Washington/Berlin (Reuters) - Die amerikanische Konjunktur hat sich vor der allseits erwarteten Zinswende in den USA spürbar abgekühlt.
Zwischen April und Juni stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 2,1 Prozent, wie das Handelsministerium am Freitag auf Basis vorläufiger Daten mitteilte. Damit fiel es um einen vollen Prozentpunkt niedriger aus als zu Jahresbeginn. Auch wenn Experten einen stärkeren Einbruch befürchtet hatten, dürfte die Zentralbank laut Experten ihre signalisierte Zinssenkung am Mittwoch durchziehen: "Da die Fed offenbar vorbeugen möchte, wird sie die Wachstumsverlangsamung als willkommenen Anlass sehen, den Leitzins Ende Juli zu senken", sagte Fed-Beobachter Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe.Trotz der Wachstumsabschwächung zeigten sich die Amerikaner in Kauflaune: Der private Konsum, der für zwei Drittel des BIP steht, legte um 4,3 Prozent zu. Negativ zu Buche schlug allerdings, dass im Zuge des von US-Präsident Donald Trump entfachten Zollkonflikts mit China die Exporte um 5,2 Prozent zurückgingen.
An den Finanzmärkten wird für Mittwoch fest mit einer Kappung des Leitzinses um einen Viertelpunkt auf die dann neue Spanne von 2,0 bis 2,25 Prozent gerechnet. US-Notenbankchef Jerome Powell hatte jüngst betont, die mit dem Handelskonflikt und der schwachen Weltwirtschaft verbundene Unsicherheit laste schwer auf dem Konjunkturausblick. Aus Kontakten in die Wirtschaft ergebe sich für die Fed der Eindruck, dass sich Investitionen "spürbar verlangsamt" hätten. Dies deckt sich mit den BIP-Daten: Die Unternehmensinvestitionen gingen um 0,6 Prozent zurück, nachdem sie zu Jahresbeginn noch um 4,4 Prozent zugelegt hatten: "Womöglich macht sich hier die Unsicherheit durch die Handelskonflikte bemerkbar", so Commerzbank-Ökonom Christoph Balz.
Die Konjunkturdaten kamen bei Börsianern gut an: "Das ist genau das, was der Markt gebraucht hat, nicht so schwach, dass die Wirtschaft übermäßig an Schwung verliert, und nicht so stark, dass die Fed von ihrem Zinssenkungskurs Abstand nehmen muss", sagte Art Hogan vom Vermögensverwalter National Securities. Dass sich die Konjunktur insgesamt besser geschlagen habe als erwartet, dämpfe aber die zum Teil überschäumende Zinsfantasie an den Märkten etwas, ergänzte Ökonom Ralf Umlauf von der Landesbank Helaba. Zuletzt war über bis zu drei Senkungen in diesem Jahr spekuliert worden.
Zudem wurde von manchen Börsianern ein Schritt nach unten um einen halben Prozentpunkt nicht ausgeschlossen. Dieser dürfte nun noch unwahrscheinlicher sein: "Dass die Fed vor der avisierten Zinssenkung in der nächsten Woche gänzlich zurückschreckt, glauben wir aber nicht", so der Helaba-Ökonom.