Peking (Reuters) - Mitten im Handelsstreit mit den USA schwächelt die chinesische Konjunktur. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Juli bis September wegen der nachlassenden Dynamik in der Industrie nur noch um 6,5 Prozent zum Vorjahreszeitraum zu.
Das ist das kleinste Plus seit dem Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise Anfang 2009. Die Regierung in Peking sieht ihr Wachstumsziel für das laufende Jahr aber nicht in Gefahr. Experten erwarten allerdings, dass sie 2019 im Zusammenspiel mit der Zentralbank zu Konjunkturhilfen greifen wird, da dann erst die US-Strafzölle ihre volle Wirkung entfalten dürften.
"Von außen kommen Unsicherheiten für unsere Bemühungen, das Wachstum zu stabilisieren", sagte ein Sprecher des Statistikamtes am Freitag unter Anspielung auf den von US-Präsident Donald Trump entfachten Handelskonflikt. Die beiden größten Wirtschaftsmächte der Welt überziehen sich seit Monaten mit Strafzöllen. "Wir sind aber in der Lage, das Ziel von etwa 6,5 Prozent Wachstum im Gesamtjahr zu erreichen", ergänzte der Sprecher. In den ersten drei Quartalen lag das Plus mit 6,7 Prozent über der Zielmarke. Auch für 2019 zeigte sich die Regierung zuversichtlich.
Ökonomen rechnen angesichts des Streits mit den Vereinigten Staaten aber mit einer weiteren Eintrübung, sollten die Zollsätze auf chinesische Importe im Wert von 200 Milliarden Dollar ab Januar von zehn auf 25 Prozent angehoben werden. "Wir sind für die wirtschaftlichen Aussichten nicht so optimistisch, da die Exporte mit weiterem Gegenwind konfrontiert sind, weil die US-Zölle einsetzen und die Nachfrage aus den Schwellenländern abebbt", sagte Analyst Nie Wen vom Finanzhaus Hwabao Trust Shanghai. "Das Wachstum dürfte sich im nächsten Jahr auf 6,0 bis 6,2 Prozent verlangsamen." Das sieht auch Kota Hirayama von SMBC Nikko Securities so: "Wir gehen davon aus, dass nach Beginn des neuen Jahres die negativen Folgen der Handelsspannungen deutlicher zu erkennen sein werden." Eine Ende des Konfliktes ist bislang nicht in Sicht.
Trump stört sich daran, dass die USA weit mehr aus China importieren als dorthin verkaufen. Außerdem wirft er der Volksrepublik unfaire Praktiken und Technologiediebstahl vor. Die deutsche Wirtschaft verfolgt den Streit zwischen ihren beiden wichtigen Kunden mit Sorge. Der Außenhandelsverband BGA senkte kürzlich seine Prognose für den Zuwachs der Exporte in diesem Jahr von fünf auf 3,5 Prozent. "Das ist für mich keine Delle, das ist der Beginn einer Abwärtsbewegung", sagte BGA-Präsident Holger Bingmann.
"HEY, WIR BRAUCHEN DICH NICHT"
Für einen Dämpfer im dritten Quartal sorgte vor allem Chinas exportabhängige Industrie. Sie drosselte ihre Produktion zuletzt kräftig. Besonders die Autobranche fuhr ihre Fertigung zurück und reagierte damit auf eine sinkende Nachfrage. Experten gehen davon aus, dass Regierung und Zentralbank notfalls eingreifen werden, um die Konjunktur zu stützen. "Am Ende wird China alles tun, um seine Wirtschaft zu schützen und den USA zu zeigen: 'Hey, wir brauchen dich nicht'", sagte Analyst Ray Attrill vom Finanzhaus NAB.
Einen Einbruch der Wirtschaft erwarten die meisten Experten daher nicht. "Die chinesische Regierung hat frühzeitig erste Maßnahmen ergriffen, um die Inlandsnachfrage wieder anzukurbeln", sagte Ökonom Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe. So müssen die Banken weniger Geld als Reserve bei der Zentralbank parken. Die so freigewordenen Mittel stehen nun für Kredite zur Verfügung. "Ein stärkerer Wachstumsrückgang dürfte somit verhindert werden", sagte Hepperle.