OeNB-Publikation Geldpolitik und Wirtschaft 4/2011 zu
EU-Governance
Wien (APA-ots) - Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) legt ein
Schwerpunktheft zur neuen wirtschaftspolitischen
Steuerungsarchitektur der Europäischen Union vor. Kernstück der
Neugestaltung ist neben einer verstärkten Vorabkoordinierung der
Wirtschafts- und Haushaltspolitiken der EU, die intensivierte und
integrierte Überwachung der nationalen Budgetpolitik sowie der
Makroökonomie und der Strukturpolitik. Die neue Steuerungsarchitektur
soll eine solide Fiskalpolitik in den EU-Mitgliedstaaten sowie
Fortschritte bei der Wachstumsstrategie 'Europa 2020' sichern.
Beinahe zwei Jahre rangen die Wirtschafts- und Finanzminister der
EU-Mitgliedstaaten (Ecofin-Rat) um eine Reform der
wirtschaftspolitischen Steuerungsarchitektur für Europa. Im November
2011 konnte eine Einigung formell verabschiedet werden. Notwendig
wurde dies durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise und ihre
Folgen, die Schwächen der bisherigen wirtschafts- und
fiskalpolitischen Steuerung der EU offenkundig machten. Schon vor dem
Ausbruch der Krise im Jahr 2008 ließen es viele Mitgliedstaaten der
EU bzw. der Währungsunion trotz eines bestehenden europäischen
Fiskalrahmens - der sogenannten Maastricht-Kriterien - an Disziplin
fehlen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise mündete nicht zuletzt
deswegen in einer Staatsschuldenkrise. Zudem war auch die
wirtschaftspolitische 'Methode der offenen Koordinierung' zur
Umsetzung der Lissabon-Strategie, die die EU bis zum Jahr 2010 zum
wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt
machen sollte, ebenfalls wenig effektiv. Aufkeimenden
makroökonomischen Ungleichgewichten, die das Funktionieren der
Wirtschaft einzelner Länder des Euro-Währungsgebiets oder der
gesamten Union beeinträchtigen können, wurde vor Ausbruch der Krise
kaum bzw. zu wenig Augenmerk geschenkt. Darüber hinaus hat es im
Vertrag von Lissabon keine ausreichenden institutionellen und
wirtschaftspolitischen Vorkehrungen zur Prävention und Bewältigung
von Banken- und Staatsschuldenkrisen in der EU gegeben.
Angesichts dieser Erkenntnisse wurde eine Reform der
wirtschaftspolitischen Steuerung der EU vereinbart, die mehrere
Reformblöcke umfasst:
- Erstens werden durch das sogenannte Europäische Semester die
wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachungsmaßnahmen der EU
zeitlich besser auf die nationalen Haushaltsverfahren abgestimmt und
inhaltlich besser verzahnt.
- Zweitens wird dem europäischen Fiskalrahmen 'mehr Biss' verliehen,
da sowohl der präventive als auch der korrektive Arm des Stabilitäts-
und Wachstumspakts (SWP) gestärkt werden und dem Monitoring der
nationalen Fiskalrahmen mehr Bedeutung zukommt.
- Drittens wird über die Haushaltsüberwachung hinausgehend eine
Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte eingeführt. Damit soll
das Aufkommen derartiger Ungleichgewichte auf Basis spezifischer
Indikatoren, verbunden mit einem stringenten Überwachungsmechanismus,
frühzeitig erkannt werden. Dies wird insbesondere dazu beitragen,
nicht tragfähige Schuldenpositionen im privaten und öffentlichen
Sektor, im Finanzsektor und gegenüber Drittstaaten, zu verhindern
bzw. zu korrigieren.
- Viertens zielt die EU-weite Überwachung von Strukturreformen in den
Mitgliedstaaten darauf ab, tatsächliche Fortschritte in Richtung der
in der 'Europa 2020'-Strategie angepeilten Ziele für intelligentes,
nachhaltiges und integratives Wachstum zu erreichen.
Darüber hinaus wird mit der Errichtung des Europäischen
Stabilitätsmechanismus (ESM) ein permanenter finanzieller
Schutzschirm für die Länder des Euro-Währungsgebiets ins Leben
gerufen und damit ein wichtiger Schritt in Richtung einer
finanziellen Solidargemeinschaft gesetzt.
Angesichts der Komplexität dieser Governance-Reform widmet die
OeNB die aktuelle Ausgabe ihrer Quartalspublikation 'Geldpolitik &
Wirtschaft' diesem Themenkomplex. In zahlreichen Einzelbeiträgen wird
ein umfassender Einblick in die neue Steuerungsarchitektur der EU
gegeben. Ebenfalls werden die hinter den Neuregelungen stehenden
Intentionen und Zielsetzungen dargelegt. Dieses Schwerpunktheft
entstand aus einer institutionenübergreifenden Kooperation der OeNB
mit den Ministerien für Finanzen und wirtschaftliche Angelegenheiten
sowie dem Bundeskanzleramt.
