- von Patricia Weiss und Kirsti Knolle
Wien/München (Reuters) - Nach der gescheiterten Übernahme durch die Lufthansa (DE:LHAG) wird händeringend nach einem Retter für die insolvente Air-Berlin-Tochter Niki gesucht.
Noch am Donnerstag nahm Insolvenzverwalter Lucas Flöther Gespräche mit möglichen Interessenten für die österreichische Fluggesellschaft auf. Die Zeit drängt: "Wir haben noch ein paar Tage Zeit, ehe Niki die Start- und Landerechte verlieren würde", sagte ein Sprecher Flöthers. Neben Firmengründer Niki Lauda sollen bereits weitere potenzielle Käufer die Hand gehoben haben. "Mir ist bekannt, dass es drei bis vier Interessenten gibt", sagte der Vorsitzende der österreichischen Gewerkschaft GPA, Wolfgang Katzian. Österreich prüft derweil einen Überbrückungskredit für die Fluglinie mit 1000 Mitarbeitern.
Die Lufthansa hatte sich am Mittwoch gegen eine Übernahme von Niki entschieden, da die kartellrechtlichen Bedenken der EU-Kommission zu groß waren. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verteidigte ihre harte Haltung: "Es war keine Überraschung für Lufthansa, dass wir den Plan kritisch gesehen haben." Die Kommission werde bis zum 21. Dezember entscheiden, ob die Lufthansa die Air-Berlin-Regionalflugtochter LGW übernehmen könne. Air-Berlin-Sanierer Frank Kebekus will bis Ende des Jahres eine Lösung für Niki finden. Er rechne in den nächsten Tagen mit neuen Angeboten, sagte er dem "rbb-Inforadio". Wenn es eine Lösung gebe, könne man sich sicherlich auch im Januar noch einmal die ein oder andere Woche nehmen, um diese dann festzuzurren.
NIKI LAUDA - "ALLEIN MACH ICH DAS JETZT"
Flöther hofft nun auf ein Umdenken bei der British-Airways-Mutter IAG oder der Condor-Mutter Thomas Cook (LON:TCG), die bereits einen Blick in die Bücher von Niki geworfen hatten. Bei einem reinen Verkauf des Geschäftsbetriebs, wie er ihn nun plant, seien die Risiken für den neuen Eigentümer geringer. Firmengründer Lauda sagte im "ORF", er wolle für Niki ohne Partner bieten. "Alleine mach ich das jetzt, dann geht's schneller." Lauda hatte zusammen mit Condor den Hut in den Ring geworfen, aber gegen Lufthansa den Kürzeren gezogen.
Die IAG hatte Air Berlin zufolge vor der Niki-Insolvenz signalisiert, dass sie kein Interesse mehr an einer Übernahme habe. Der Vorstand von Thomas Cook hat sich der "Süddeutschen Zeitung" zufolge mit dem Thema zumindest beschäftigt. Insolvenzverwalter Flöther, der auch Air Berlin abwickelt, war am Donnerstag zunächst bei Niki in Wien. Allein dort stehen 790 Mitarbeiter vor dem Aus. Rund 300 bis 400 kamen am Flughafen Wien zu einer Versammlung zusammen. "Das Treffen ist im Streit geendet. Die Mitarbeiter hatten die Nase voll und der Geschäftsführer ist dann einfach gegangen", sagte Niki-Mitarbeiter Sebastian van Ven, der nach seiner Nachschicht als Techniker an der Versammlung teilnahm.
LUFTHANSA-TÖCHTER WOLLEN NIKI-MITARBEITER
Die Lufthansa-Töchter AUA und Eurowings warben unterdessen um Niki-Mitarbeiter. Austrian suche mehrere Hundert Mitarbeiter, vor allem bis zu 200 fertig ausgebildete Piloten. Den Niki-Flugzeugführern biete die Airline eine spezielle "Fast Track Selection an". Für Flugbegleiter gebe es in der kommenden Woche ein Casting, welches sich speziell auch ein Niki-Mitarbeiter richte. Eurowing stellte ehemaligen Beschäftigten von Air-Berlin und deren Tochtergesellschaften bei einer Bewerbung ein verkürztes Auswahlverfahren in Aussicht. Bei drei Recruiting Days in der kommenden Woche, davon zwei in Wien, könnten bei entsprechender Eignung bereits Einstellungszusagen gemacht werden.[nL8N1OE3B7]
Die Flugbegleiter-Gewerkschaft UFO warf der Lufthansa vor, auch nach der geplatzten Übernahme der "absolute Profiteur" der Air-Berlin-Pleite zu sein. "In den vergangenen Wochen gab es für die ehemaligen Air-Berlin-Kollegen eine unsägliche Hängepartie bezüglich der Konditionen, zu denen diese Kollegen im Lufthansakonzern unterkommen sollen. Das muss endlich ein Ende haben,", sagte Ufo-Tarifvorstand Nicoley Baublies.
Niki hatte am Mittwoch beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Insolvenzantrag gestellt. Der Flugbetrieb wurde eingestellt. Nach Angaben des österreichischen Verkehrsministeriums drohen damit in den nächsten zwei Wochen rund 5000 Passagiere zu stranden. Für die meisten von ihnen gebe es aber genügend Plätze auf anderen Flügen. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) erklärte, deutsche Fluggesellschaften wollten mithelfen, dass Niki-Passagiere zurück nach Deutschland geflogen werden könnten. Ihnen sollten Plätze zu Sonderkonditionen angeboten werden. Das gelte für Passagiere, die keine Pauschalreisen gebucht hätten und nun ohne gültiges Ticket dastehen. Bei Pauschalreisenden müssten die Reiseveranstalter einen alternativen Rückflug organisieren.