- von Andreas Framke und Patricia Uhlig und Hans Seidenstuecker
Frankfurt (Reuters) - Das dritte Verlustjahr in Folge, zu hohe Kosten bei mauen Erträgen und trotzdem wieder ein Milliardenbonus für die Investmentbanker: der Druck auf Deutsche-Bank-Chef John Cryan wird immer stärker.
An der Börse trennten sich die Aktionäre des Instituts nach der Vorlage der Jahresbilanz am Freitag in Scharen von dem Papier. Der Aktienkurs brach in der Spitze um mehr als sieben Prozent auf den tiefsten Stand seit vier Monaten ein. Cryan verteidigte seinen Kurs und stellte nach drei Jahren harter Sanierung mit dem Abbau Tausender Stellen und Filialschließungen wieder Gewinne in Aussicht. "Ich bin davon überzeugt, dass wir die Voraussetzungen für eine nachhaltige Trendwende geschafft haben", sagte er in Frankfurt. Allerdings werde 2018 erneut ein "Jahr harter Arbeit."
Auf eine halbe Milliarde Euro summierte sich der Fehlbetrag bei Deutschlands größtem Geldhaus für 2017. Schuld daran ist allerdings zu einem Gutteil die US-Steuerreform, die zu einer Sonderbelastung im vierten Quartal von 1,4 Milliarden Euro führte. Ohne diesen einmaligen Effekt hätte die Bank im vorigen Jahr 900 Millionen Euro verdient. Erste Erfolge seien eben bereits sichtbar, sagte Cryan, auch wenn der Umbau Zeit brauche: "Die Deutsche Bank (DE:DBKGn) heute sieht völlig anders aus als die Bank, zu der ich 2015 kam." Damals hatte Cryan ein Minus von 6,8 Milliarden Euro melden müssen - den höchsten Verlust in der bald 150-jährigen Geschichte der Bank. 2016 lag die Deutsche Bank wegen hoher Strafen in den USA noch mit 1,4 Milliarden Euro in den roten Zahlen.
Das Institut kommt trotzdem nur mühsam vom Fleck, vor allem im Investmentbanking hinken die Deutschen der starken Konkurrenz hinterher. Unter der größten Steuerreform in den USA seit drei Jahrzehnten leiden alle dort aktiven Banken gleichermaßen - auch die heimischen Häuser - weil einmalig hohe Abschreibungen fällig werden. Langfristig werden die Institute aber profitieren. In den vergangenen Wochen hatten unter anderem JP Morgan, Morgan Stanley (NYSE:MS), die Citigroup (NYSE:C) und Goldman Sachs (NYSE:GS) teils Milliarden wegen dieses Effekts verloren, allerdings blieb ihnen unter dem Strich immer noch ein satter Gewinn. Bei der größten US-Bank JP Morgan etwa kratzte der Steuereffekt von fast zweieinhalb Milliarden Dollar kaum am Gesamtergebnis von 24,4 Milliarden Dollar (20,1 Mrd. Euro).
HALTEPRÄMIE FÜR TOP-VERDIENER
Wie die US-Banken bekam auch die Deutsche Bank den zuletzt mauen Handel an den Weltbörsen und die Zurückhaltung vor allem großer Investoren zu spüren. Von Oktober bis Dezember gingen die Erträge der Investmentbank um 16 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro zurück. Im Handel mit Anleihen und Währungen betrug der Rückgang 29 Prozent, im Aktienhandel 25 Prozent. Fortschritte habe es dagegen bei der Beratung von Firmen bei Fusionen und Übernahmen gegeben, sagte Cryan. Hier sei die Deutsche Bank die einzige Bank aus Europa, die einigermaßen mit den US-Amerikanern mithalten könne.
Dass Cryan den Investmentbankern wieder deutlich höhere Boni bezahlen will, hatte zuletzt für Unverständnis bei Aktionären und in der Öffentlichkeit gesorgt. Er sieht das Geld nach der Zwangspause für viele Top-Verdiener in der Bank im vergangenen Jahr als eine Art Halteprämie an, die es nur ausnahmsweise gebe, obwohl die Ergebnisse der Bank nicht dafür sprechen: "Kommendes Jahr ist eine ähnliche variable Vergütung nur bei entsprechendem Geschäftserfolg zu rechtfertigen." Rund 1,2 Milliarden Euro wird die Bank an ihre Mitarbeiter ausschütten, 2016 waren es 500 Millionen.
AKTIONÄRE MÜSSEN WOHL DARBEN
Wie hoch der Bonus des Vorstands ausfallen wird, ließ Cryan offen - darüber entscheide der Aufsichtsrat. Verzicht üben wie zuletzt will das Top-Management aber diesmal nicht. Dagegen machte Cryan seinen Aktionären wenig Hoffnung beim Reizthema Dividende. Wenn überhaupt werde es für 2017 nur eine minimale Ausschüttung geben. Für Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment, einem der großen Aktionäre der Bank, ist das nicht wirklich nachvollziehbar: "Wenn die Deutsche Bank ihren Mitarbeitern Boni bezahlt, dürfen auch die Aktionäre bei der Dividende nicht leer ausgehen", forderte er.
Auf Kurs sieht sich Cryan bei der Integration der Postbank in den Konzern und dem Teil-Börsengang der Vermögensverwaltung. Dieser soll rund zwei Milliarden Euro in die Kasse spülen. Allerdings schwächelte das Geschäft der Sparte zuletzt. Der Teilverkauf über die Börse soll nach den Worten Cryans möglichst bald über die Bühne gehen - "im ersten möglichen Zeitfenster", wie er sagte. Experten rechnen mit dem Börsengang um Ostern.
(Weitere Mitarbeit: Anika Ross; redigiert von Sabine Wollrab. Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern +49 69 7565 1236 oder +49 30 2888 5168.)