NEW YORK (dpa-AFX) - Der Machtkampf innerhalb des russischen Machtapparats wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine könnte einem US-Zeitungsbericht zufolge weitreichender sein als bisher angenommen. Darauf deuteten neue geheime Dokumente hin, die jetzt zusätzlich zu den vor Tagen bekanntgewordenen geleakten Informationen im Internet veröffentlicht worden seien, schrieb die "New York Times" am frühen Donnerstagmorgen (Ortszeit). Demnach beschuldigt der Inlandsgeheimdienst FSB das Militär, das Ausmaß der Opfer auf russischer Seite zu verschleiern, so die Zeitung. Das Militär schrecke weiter davor zurück, schlechte Nachrichten in der Befehlskette nach oben zu übermitteln, heiße es in dem Dokument. Der FSB wiederum stelle in Diskussionen mit der russischen Regierung die Zahlen des Verteidigungsministeriums infrage.
Zudem offenbarten die neuen Dokumente Details über einen öffentlich ausgetragenen Disput zwischen dem Chef der Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin, und Verteidigungsminister Sergej Schoigu über angeblich vom Militär zurückgehaltene Munition für die Wagner-Truppe. Demnach soll Präsident Wladimir Putin persönlich versucht haben, den Streit zwischen beiden zu schlichten. Das Treffen soll am 22. Februar stattgefunden haben, heiße es in einem der Dokumente.
Seit Wochen kursieren im Internet offensichtlich geheime Dokumente von US-Stellen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. US-Medien berichteten kurz vor Ostern erstmals über das Leck um dieses sensible Material zu beiden Kriegsparteien, ohne die Dokumente selbst zu veröffentlichen. Unklar ist, wer die schon vor Wochen bei prorussischen Kanälen verbreiteten Dokumente publiziert hat. Das Investigativ-Netzwerk Bellingcat wies nach, dass sie teils nachträglich manipuliert wurden. Die US-Regierung bemüht sich um Aufklärung.
Russlands betritt derweil Streitigkeiten seiner Sicherheitsorgane. "Ich weiß nicht, worauf sich solche Meldungen stützen, aber ich bin bereit, die Glaubwürdigkeit und das Verständnis des Autors dafür, was in Russland wirklich vorgeht, in Zweifel zu ziehen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag.