Berlin (Reuters) - Die deutsche Industrie hat im September wegen der anziehenden Nachfrage aus der Euro-Zone und auf dem Heimatmarkt ein überraschendes Auftragsplus geschafft.
Das Neugeschäft wuchs um 0,3 Prozent zum Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag mitteilte. Ökonomen hatten mit einem Rückgang um 0,6 Prozent gerechnet. Im August waren die Aufträge um 2,5 Prozent gestiegen. Diese Zahl wurde von bisher 2,0 Prozent nach oben revidiert. Der Anteil an Großaufträgen fiel diesmal überdurchschnittlich aus.
"Die Auftragsentwicklung im August und September deutet darauf hin, dass sich in der gewichtigen Automobilindustrie der temporäre Zulassungsstau aufgrund der neuen Testvorschriften für Pkw (WLTP) langsam auflöst", erklärte das Ministerium. "Diese Entwicklung bei nach wie vor außerordentlich hohem Auftragsbestand spricht dafür, dass die Wachstumskräfte im Verarbeitenden Gewerbe im vierten Quartal wieder die Oberhand gewinnen." Wegen Problemen bei der Umstellung auf das neue Abgastestverfahren fuhren viele Autohersteller ihre Produktion in den vergangenen Monaten deutlich herunter. Experten gehen deshalb davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal erstmals seit Anfang 2015 schrumpfte.
"Der Mini-Zuwachs ist etwas Heilung für die Wachstumswunden", sagte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexader Krüger zu den Industriedaten. "Abseits der von der Autoindustrie ausgelösten Datenvolatilität ist der Abwärtstrend aber keineswegs beendet." Das sieht der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ähnlich. Für die ersten drei Quartale zeige sich ein deutlicher Abwärtstrend, sagte DIHK-Konjunkturexpertin Sophia Krietenbrink. "Zudem sind die Sorgen der Unternehmen mit Blick auf die weitere Geschäftsentwicklung groß." Die internationale Wirtschaftspolitik, die Nachfrageentwicklung sowie die Energie- und Rohstoffpreise würden von den Unternehmen wieder häufiger als Risiken für die künftigen Geschäfte genannt.
Das Auslandsgeschäft ging im September um 1,4 Prozent zurück. Allerdings legten speziell die Bestellungen aus der Euro-Zone um 2,4 Prozent zu. Die Orders aus Drittstaaten - zu denen die weltgrößten Volkswirtschaften USA und China gehören - sanken hingegen um 3,7 Prozent. Die Inlandsnachfrage zog um 2,8 Prozent an.
Ob die Nachfrage aus der Euro-Zone sich auch künftig so positiv entwickeln wird, ist etwas fraglich, da die Konjunkturerholung an Schwung verliert. Der gemeinsame Einkaufsmanager-Index von Industrie und Dienstleistern fiel im Oktober um einen vollen Punkt auf 53,1 Zähler, wie das Forschungsinstitut IHS Markit unter Berufung auf seine monatliche Unternehmensumfrage mitteilte. Das Wirtschaftswachstum habe sich eindeutig verlangsamt, sagte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson. "Und mit Beginn des vierten Quartals hat sich der Abschwung weiter verfestigt."