APA ots news: Wiener Zeitung: Leitartikel von Reinhard Göweil: 'Ramsch-Debatte ums 'AAA''
Ausgabe vom 17. Jänner 2012
Wien (APA-ots) - Die bisherige Debatte um den Verlust der Top-Bonität
Österreichs (AAA) hätte zweifelsohne Ramsch-Status verdient. Der Chef
der Volkspartei will nun doppelt so viel einsparen wie noch vorige
Woche. Der Chef des Staatsschuldenausschusses Bernhard Felderer
(Achtung, Experte!) wusste es schon lang und sieht den Fehler in der
'eigenen Politik'. Volkswirte heimischer Banken sehen 'enormen
Reformbedarf der Politik'. Der Bundespräsident mahnt zur Eile bei
Sparbemühungen, der FPÖ-Chef will gar Neuwahlen.
Nun mögen all diese Äußerungen für sich betrachtet richtig sein, aber
mit der Entscheidung der US-Ratingagentur Standard & Poor's,
Österreich das neuerdings identitätsstiftende Triple-A abzuerkennen,
haben sie nichts zu tun.
Im Gegenteil. Die Herren der globalen Kreditwürdigkeit beschreiben in
ihrem Bericht vor allem Budget-externe Gefahren: Die Euro-Reformen,
getragen von Einsparungen, würden den Konsum schmälern und Job-Ängste
schüren. Dazu kommt die Sorge, dass heimische Banken erneut
öffentliche Hilfe benötigen, weil aus Ländern, in denen die
österreichische Wirtschaft stark engagiert ist, Ausfälle drohen.
Standard & Poor's nennt Italien und Ungarn.
Anstatt gute Ratschläge zu geben, könnten also die Banken überlegen,
was sie für die Republik tun können, um das Damoklesschwert der hohen
Auslandskredite zu beseitigen. Kanzler, Außen- und Finanzminister(in)
könnten ihre EU-Räte darauf hinweisen, wie zweischneidig eine
Strategie ist, die bloß aufs Sparen setzt und das Wirtschaftswachstum
Europas auf null sinken lässt.
Die Regierung hätte dies alles längst laut sagen können - der Bericht
von Standard & Poor's ist seit vergangenem Freitag, 22.49 Uhr,
online.
Stattdessen erlebte das Land eine in Politik und Medien geführte
wirtschaftspolitische Debatte Marke 'völlig daneben'. Die einzige
adäquate Äußerung zur Herabstufung von Frankreich und Österreich
sowie sieben weiterer EU-Länder kam vom deutschen Finanzminister
Wolfgang Schäuble. Dieser meinte, die US-Ratingagentur habe wohl
einiges nicht begriffen.
Bevor also der nationale Schlachtruf 'wir wollen unser Triple-A
zurück' erschallt, sollten die heimischen Politiker besser mithelfen,
in Europa endlich eine abgestimmte Politik auf die Reihe zu kriegen.
Da sie dies aber nicht einmal im Inland hinbekommen, sind Zweifel
nicht nur möglich, sondern ausdrücklich erlaubt.
www.wienerzeitung.at/leitartikel
Rückfragehinweis:
Wiener Zeitung
Sekretariat
Tel.: +43 1 206 99-474
mailto:redaktion@wienerzeitung.at
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Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/454/aom
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OTS0186 2012-01-16/16:20
Ausgabe vom 17. Jänner 2012
Wien (APA-ots) - Die bisherige Debatte um den Verlust der Top-Bonität
Österreichs (AAA) hätte zweifelsohne Ramsch-Status verdient. Der Chef
der Volkspartei will nun doppelt so viel einsparen wie noch vorige
Woche. Der Chef des Staatsschuldenausschusses Bernhard Felderer
(Achtung, Experte!) wusste es schon lang und sieht den Fehler in der
'eigenen Politik'. Volkswirte heimischer Banken sehen 'enormen
Reformbedarf der Politik'. Der Bundespräsident mahnt zur Eile bei
Sparbemühungen, der FPÖ-Chef will gar Neuwahlen.
Nun mögen all diese Äußerungen für sich betrachtet richtig sein, aber
mit der Entscheidung der US-Ratingagentur Standard & Poor's,
Österreich das neuerdings identitätsstiftende Triple-A abzuerkennen,
haben sie nichts zu tun.
Im Gegenteil. Die Herren der globalen Kreditwürdigkeit beschreiben in
ihrem Bericht vor allem Budget-externe Gefahren: Die Euro-Reformen,
getragen von Einsparungen, würden den Konsum schmälern und Job-Ängste
schüren. Dazu kommt die Sorge, dass heimische Banken erneut
öffentliche Hilfe benötigen, weil aus Ländern, in denen die
österreichische Wirtschaft stark engagiert ist, Ausfälle drohen.
Standard & Poor's nennt Italien und Ungarn.
Anstatt gute Ratschläge zu geben, könnten also die Banken überlegen,
was sie für die Republik tun können, um das Damoklesschwert der hohen
Auslandskredite zu beseitigen. Kanzler, Außen- und Finanzminister(in)
könnten ihre EU-Räte darauf hinweisen, wie zweischneidig eine
Strategie ist, die bloß aufs Sparen setzt und das Wirtschaftswachstum
Europas auf null sinken lässt.
Die Regierung hätte dies alles längst laut sagen können - der Bericht
von Standard & Poor's ist seit vergangenem Freitag, 22.49 Uhr,
online.
Stattdessen erlebte das Land eine in Politik und Medien geführte
wirtschaftspolitische Debatte Marke 'völlig daneben'. Die einzige
adäquate Äußerung zur Herabstufung von Frankreich und Österreich
sowie sieben weiterer EU-Länder kam vom deutschen Finanzminister
Wolfgang Schäuble. Dieser meinte, die US-Ratingagentur habe wohl
einiges nicht begriffen.
Bevor also der nationale Schlachtruf 'wir wollen unser Triple-A
zurück' erschallt, sollten die heimischen Politiker besser mithelfen,
in Europa endlich eine abgestimmte Politik auf die Reihe zu kriegen.
Da sie dies aber nicht einmal im Inland hinbekommen, sind Zweifel
nicht nur möglich, sondern ausdrücklich erlaubt.
www.wienerzeitung.at/leitartikel
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