NEW YORK/LONDON (dpa-AFX) - Die Ölpreise haben am Dienstag in einem angespannten Umfeld stark zugelegt. Im Verlauf des Vormittags stieg der Preis für Rohöl aus der Nordsee wieder über die Marke von 100 US-Dollar je Barrel (159 Liter) bis auf ein Tageshoch bei 102,32 Dollar. Gegen Mittag wurde ein Fass der Nordseesorte Brent bei 101,88 Dollar gehandelt. Das waren 3,91 Dollar mehr als am Vortag. Zu Wochenbeginn war der Preis noch bis etwa 105 Dollar gestiegen, fiel dann allerdings zeitweise deutlich zurück. Ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) kostete am Dienstag 98,87 Dollar und damit 3,15 Dollar mehr als am Montag.
Auslöser des jüngsten Preisschubs am Erdölmarkt sind der Krieg Russlands in der Ukraine und die sich eintrübenden Beziehungen zwischen dem Westen und Russland. Rohstoffexperten beschäftigen sich mit den Konsequenzen für die Öllieferungen Russlands. Das Land ist einer der weltgrößten Rohölförderer und -exporteure. Die Internationale Energieagentur (IEA) will am Dienstag eine außerordentliche Sitzung zu der Thematik abhalten.
Die scharfen Wirtschafts- und Finanzsanktionen, die viele Länder gegen Russland ergriffen haben, richten sich bisher nicht direkt gegen den Ölsektor. Ebenso hat Russland bisher keine konkreten Gegensanktionen auf dem Gebiet ergriffen. An den Märkten wird spekuliert, dass große Volkswirtschaften wie die USA einen Teil ihrer strategischen Erdölreserven freigeben könnten.
Allerdings dürften nach Einschätzung des Rohstoffexperten Carsten Fritsch von der Commerzbank (DE:CBKG) deutlich weniger Rohstofflieferungen aus Russland nachgefragt werden, obwohl diese von den Strafmaßnahmen des Westens bislang nicht direkt betroffen seien. Fritsch geht davon aus, dass Rohstoffkonsumenten wegen der unsicheren Rechtslage vor Käufen von Öl aus Russland zurückschrecken.
Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine und eines Brent-Preises über der Marke von 100 Dollar wird von dem Ölverbund Opec+, in dem Staaten des Ölkartells gemeinsam mit Russland organisiert sind, eine weitere Anhebung der Fördermenge erwartet. Am Markt wird fest damit gerechnet, dass die Opec+ bei einem Treffen an diesem Mittwoch die Fördermenge um weitere 400 000 Barrel pro Tag erhöhen dürfte.