Investing.com - Laut Scott Minerd von Guggenheim Partners, der letzten Monat einen Bitcoin-Kollaps "vorausgesagt" hat, ist der Sturzflug der beliebten Kryptowährung noch nicht vorbei.
"Von hier aus kann man es sich leisten, geduldig zu sein. Da kommt noch mehr", sagte Minerd in einem Interview mit dem US-Sender CNBC am Dienstag.
Am 21. April, als Bitcoin bei etwa 55.000 Dollar stand, sprach er auf CNBC von „sehr schaumigen“ Kursniveaus. In der Folge antizipierte er einen BTC-Rückgang auf 20.000 Dollar oder 30.000 Dollar, was sich fast bewahrheitet hätte. Letzten Mittwoch brach der Bitcoin-Preis bis auf 30.000 Dollar ein. Im Anschluss kam es zu einer moderaten Gegenbewegung, die die nach Marktkapitalisierung wichtigste Kryptowährung wieder in die Nähe der psychologisch wichtigen Marke von 40.000 Dollar gebracht hat.
Gegenüber CNBC sagte Minerd, dass der exponentielle Anstieg der Kryptowährung im letzten Jahr, beginnend bei rund 9.000 Dollar, auf Dauer nicht durchzuhalten war. "Das andere Problem ist der Aufstieg alternativer Währungen, das Anleger einen Teil ihres Kapitals, das normalerweise in Bitcoin investiert werden würde, abziehen und in andere Kryptowährungen umleiten", fügte er hinzu.
Minerd bezeichnete den jüngsten Bitcoin-Ausverkauf als "Washout". So wie der Börsencrash 1987 und die Dot-Com-Blase ein Jahrzehnt später, werde es eine Weile dauern, bis sich der Kryptomarkt wieder stabilisiert habe, sagte er.
"Ich glaube, dass Bitcoin der Überlebende sein wird. Auch andere werden überleben", sagte Minerd. "Genau wie zur Zeit der Dot-Com-Blase. Wer hat überlebt? Amazon (NASDAQ:AMZN) oder pets.com?“
"Der Flush Out und der Absturz der Preise waren nötig, um den Markt zu bereinigen. Ich denke, genau das werden wir in den nächsten paar Jahren auch bei Bitcoin durchmachen müssen", schloss er.
Bitcoin bleibt anfällig
In die gleiche Kerbe wie Minerd schlägt schließlich auch die technische Ausgangslage für Bitcoin. Zwar konnte sich die Kryptowährung zu Wochenbeginn erholen, der BTC-Tageschart bleibt aber weiterhin angeschlagen. Die Cyberdevise befindet sich nach wie vor unterhalb einer wichtigen Widerstandszone, die sich aus der psychologischen Marke von 40.000 Dollar und dem 200-Tage gleitenden Durchschnitt bei 40.630 Dollar speist.
Erst ein Wiederanstieg über dieses Widerstandscluster würde die negative Chartsituation beim BTC/USD zumindest teilweise negieren.
It's the liquidity, stupid!
Der Run auf Kryptowährungen, den wir in den letzten Monaten beobachten konnten, war auch eine Folge der enormen Liquidität, bereitgestellt durch den US-Kongress und der Federal Reserve (Fed). Jedoch ist die M2-Geldmenge von 27 Prozent Wachstum im Februar auf 24 Prozent im März zurückgegangen. Auch das könnte erklären, warum die Bitcoin-Rallye in den letzten Wochen zum Stillstand gekommen ist.
Eine steigende Geldmenge ist oft ein Hinweis auf eine nahende Inflation. Investoren kauften, angetrieben durch die billige Liquidität, Bitcoins, Ethereums und Cardanos, um sich gegen inflationäre Tendenzen abzusichern. Verlangsamt sich dagegen das Geldmengenwachstum - was längst keine ausgemachte Sache ist - sinken in der Regel auch die Inflationsrisiken. Die Gründe für eine Absicherung nehmen also ab.
Deleveraging als Risiko
Der Bitcoin-Milliardär und Wertpapierhändler Mike Novogratz sagte in einer von Goldman Sachs (NYSE:GS) verfassten Kundennotiz als Antwort auf die Frage 'Was würde die Euphorie rund um die Assetklasse dämpfen?': "Um es mit den Worten von Ray Dalio zu sagen: ein schönes Deleveraging. Wenn die Fed erfolgreich auf die Bremse tritt, die Liquidität abschöpft und die Wirtschaft gerade genug abkühlt, um sicherzustellen, dass die Inflation nicht gänzlich davonläuft und die Defizite sinken, dann wird der Anreiz, ein Wertaufbewahrungsmittel zu besitzen, sinken.“
Allerdings gibt es bereits die ersten Anzeichen einer Inflation: Im April stieg die US-Inflationsrate auf 4,2 Prozent, teilte das US-Arbeitsministerium Mitte Mai mit. So hoch stand die Teuerungsrate zuletzt vor dreizehn Jahren.
Die einjährigen Inflationserwartungen der Verbraucher stiegen gemäß Berechnungen des Conference Board auf 6,5 Prozent von 6,2 Prozent im April.
Angesichts der steigenden Inflationsrisiken fordern immer mehr Ökonomen die Fed zum Handeln und damit zur Abkehr von ihrer ultralockeren Geldpolitik auf. Einer von ihnen ist der Ökonom Stephen Moore:
"Wenn sich die Inflation, die wir im letzten Monat gesehen haben, fortsetzt, sprechen wir von einer Teuerung von 9 oder 10 Prozent. Ich hoffe, dass das nicht eintritt, aber es ist an der Zeit, dass die Fed und die Biden-Administration etwas dagegen tun."
Die Federal Reserve lässt sich davon jedoch nicht beirren. Erst gestern sagte der Fed-Vize Richard Clarida, dass der Zeitpunkt für eine Rücknahme der Unterstützung für die Wirtschaft noch nicht gekommen sei. Die Notenbank würde jedoch bei anhaltenden Preissteigerungen reagieren, um die Inflationsrate nach unten zu bringen, so der Stellvertreter von Powell.
Das klingt eher so, als ob die Fed erst handeln will, wenn es schon zu spät ist, also ganz ähnlich wie in den vergangenen Krisen. Das würde also, zumindest aus heutiger Sicht, weiterhin für Bitcoin sprechen - wenn da nicht China wäre.