Berlin, 20. Mai (Reuters) - Das Bundeskabinett hat nach den jüngsten Corona-Ausbrüchen in der Fleischindustrie Regierungskreisen zufolge ein Verbot von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassungen in der Branche beschlossen. Ab Januar dürften nur noch Mitarbeiter des eigenen Betriebes Tiere schlachten und das Fleisch verarbeiten, hieß es nach der Kabinettssitzung am Mittwoch. Die Regelung beschränke sich auf Unternehmen, deren Kerngeschäft das Schlachten und die Fleischverarbeitung ist. Das Fleischerhandwerk mit seinen gewöhnlich viel kleineren Betrieben bleibe dagegen von dem Verbot ausgenommen. Kritiker machen die in der Fleischindustrie verbreiteten Sammelunterkünfte für osteuropäische Arbeiter und schlechte Hygienestandards für die rasante Ausbreitung des Virus in der Branche verantwortlich.
Zusätzlich will die Regierung den Angaben zufolge stärkere Kontrollen veranlassen, um die Arbeitgeber zur Einhaltung der Gesundheitsstandards zu zwingen. Die Arbeitgeber sollten auch zu einer digitalen Arbeitszeiterfassung verpflichtet werden. Das Bußgeld für Arbeitszeitverstöße werde auf bis zu 30.000 Euro verdoppelt. Über den ursprünglichen Entwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte es in der Koalition Streit gegeben, da er einen Passus enthielt, wonach Werkverträge auch in anderen Branchen als der Fleischindustrie abgeschafft werden könnten. Dies lehnt die Union ab.
In der Fleischwirtschaft in Deutschland sind rund 200.000 Menschen beschäftigt. Unter ihnen sind viele Arbeiter aus Osteuropa, die oft nur Werkverträge haben und in engen oder heruntergekommenen Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind. Zuletzt hatten sich mehr als 600 Mitarbeiter von Fleischfabriken in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein mit dem Coronavirus infiziert.