Rückfragehinweis:
Oesterreichische Nationalbank
Dr. Christian Gutlederer
Pressesprecher
Tel.: (+43-1) 404 20-6609
mailto:christian.gutlederer@oenb.at
www.oenb.at
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/156/aom
*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***
OTS0047 2012-01-23/09:46
EU-Governance
Wien (APA-ots) - Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) legt ein
Schwerpunktheft zur neuen wirtschaftspolitischen
Steuerungsarchitektur der Europäischen Union vor. Kernstück der
Neugestaltung ist neben einer verstärkten Vorabkoordinierung der
Wirtschafts- und Haushaltspolitiken der EU, die intensivierte und
integrierte Überwachung der nationalen Budgetpolitik sowie der
Makroökonomie und der Strukturpolitik. Die neue Steuerungsarchitektur
soll eine solide Fiskalpolitik in den EU-Mitgliedstaaten sowie
Fortschritte bei der Wachstumsstrategie 'Europa 2020' sichern.
Beinahe zwei Jahre rangen die Wirtschafts- und Finanzminister der
EU-Mitgliedstaaten (Ecofin-Rat) um eine Reform der
wirtschaftspolitischen Steuerungsarchitektur für Europa. Im November
2011 konnte eine Einigung formell verabschiedet werden. Notwendig
wurde dies durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise und ihre
Folgen, die Schwächen der bisherigen wirtschafts- und
fiskalpolitischen Steuerung der EU offenkundig machten. Schon vor dem
Ausbruch der Krise im Jahr 2008 ließen es viele Mitgliedstaaten der
EU bzw. der Währungsunion trotz eines bestehenden europäischen
Fiskalrahmens - der sogenannten Maastricht-Kriterien - an Disziplin
fehlen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise mündete nicht zuletzt
deswegen in einer Staatsschuldenkrise. Zudem war auch die
wirtschaftspolitische 'Methode der offenen Koordinierung' zur
Umsetzung der Lissabon-Strategie, die die EU bis zum Jahr 2010 zum
wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt
machen sollte, ebenfalls wenig effektiv. Aufkeimenden
makroökonomischen Ungleichgewichten, die das Funktionieren der
Wirtschaft einzelner Länder des Euro-Währungsgebiets oder der
gesamten Union beeinträchtigen können, wurde vor Ausbruch der Krise
kaum bzw. zu wenig Augenmerk geschenkt. Darüber hinaus hat es im
Vertrag von Lissabon keine ausreichenden institutionellen und
wirtschaftspolitischen Vorkehrungen zur Prävention und Bewältigung
von Banken- und Staatsschuldenkrisen in der EU gegeben.
Angesichts dieser Erkenntnisse wurde eine Reform der
wirtschaftspolitischen Steuerung der EU vereinbart, die mehrere
Reformblöcke umfasst:
- Erstens werden durch das sogenannte Europäische Semester die
wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachungsmaßnahmen der EU
zeitlich besser auf die nationalen Haushaltsverfahren abgestimmt und
inhaltlich besser verzahnt.
- Zweitens wird dem europäischen Fiskalrahmen 'mehr Biss' verliehen,
da sowohl der präventive als auch der korrektive Arm des Stabilitäts-
und Wachstumspakts (SWP) gestärkt werden und dem Monitoring der
nationalen Fiskalrahmen mehr Bedeutung zukommt.
- Drittens wird über die Haushaltsüberwachung hinausgehend eine
Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte eingeführt. Damit soll
das Aufkommen derartiger Ungleichgewichte auf Basis spezifischer
Indikatoren, verbunden mit einem stringenten Überwachungsmechanismus,
frühzeitig erkannt werden. Dies wird insbesondere dazu beitragen,
nicht tragfähige Schuldenpositionen im privaten und öffentlichen
Sektor, im Finanzsektor und gegenüber Drittstaaten, zu verhindern
bzw. zu korrigieren.
- Viertens zielt die EU-weite Überwachung von Strukturreformen in den
Mitgliedstaaten darauf ab, tatsächliche Fortschritte in Richtung der
in der 'Europa 2020'-Strategie angepeilten Ziele für intelligentes,
nachhaltiges und integratives Wachstum zu erreichen.
Darüber hinaus wird mit der Errichtung des Europäischen
Stabilitätsmechanismus (ESM) ein permanenter finanzieller
Schutzschirm für die Länder des Euro-Währungsgebiets ins Leben
gerufen und damit ein wichtiger Schritt in Richtung einer
finanziellen Solidargemeinschaft gesetzt.
Angesichts der Komplexität dieser Governance-Reform widmet die
OeNB die aktuelle Ausgabe ihrer Quartalspublikation 'Geldpolitik &
Wirtschaft' diesem Themenkomplex. In zahlreichen Einzelbeiträgen wird
ein umfassender Einblick in die neue Steuerungsarchitektur der EU
gegeben. Ebenfalls werden die hinter den Neuregelungen stehenden
Intentionen und Zielsetzungen dargelegt. Dieses Schwerpunktheft
entstand aus einer institutionenübergreifenden Kooperation der OeNB
mit den Ministerien für Finanzen und wirtschaftliche Angelegenheiten
sowie dem Bundeskanzleramt.
Rückfragehinweis:
Oesterreichische Nationalbank
Dr. Christian Gutlederer
Pressesprecher
Tel.: (+43-1) 404 20-6609
mailto:christian.gutlederer@oenb.at
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Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/156/aom
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