BOCHUM (dpa-AFX) - Aufarbeitung eines Milliarden-Debakels: Der frühere ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz hat Fehler beim Bau des neuen Stahlwerks in Brasilien eingestanden, Aufsichtsratschef Gerhard Cromme kann in der Rückschau dagegen keine Verletzung von Sorgfaltspflichten bei Vorstand und Aufsichtsrat erkennen.
Der seit einem Jahr amtierende Konzernchef Heinrich Hiesinger sieht unterdessen den Umbau des Stahlkonzerns auf gutem Weg, wie er auf der Hauptversammlung am Freitag in Bochum sagte. Eine Ende der Verluste im Stahlgeschäft in Brasilien und den USA sei derzeit aber noch nicht absehbar. Durch das Debakel beim Bau von Stahlwerken in den USA und Brasilien war der Konzern im zurückliegenden Geschäftsjahr 2010/2011 (30. September) mit einem Verlust von 1,8 Milliarden Euro tief in die roten Zahlen gerutscht.
FEHLER EINGERÄUMT
In einem Gespräch mit dem 'Handelsblatt' (Freitag) hatte Schulz noch vor Beginn des Aktionärstreffens Fehler eingeräumt: 'Ich habe zu lange den falschen Leuten vertraut', sagte der 70-jährige Ex-Manager. Er fügte hinzu: 'Der Schaden wäre geringer gewesen, wenn ich früher gehandelt hätte - und glauben Sie mir: Ich mache mir deshalb Vorwürfe.'
Für die Abschreibungen von 2,1 Milliarden Euro im amerikanischen Stahlgeschäft hatte das Unternehmen vor allem eine Kostenexplosion beim Bau eines Stahlwerks in Brasilien verantwortlich gemacht. Erst Ende November vergangenen Jahres seien das ganze Ausmaß der milliardenschweren Wertminderungen durch ein Gutachten offengelegt worden, sagte Cromme auf dem Aktionärstreffen.
'ZU OPTIMISTISCH, UNVOLLSTÄNDIG UND TEILWEISE FALSCH'
Im Zusammenhang mit den Stahlprojekten habe es jedoch keine Anhaltspunkte für Sorgfaltspflichtverletzungen von Vorstand und Aufsichtsrat gegeben, betonte der ThyssenKrupp-Aufsichtsratschef bei seiner Stellungnahme in dem fast bis auf den letzten Platz voll besetzten Versammlungssaal in Bochum.
'Der Vorstand hat auf Basis der aktuellen Erkenntnisse den Aufsichtsrat und die Öffentlichkeit zeitgerecht, nachvollziehbar und transparent unterrichtet', sagte Cromme. Aus heutiger Sicht wisse man jedoch, dass viele Antworten des Vorstands auf Fragen des Aufsichtsrats sich im Nachhinein als zu optimistisch, unvollständig und teilweise falsch herausgestellt hätten.
SCHULZ-RÜCKTRITT AUS EIGENER INITIATIVE
Zum Rücktritt aus dem Aufsichtsrat Ende vergangenen Jahres habe sich Schulz aus eigener Initiative entschlossen, betonte Cromme. 'Einer musste die Verantwortung übernehmen', erklärte Schulz in dem Interview. Er habe aber nicht zum Rücktritt gedrängt werden müssen. Vielmehr habe er schon Wochen vor Bekanntwerden des Abschreibungsbedarfs Aufsichtsratschef Cromme seinen Rücktritt angeboten, den dieser damals aber nicht angenommen hätte.
Am 7. Dezember habe ihn dann Berthold Beitz, der Vorsitzende des Hauptaktionärs Krupp-Stiftung, um ein persönliches Gespräch gebeten. 'Dort habe ich meinen Rücktritt aus der Stiftung und aus dem Aufsichtsrat angeboten und dies hat er akzeptiert und meine Entscheidung respektiert', sagte Schulz der Zeitung.
UMBAU GEHT WEITER
Hiesinger kündigte unterdessen weitere Anstrengungen beim Umbau des Konzerns an. Es sei deutlich geworden, dass das Unternehmen in der bisherigen Aufstellung weder die Schulden hätte zurückführen können, noch auf absehbare zeit in der Lage gewesen wäre, alle Geschäftsbereiche strategisch weiter zu entwickeln, sagte er.
Die bereits angelaufene Trennung von Geschäftsfeldern sei notwendig um die Verschuldung zu reduzieren und Spielraum für Wachstumsinvestitionen zu erhalten. Dabei verlaufe unter anderem die bis zum Jahresende geplante Trennung von der Edelstahlsparte Innoxum nach Plan.
WEITER KEINE PROGNOSE
Für das laufende Geschäftsjahr 2011/2012 (30. September) verzichtete der Konzernchef weiter auf eine Prognose. Hintergrund seien Unsicherheiten über den Verlauf der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland.
