwälte und Beratungsfirmen eine goldene Nase - auf Kosten der Konsumenten.'
Niemand könne nachvollziehen, welche Steuern die großen deutschen Konzerne wo tatsächlich zahlen - und nicht nur auf dem Papier. Standorte in Steueroasen und interne Verrechnungsmöglichkeiten im Unternehmensgeflecht eröffneten einen derart großen Spielraum, dass selbst die Steuerbehörden nicht mehr durchblickten - am wenigsten der gewöhnliche Steuerzahler. Das hierzulande strenge Steuergeheimnis trage maßgeblich dazu bei. 'In den USA ist es möglich herauszufinden, dass beispielsweise Google
Die schiere Größe der Unternehmen und ihre oft Zehntausenden Jobs rechtfertigten keine Sonderbehandlung. Auch sei es falsch, vor dem Totschlagsargument Standortverlagerung zu kapitulieren. 'Sinnvolle Investitionen werden immer getätigt, unabhängig von der Steuerlast. Und an Deutschland führt bei Qualitätsprodukten und Forschungsarbeit oft kein Weg vorbei.' Damit sich bei der politischen Gestaltung etwas ändere, brauche es aber mehr Einmischung aus der Bevölkerung. 'Wo wir in den 80er Jahren mit der aufkeimenden Umweltbewegung standen, da sind wir heute mit der Steuergerechtigkeit', sagte Meinzer./loh/DP/zb
--- Gespräch: Heiko Lossie, dpa ---