Investing.com - Es ist noch gar nicht so lange her, dass die britische Regulierungsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) die Briten davor warnte, die Dienstleistungen der Kryptowährungsbörse Binance in Anspruch zu nehmen.
Die FCA veröffentlichte am 26. Juni 2021 eine entsprechende Warnmeldung:
"Durch die von der FCA auferlegten Anforderungen ist es Binance Markets Limited derzeit nicht gestattet, regulierte Tätigkeiten auszuüben. Die Binance Group scheint britischen Kunden eine Reihe von Produkten und Dienstleistungen über die Website, Binance.com, anzubieten. Seien Sie bei Anzeigen im Internet und in den sozialen Medien vorsichtig..."
Whistleblower droht Binance
Doch damit nicht genug: Jetzt behauptet ein ehemaliger Binance "Big-Data-Programmierer", dass er stichhaltige Beweise für Kursmanipulationen hat.
Bei den Beweisen handelt es sich laut Aussage des Whistleblowers um Audio- und Videodateien, welche eindeutig belegen, dass das Management gezielt gegen bestimmte Long- und Short-Positionen vorgeht, um die Gewinne des Unternehmens zu erhöhen.
In diesem Zusammenhang sah sich Binance gezwungen, die folgende Meldung zu veröffentlichen:
"Binance hat in der Vergangenheit nie gegen seine Nutzer gehandelt oder den Markt manipuliert und wird dies auch in Zukunft nicht tun."
Fest steht, dass die Regulierungsbehörden in vielen Ländern auf Binance nicht gut zu sprechen sind (Deutschland, Großbritannien, Polen, Italien, Kanada, Japan, Niederlande uvm.).
Die Twitter Community ist sich sicher, dass an den Behauptungen etwas Wahres dran ist und liefert in den mehr als 500 Antworten auf diesen Tweet unterschiedlichste Beispiele.
Damit die Angelegenheit nicht völlig aus dem Ruder läuft, kündigte die Kryptobörse rechtliche Schritte zur Wahrung ihrer eigenen Interessen an.
Ob der Whistleblower @RealFulltimeApe wirklich Beweise hatte, dass die Kurse von Bitcoin, Ethereum, XRP, Cardano & Co manipuliert sind, werden wir vielleicht nie erfahren. Sein Tweet ist verschwunden und der Account nicht mehr aktiv.
Auf Reddit wird bereits spekuliert, ob Binance ein "Schweigegeld" gezahlt haben könnte.
Sammelklagen gegen Binance kommen ins Rollen
Nur weil der Whistleblower untergetaucht ist, heißt das aber nicht, dass Binance aus dem Schneider ist - ganz im Gegenteil. Die italienische Anwalts- und Beratungsfirma Lexia Avvocati gab im vergangenen Monat bekannt, mehrere Investoren zu vertreten, die auf der Binance Futures Plattform "Dutzende von Millionen Dollar" verloren haben.
Da es aufgrund von "technischen Problemen" mehrfach nicht möglich war, die offenen Positionen zu verwalten, kam es zu derartigen Verlusten.
Am 19. August veröffentlichte Liti Capital SA, ein in der Schweiz beheimateter Anbieter von Prozessfinanzierungen, eine Pressemitteilung zu einer weiteren Sammelklage.
Es werden mehr als 700 Kläger vertreten, die mit Binance einen Schaden von über 100 Millionen Dollar erlitten haben.
Für den Ausfall der Binance Dienstleistungen am 19. Mai 2021 gibt es bis heute keine plausible Erklärung. Diese "Schwierigkeiten" traten seit Oktober 2020 wiederholt auf.
Liti Capital SA weiß, dass Krypto an sich nichts Schlechtes ist, aber dieser Markt muss erst noch lernen, dass man für Fehltritte auch zur Rechenschaft gezogen wird.
"Krypto und Blockchain sind die Zukunft, aber wir müssen in diesem Bereich erst noch für Ordnung sorgen. Es geht hier zu wie im Wilden Westen. Unternehmen wie Binance - welche die größten und einflussreichsten Akteure sind - müssen zur Rechenschaft gezogen werden", sagt David Kay, CEO von Liti Capital.
Binance hat sich gegen mögliche Klagen von Einzelpersonen gut abgesichert. Wer die Geschäftsbedingungen nicht nur bestätigt, sondern auch gelesen hat, dem sollte aufgefallen sein, dass Streitigkeiten nur vor dem Hongkong International Arbitration Centre abgewickelt werden.
Wer keine eigene Rechtsabteilung unterhält und die ausufernden Reise- und Gerichtskosten aus der Portokasse begleichen kann, der kommt im Falle eines Falles nie zu seinem Recht.
"Binance hat es dem Durchschnittsverbraucher schwer - zwar nicht unmöglich, aber doch sehr schwer - gemacht, Rechtsmittel einzulegen", sagt Aija Lejniece, eine Schiedsanwältin, die mit der Gruppe von Händlern zusammengearbeitet hat. "Es gibt keine Überwachung der Aktivitäten von Binance. Nichts, um zu kontrollieren, was hier wirklich geschieht."
Der Liti Capital SA CEO David Kay sagte abschließend:
"Wir sind der festen Überzeugung, dass Binance weit über das hinausgegangen ist, was nach dem Gesetz erlaubt war".
Von Marco Oehrl