Frankfurt (Reuters) - Aktienleger in Europa sehen nach positiven Tönen im amerikanisch-chinesischen Zollstreit einen Silberstreif am Horizont.
Dax und EuroStoxx50 legten am Freitagnachmittag jeweils 1,3 Prozent auf 11.230 und 3222 Punkte zu. Auch an den US-Börsen zeichneten sich Kursgewinne ab. Vor allem bei exportabhängigen Titeln wie Autowerten griffen die Investoren wieder zu.
US-Finanzminister Stephen Mnuchin bezeichnete die Verhandlungen als "produktiv". Laut Chinas Präsident Xi Jinping wurden wichtige Fortschritte erzielt. Die Gespräche sollen kommende Woche fortgesetzt werden. Dennoch dürfe nicht ausgeschlossen werden, dass die Bemühungen scheitern, warnte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Das Problem ist, dass beide Seiten den Deal zu unterschiedlichen Konditionen abschließen wollen."
Positiv nahmen Börsianer auf, dass Trump den zwischen seinen Republikanern und den oppositionellen Demokraten ausgehandelten Haushaltskompromiss unterschreiben will. Damit wendet das Staatsoberhaupt eine neuerliche Schließung von Bundesbehörden ab. Zur Finanzierung des umstrittenen Baus der Grenzmauer zu Mexiko will Trump allerdings den Notstand ausrufen.
Enttäuschende Konjunkturdaten aus den USA und China bremsten die Euphorie an den Märkten allerdings etwas. In den USA gingen die US-Einzelhandelsumsätze so stark zurück wie seit neun Jahren nicht mehr. In China fielen die Erzeugerpreise den siebten Monat in Folge und schürten Ängste vor einer Deflation - eine Spirale fallender Preise und rückläufiger Investitionen. Die Regierung in Peking werde aber sicher bald gegensteuern, sagte Julian Evans-Pritchard, Volkswirt für China beim Research-Haus Capital Economics.
FINANZINVESTOREN WOLLEN SCOUT24 SCHLUCKEN
Einen kräftigen Schub bekamen europäische Bankaktien. Die EZB kann sich laut Notenbank-Direktor Benoit Coeure die Auflage neuer Langfristkredite für Geschäftsbanken vorstellen. Solche längerfristigen Darlehen seien möglich, sagte Coeure auf einer Veranstaltung in New York. Darüber werde in der Notenbank gesprochen. Der Branchenindex legte daraufhin mehr als zwei Prozent zu.
Bei den deutschen Aktienwerten rückte Scout24 ins Rampenlicht. Die Finanzinvestoren Blackstone und Hellman & Friedman wollen das Kleinanzeigenportal für 46 Euro je Aktie oder insgesamt 5,7 Milliarden Euro übernehmen. Dies wäre die größte Übernahme eines börsennotierten Unternehmens in Deutschland durch Finanzinvestoren. Scout24 begrüßte das Angebot. Die Offerte sei aber relativ niedrig, schrieb Analyst Ian Whittaker von der Investmentbank Liberum. Daher könnten Konkurrenten ein Gegen-Angebot vorlegen. Scout24-Titel stiegen um bis zu 13 Prozent auf 46,86 Euro.
Gefragt waren außerdem die Papiere der Allianz (DE:ALVG), die sich um 2,7 Prozent verteuerten. Europas größter Versicherer steigerte seinen operativen Gewinn 2018 auf einen Rekordwert von 11,5 Milliarden Euro. Auf dieser Basis sollen die Dividende angehoben und weitere Aktien im Volumen von 1,5 Milliarden Euro zurückgekauft werden. "Das einzige Haar in der Suppe ist der Ausblick für 2019", sagte ein Börsianer. Er bleibe hinter den Markterwartungen zurück.
Am Devisenmarkt sollten sich Investoren nach der erneuten Abstimmungsniederlage für Premierministerin Theresa May auf einen chaotischen EU-Ausstieg Großbritanniens einstellen, sagte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann. "Zum No Deal kann es kommen, wenn diejenigen, die 'No Deal' wollen, und diejenigen, die ihn nicht wollen, aber halt auch keinen für Brüssel akzeptablen Kompromiss, gemeinsam den konstruktiven Teil des Parlaments blockieren." Das Pfund Sterling notierte mit Kursen knapp über 1,28 Dollar etwas schwächer.