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Sorge um die Zukunft: Tausende Bauern demonstrieren in Brüssel

Veröffentlicht am 07.09.2015, 13:51
Aktualisiert 07.09.2015, 13:54
Sorge um die Zukunft: Tausende Bauern demonstrieren in Brüssel

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Tausende Milchbauern haben am Rande eines EU-Krisentreffens mit Traktoren und ohrenbetäubenden Hupkonzerten Hilfen für den Milchsektor gefordert. Die belgische Polizei setzte am Montag Wasserwerfer ein, weil Landwirte im Brüsseler EU-Viertel mit Traktoren Straßensperren demolierten. Nach Angaben des europäischen Bauernverbandes Copa Cogeca beteiligten sich insgesamt 6000 Landwirte mit 2000 Fahrzeugen an dem Protest - darunter rund 800 aus Deutschland. Auch andere Erzeuger wie Schweine- und Rinderzüchter, die unter dem Preisverfall für ihre Produkte leiden, waren dabei.

Viele der rund 80 000 Milchbauern in Deutschland stehen vor dem Aus, weil der Milchpreis zuletzt drastisch von rund 40 Cent pro Kilo Rohmilch auf unter 30 Cent gesunken ist und ihre Einnahmen dahinschmelzen. Bereits am Morgen hatten die Bauern aus mehreren EU-Ländern auf dem Weg nach Brüssel mit ihren Traktoren für Staus auf belgischen Autobahnen und Landstraßen gesorgt.

Die EU-Kommission schlug Sofortmaßnahmen für notleidende Milchbauern vor. "Es geht um ein Paket, um die finanziellen Nöte der Bauern anzugehen, den Markt zu stabilisieren und das Funktionieren der Handelskette zu verbessern", sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Zudem solle es den Landwirten helfen, neue Exportmöglichkeiten zu finden. Einige dieser Maßnahmen könnten sofort umgesetzt werden. EU-Vizekommissionschef Jyrki Katainen wollte das Paket den EU-Landwirtschaftsministern bei ihrem Treffen (14.30 Uhr) vorstellen.

Der luxemburgische Landwirtschaftsminister Fernand Etgen versprach "ein Programm mit kurzfristigen und mittelfristigen Maßnahmen (...), das unseren Landwirten neue Perspektiven gibt". Der Agrarsektor sei in einer "schweren Wirtschaftskrise", viele Milchbauern könnten nicht mehr rentabel produzieren und machten Verluste. Luxemburg führt derzeit den Vorsitz bei den Ministertreffen.

Angedacht sind etwa Subventionen, um Magermilchpulver und Butter einzulagern oder die vorgezogene Auszahlung von Einkommenshilfen der EU. Zudem soll der Export angekurbelt werden. Umstritten sind nach wie vor Eingriffe in den Milchmarkt. Frankreich befürwortet diese, während der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) dagegen ist. Die französische Regierung hatte ihren Bauern vor wenigen Tagen neue Millionenhilfen wie Notkredite, Zahlungsaufschübe und Investitionshilfen versprochen.

Wie die Hilfen für die Landwirte genau aussehen sollen, ist aber nicht nur unter den EU-Staaten, sondern auch unter den Bauernverbänden umstritten. Während der Deutsche Bauernverband (DBV) finanzielle Soforthilfen und eine europäische Exportoffensive fordert, sprach sich der europäische Milchbauernverband European Milk Board (EMB) für eine Mengenkürzung aus. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, sagte: "Ich erwarte vom heutigen Agrarrat verbindliche Beschlüsse, mit denen die Landwirte sofort und unbürokratisch unterstützt werden. Wir brauchen eine akute Krisenhilfe."

Ein Landwirt aus dem Schwarzwald sagte bei der Protestaktion: "Wir brauchen eine Drosselung der Menge. Wir wollen keine Zuschüsse, sondern einfach nur von unserer Milch leben." Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt sprach sich für höhere Preise aus. "Milch ist gegenwärtig billiger als Wasser, das ist nicht in Ordnung. 55 Cent pro Liter ist deutlich zu wenig", sagte Schmidt im RBB-Inforadio. Ein Euro pro Liter sei dagegen ein Preis, mit dem auch die Landwirte leben könnten.

Grund für den Preissturz der Milch sind unter anderem das russische Einfuhrverbot für europäische Agrarprodukte infolge der Ukraine-Krise, die gesunkene Nachfrage aus China sowie das Ende der Milchquote. Die Quotenregelung endete im April. Sie sollte das Milchangebot auf dem Markt begrenzen und damit die Preise sowie das Einkommen der Landwirte sichern. Die Wiedereinführung der Quote steht nach Angaben der EU-Kommission nicht zur Debatte.

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