Im ersten Geschäftsquartal, das am 31. Dezember endete, habe das Unternehmen einen deutlich Ergebnisrückgang im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum verbucht. Genaue Zahlen zu den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres will das Unternehmen am 14. Februar vorlegen./kja/uta/bbi/wiz
Der seit einem Jahr amtierende Konzernchef Heinrich Hiesinger sieht unterdessen den Umbau des Stahlkonzerns auf gutem Weg, wie er auf der Hauptversammlung am Freitag in Bochum sagte. Eine Ende der Verluste im Stahlgeschäft in Brasilien und den USA sei derzeit aber noch nicht absehbar. Durch das Debakel beim Bau von Stahlwerken in den USA und Brasilien war der Konzern im zurückliegenden Geschäftsjahr 2010/2011 (30. September) mit einem Verlust von 1,8 Milliarden Euro tief in die roten Zahlen gerutscht.
FEHLER EINGERÄUMT
In einem Gespräch mit dem 'Handelsblatt' (Freitag) hatte Schulz noch vor Beginn des Aktionärstreffens Fehler eingeräumt: 'Ich habe zu lange den falschen Leuten vertraut', sagte der 70-jährige Ex-Manager. Er fügte hinzu: 'Der Schaden wäre geringer gewesen, wenn ich früher gehandelt hätte - und glauben Sie mir: Ich mache mir deshalb Vorwürfe.'
Für die Abschreibungen von 2,1 Milliarden Euro im amerikanischen Stahlgeschäft hatte das Unternehmen vor allem eine Kostenexplosion beim Bau eines Stahlwerks in Brasilien verantwortlich gemacht. Erst Ende November vergangenen Jahres seien das ganze Ausmaß der milliardenschweren Wertminderungen durch ein Gutachten offengelegt worden, sagte Cromme auf dem Aktionärstreffen.
'ZU OPTIMISTISCH, UNVOLLSTÄNDIG UND TEILWEISE FALSCH'
Im Zusammenhang mit den Stahlprojekten habe es jedoch keine Anhaltspunkte für Sorgfaltspflichtverletzungen von Vorstand und Aufsichtsrat gegeben, betonte der ThyssenKrupp-Aufsichtsratschef bei seiner Stellungnahme in dem fast bis auf den letzten Platz voll besetzten Versammlungssaal in Bochum.
'Der Vorstand hat auf Basis der aktuellen Erkenntnisse den Aufsichtsrat und die Öffentlichkeit zeitgerecht, nachvollziehbar und transparent unterrichtet', sagte Cromme. Aus heutiger Sicht wisse man jedoch, dass viele Antworten des Vorstands auf Fragen des Aufsichtsrats sich im Nachhinein als zu optimistisch, unvollständig und teilweise falsch herausgestellt hätten.
SCHULZ-RÜCKTRITT AUS EIGENER INITIATIVE
Zum Rücktritt aus dem Aufsichtsrat Ende vergangenen Jahres habe sich Schulz aus eigener Initiative entschlossen, betonte Cromme. 'Einer musste die Verantwortung übernehmen', erklärte Schulz in dem Interview. Er habe aber nicht zum Rücktritt gedrängt werden müssen. Vielmehr habe er schon Wochen vor Bekanntwerden des Abschreibungsbedarfs Aufsichtsratschef Cromme seinen Rücktritt angeboten, den dieser damals aber nicht angenommen hätte.
Am 7. Dezember habe ihn dann Berthold Beitz, der Vorsitzende des Hauptaktionärs Krupp-Stiftung, um ein persönliches Gespräch gebeten. 'Dort habe ich meinen Rücktritt aus der Stiftung und aus dem Aufsichtsrat angeboten und dies hat er akzeptiert und meine Entscheidung respektiert', sagte Schulz der Zeitung.
UMBAU GEHT WEITER
Hiesinger kündigte unterdessen weitere Anstrengungen beim Umbau des Konzerns an. Es sei deutlich geworden, dass das Unternehmen in der bisherigen Aufstellung weder die Schulden hätte zurückführen können, noch auf absehbare zeit in der Lage gewesen wäre, alle Geschäftsbereiche strategisch weiter zu entwickeln, sagte er.
Die bereits angelaufene Trennung von Geschäftsfeldern sei notwendig um die Verschuldung zu reduzieren und Spielraum für Wachstumsinvestitionen zu erhalten. Dabei verlaufe unter anderem die bis zum Jahresende geplante Trennung von der Edelstahlsparte Innoxum nach Plan.
WEITER KEINE PROGNOSE
Für das laufende Geschäftsjahr 2011/2012 (30. September) verzichtete der Konzernchef weiter auf eine Prognose. Hintergrund seien Unsicherheiten über den Verlauf der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland.
Im ersten Geschäftsquartal, das am 31. Dezember endete, habe das Unternehmen einen deutlich Ergebnisrückgang im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum verbucht. Genaue Zahlen zu den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres will das Unternehmen am 14. Februar vorlegen./kja/uta/bbi/wiz